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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Georg.

Gehst Du nicht, so höre meine Rache. Das Kind ist mein, und

kein Gesetz auf Erden kann der Mutter ihr Kind verweigern. Und gehst Du nicht,
so fordere ich mein Kind von Dir; dann gehe ich und nehme mein Kind mit mir.
Und dann, Gertrud, schwöre ich Dir zu, dann werde ich vergessen, daß das Kind
unter meinem Herzen gelegen hat, ich werde nur wissen, daß es sein Sohn, mei¬
nes Todfeindes Sohn ist, und daß Du das Kind vergötterst, Du, die mich elend
gemacht hat. Dann stehe zu, was ich aus Eurem Liebling mache.

Teufel!


Gertr.
Georg.

Werde ich das, wer hat mich so weit gebracht? -- Und jetzt,

Gertrud Hiller, jetzt wähle. Bleibst Du hier, so verlierst Du das Kind, und
hast Du erst den Knaben geopfert, dann sieh zu, wie lange Dein Buhle Dir bleibt.

Es ist genug, Unglückliche, höre Du auch mich. Ich trotze Dir


Gertr.

und Deinem Drohen. Das Kind, das Du geboren, das hast Du leichtsinnig,
ruchlos verlassen, Du hast kein Recht mehr darauf, und ich werde es vertheidigen
auch gegen Dich, wie die Bärin ihr Junges, das sie selbst gesäugt. Meine Zu¬
kunft aber lege ich nicht in Deine Hand, frei will ich bleiben von jedem Zwange,
und keinem Arm will ich gestatten mich fortzustoßen von dem Wege, den ich mir
selbst finde. Dich aber und Deine Feindschaft fürchte ich, doch ich weiche ihr nie
und nirgend, thue Dn gegen mich, was Du wagst, ich werde thun, was ich darf.

Dn hast gewählt. Nicht lange, und es wird entschieden sein. Und


Georg.

so sei Krieg zwischen uns, und tödtliche Feindschaft für das Leben. -- Gertrud
Hill

(ab.)
er, bald wirst Du von mir hören,


Gertr.
(allein).

Das war der Wetterschlag, den Du, Vater, vorbersahst. --

Sie huschte fort, und mich ergreift die Angst mit eisernen Krallen. Den Knaben
nehmen, als ein Opferlamm ihres Zornes nehmen, o schändlich, abscheulich! --
Knabe, Johannes, erwache, sie wollen Dir an das Leben hinweg von hier ich

,,
(ab in die Kammer.)
muß Dich retten!

Zweite Scene. Zimmer Waldemars, wie in Akt 1. Lichter. Box und Be¬
diente im Hintergrund, Graf Hugo eintretend.

Nun, Freund Box, wie geht es Ihrem Herrn?


Hugo.

Ach, Herr Graf, das ist eine traurige Verwandlung. Seit er krank


Box.

von seiner Reise zurückgekehrt ist, sitzt er den ganzen Tag finster und stumm, und
kümmert sich um Nichts, nicht um die Pferde, nicht um die Herrschaften, welche
sich melden lassen. Die Kammerfrau der Frau Fürstin kommt täglich zweimal
und bringt kleine Briefe, er aber hat nur einmal darauf geantwortet, und da
schrieb er die Zeilen so nachlässig hin, und es war ihm ganz gleich, was für
Papier ich ihm zu dem Briefe reichte. O, es ist sehr traurig.

So ist er noch unwohl.


Hugo.
Georg.

Gehst Du nicht, so höre meine Rache. Das Kind ist mein, und

kein Gesetz auf Erden kann der Mutter ihr Kind verweigern. Und gehst Du nicht,
so fordere ich mein Kind von Dir; dann gehe ich und nehme mein Kind mit mir.
Und dann, Gertrud, schwöre ich Dir zu, dann werde ich vergessen, daß das Kind
unter meinem Herzen gelegen hat, ich werde nur wissen, daß es sein Sohn, mei¬
nes Todfeindes Sohn ist, und daß Du das Kind vergötterst, Du, die mich elend
gemacht hat. Dann stehe zu, was ich aus Eurem Liebling mache.

Teufel!


Gertr.
Georg.

Werde ich das, wer hat mich so weit gebracht? — Und jetzt,

Gertrud Hiller, jetzt wähle. Bleibst Du hier, so verlierst Du das Kind, und
hast Du erst den Knaben geopfert, dann sieh zu, wie lange Dein Buhle Dir bleibt.

