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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Vier verhüllte Diener, gleich darauf

Georgine.

Gertr.

Ha! -- Wer seid Ihr? was wollt Ihr bei uns?

(zurückfahrend).

Die Rache!


Georg,
(eintretend).

Wehe uns, die Fremde! -- (zum Fenster) Hilfe! Hilfe! --


Gertr.

Schweig, Thörin, Du rufst vergebens. -- Du hast


Georg,
(sie hindernd).

mich verrathe", dafür strafe ich Dich da, wo eS Dir und ihm am meisten weh
thut. Ich komme, mein Kind zu holen!


Gertr.

Wehe uns, wir sind verloren.


Georg.

Wo ist das Kind?

Es gehört ihm, so gut wie Dir; Du darfst es nicht rauben, er


Gertr.

muß es wissen!


Georg.

Meinst Du, ich werde ihn fragen! Die Stunde ist mein, Du

aber hüte Dich. Halte meinen Fuß nicht ans, es wäre zum Verderben.


Gertr.

Er schläft, Erbarmen, Erbarmen, stört ihn nicht im Schlafe.

Vorwärts!


Georg,
Gertr.
(sich über den Lehnstuhl werfend).

Nur über meine Leiche!


Georg, (
sich drohend zu ihr beugend).

Du wirst zur Leiche, wenn Du mich

hinterst!

Waldemar.

Wald,

Wer spielt hier am frühen Morgen mit Masken?

(ernst).

Georg,

Er selbst!

(zurücktretend).

Zu Hilfe, Herr Graf, sie rauben Ihren Sohn!


Gertr.
Georg.

Stellt Euch zur Thür, wer herein oder hinaus will, wird festge¬

halten. -- Sie such zu guter Stunde gekommen, Graf Waldemar, Sie sind in
meiner Gewalt.


Wald.

Das käme auf eine Probe an, Frau Fürstin! (rasch zu Gertrud

tretend, welche an dem Lehnstuhl steht) Gertrud, das Morgenlicht hat mir Muth
gebracht, ich komme zu Deinem Herzen zu sprechen -- noch einmal frage ich Dich:
kannst Du mein Weib werden?

O mein Gott!


Gertr.
Wald.

Laß diese Dich nicht irren, sprich Gertrud!

(flehend).

Gertr.

Rette mir den Knaben und laß mich ziehen.


Wald.

Und weshalb mußt Du fort?

Sieh Jene an! -- (ausbrechend) Waldemar, sie war ja doch Dein


Gertr.

Weib, sie hat ein Recht an Dich.

(weich, resignirt).

Wald,

Fühlst Du so, ich denke anders! Doch Du bist

mir wie eine Gottheit, Dir muß ich glauben; Du sagst es, Sie soll ihr Recht
haben, und ich bin am Ende. -- Verzeihung, Frau Fürstin, jetzt stehe ich zu
Ihren Diensten. -- Sind Ihre Begleiter nöthig zu der Entscheidung dieser


Grenzboten. I. 1"i0. 48

Vier verhüllte Diener, gleich darauf

Georgine.

Gertr.

Ha! — Wer seid Ihr? was wollt Ihr bei uns?

(zurückfahrend).

Die Rache!


Georg,
(eintretend).

Wehe uns, die Fremde! — (zum Fenster) Hilfe! Hilfe! —


Gertr.

Schweig, Thörin, Du rufst vergebens. — Du hast


Georg,
(sie hindernd).

mich verrathe», dafür strafe ich Dich da, wo eS Dir und ihm am meisten weh
thut. Ich komme, mein Kind zu holen!


Gertr.

Wehe uns, wir sind verloren.


Georg.

Wo ist das Kind?

Es gehört ihm, so gut wie Dir; Du darfst es nicht rauben, er


Gertr.

muß es wissen!


Georg.

Meinst Du, ich werde ihn fragen! Die Stunde ist mein, Du

aber hüte Dich. Halte meinen Fuß nicht ans, es wäre zum Verderben.


Gertr.

Er schläft, Erbarmen, Erbarmen, stört ihn nicht im Schlafe.

Vorwärts!


Georg,
Gertr.
(sich über den Lehnstuhl werfend).

Nur über meine Leiche!


Georg, (
sich drohend zu ihr beugend).

Du wirst zur Leiche, wenn Du mich

hinterst!

Waldemar.

Wald,

Wer spielt hier am frühen Morgen mit Masken?

(ernst).

Georg,

Er selbst!

(zurücktretend).

Zu Hilfe, Herr Graf, sie rauben Ihren Sohn!


Gertr.
Georg.

Stellt Euch zur Thür, wer herein oder hinaus will, wird festge¬

halten. — Sie such zu guter Stunde gekommen, Graf Waldemar, Sie sind in
meiner Gewalt.


Wald.

Das käme auf eine Probe an, Frau Fürstin! (rasch zu Gertrud

tretend, welche an dem Lehnstuhl steht) Gertrud, das Morgenlicht hat mir Muth
gebracht, ich komme zu Deinem Herzen zu sprechen — noch einmal frage ich Dich:
kannst Du mein Weib werden?

O mein Gott!


Gertr.
Wald.

Laß diese Dich nicht irren, sprich Gertrud!

(flehend).

Gertr.

Rette mir den Knaben und laß mich ziehen.


Wald.

Und weshalb mußt Du fort?

Sieh Jene an! — (ausbrechend) Waldemar, sie war ja doch Dein


Gertr.

Weib, sie hat ein Recht an Dich.

(weich, resignirt).

Wald,

Fühlst Du so, ich denke anders! Doch Du bist

mir wie eine Gottheit, Dir muß ich glauben; Du sagst es, Sie soll ihr Recht
haben, und ich bin am Ende. — Verzeihung, Frau Fürstin, jetzt stehe ich zu
Ihren Diensten. — Sind Ihre Begleiter nöthig zu der Entscheidung dieser


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[0385] Vier verhüllte Diener, gleich darauf Georgine. Gertr. Ha! — Wer seid Ihr? was wollt Ihr bei uns? (zurückfahrend). Die Rache! Georg, (eintretend). Wehe uns, die Fremde! — (zum Fenster) Hilfe! Hilfe! — Gertr. Schweig, Thörin, Du rufst vergebens. — Du hast Georg, (sie hindernd). mich verrathe», dafür strafe ich Dich da, wo eS Dir und ihm am meisten weh thut. Ich komme, mein Kind zu holen! Gertr. Wehe uns, wir sind verloren. Georg. Wo ist das Kind? Es gehört ihm, so gut wie Dir; Du darfst es nicht rauben, er Gertr. muß es wissen! Georg. Meinst Du, ich werde ihn fragen! Die Stunde ist mein, Du aber hüte Dich. Halte meinen Fuß nicht ans, es wäre zum Verderben. Gertr. Er schläft, Erbarmen, Erbarmen, stört ihn nicht im Schlafe. Vorwärts! Georg, Gertr. (sich über den Lehnstuhl werfend). Nur über meine Leiche! Georg, ( sich drohend zu ihr beugend). Du wirst zur Leiche, wenn Du mich hinterst! Waldemar. Wald, Wer spielt hier am frühen Morgen mit Masken? (ernst). Georg, Er selbst! (zurücktretend). Zu Hilfe, Herr Graf, sie rauben Ihren Sohn! Gertr. Georg. Stellt Euch zur Thür, wer herein oder hinaus will, wird festge¬ halten. — Sie such zu guter Stunde gekommen, Graf Waldemar, Sie sind in meiner Gewalt. Wald. Das käme auf eine Probe an, Frau Fürstin! (rasch zu Gertrud tretend, welche an dem Lehnstuhl steht) Gertrud, das Morgenlicht hat mir Muth gebracht, ich komme zu Deinem Herzen zu sprechen — noch einmal frage ich Dich: kannst Du mein Weib werden? O mein Gott! Gertr. Wald. Laß diese Dich nicht irren, sprich Gertrud! (flehend). Gertr. Rette mir den Knaben und laß mich ziehen. Wald. Und weshalb mußt Du fort? Sieh Jene an! — (ausbrechend) Waldemar, sie war ja doch Dein Gertr. Weib, sie hat ein Recht an Dich. (weich, resignirt). Wald, Fühlst Du so, ich denke anders! Doch Du bist mir wie eine Gottheit, Dir muß ich glauben; Du sagst es, Sie soll ihr Recht haben, und ich bin am Ende. — Verzeihung, Frau Fürstin, jetzt stehe ich zu Ihren Diensten. — Sind Ihre Begleiter nöthig zu der Entscheidung dieser Grenzboten. I. 1«i0. 48

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/385>, abgerufen am 23.12.2024.