Es ist genug, Unglückliche, höre Du auch mich. Ich trotze Dir


Gertr.

und Deinem Drohen. Das Kind, das Du geboren, das hast Du leichtsinnig,
ruchlos verlassen, Du hast kein Recht mehr darauf, und ich werde es vertheidigen
auch gegen Dich, wie die Bärin ihr Junges, das sie selbst gesäugt. Meine Zu¬
kunft aber lege ich nicht in Deine Hand, frei will ich bleiben von jedem Zwange,
und keinem Arm will ich gestatten mich fortzustoßen von dem Wege, den ich mir
selbst finde. Dich aber und Deine Feindschaft fürchte ich, doch ich weiche ihr nie
und nirgend, thue Dn gegen mich, was Du wagst, ich werde thun, was ich darf.

Dn hast gewählt. Nicht lange, und es wird entschieden sein. Und


Georg.

so sei Krieg zwischen uns, und tödtliche Feindschaft für das Leben. — Gertrud
Hill

(ab.)
er, bald wirst Du von mir hören,


Gertr.
(allein).

Das war der Wetterschlag, den Du, Vater, vorbersahst. —

Sie huschte fort, und mich ergreift die Angst mit eisernen Krallen. Den Knaben
nehmen, als ein Opferlamm ihres Zornes nehmen, o schändlich, abscheulich! —
Knabe, Johannes, erwache, sie wollen Dir an das Leben hinweg von hier ich

,,
(ab in die Kammer.)
muß Dich retten!

Zweite Scene. Zimmer Waldemars, wie in Akt 1. Lichter. Box und Be¬
diente im Hintergrund, Graf Hugo eintretend.

Nun, Freund Box, wie geht es Ihrem Herrn?


Hugo.

Ach, Herr Graf, das ist eine traurige Verwandlung. Seit er krank


Box.

von seiner Reise zurückgekehrt ist, sitzt er den ganzen Tag finster und stumm, und
kümmert sich um Nichts, nicht um die Pferde, nicht um die Herrschaften, welche
sich melden lassen. Die Kammerfrau der Frau Fürstin kommt täglich zweimal
und bringt kleine Briefe, er aber hat nur einmal darauf geantwortet, und da
schrieb er die Zeilen so nachlässig hin, und es war ihm ganz gleich, was für
Papier ich ihm zu dem Briefe reichte. O, es ist sehr traurig.

So ist er noch unwohl.


Hugo.
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[0374] Georg. Gehst Du nicht, so höre meine Rache. Das Kind ist mein, und kein Gesetz auf Erden kann der Mutter ihr Kind verweigern. Und gehst Du nicht, so fordere ich mein Kind von Dir; dann gehe ich und nehme mein Kind mit mir. Und dann, Gertrud, schwöre ich Dir zu, dann werde ich vergessen, daß das Kind unter meinem Herzen gelegen hat, ich werde nur wissen, daß es sein Sohn, mei¬ nes Todfeindes Sohn ist, und daß Du das Kind vergötterst, Du, die mich elend gemacht hat. Dann stehe zu, was ich aus Eurem Liebling mache. Teufel! Gertr. Georg. Werde ich das, wer hat mich so weit gebracht? — Und jetzt, Gertrud Hiller, jetzt wähle. Bleibst Du hier, so verlierst Du das Kind, und hast Du erst den Knaben geopfert, dann sieh zu, wie lange Dein Buhle Dir bleibt. Es ist genug, Unglückliche, höre Du auch mich. Ich trotze Dir Gertr. und Deinem Drohen. Das Kind, das Du geboren, das hast Du leichtsinnig, ruchlos verlassen, Du hast kein Recht mehr darauf, und ich werde es vertheidigen auch gegen Dich, wie die Bärin ihr Junges, das sie selbst gesäugt. Meine Zu¬ kunft aber lege ich nicht in Deine Hand, frei will ich bleiben von jedem Zwange, und keinem Arm will ich gestatten mich fortzustoßen von dem Wege, den ich mir selbst finde. Dich aber und Deine Feindschaft fürchte ich, doch ich weiche ihr nie und nirgend, thue Dn gegen mich, was Du wagst, ich werde thun, was ich darf. Dn hast gewählt. Nicht lange, und es wird entschieden sein. Und Georg. so sei Krieg zwischen uns, und tödtliche Feindschaft für das Leben. — Gertrud Hill (ab.) er, bald wirst Du von mir hören, Gertr. (allein). Das war der Wetterschlag, den Du, Vater, vorbersahst. — Sie huschte fort, und mich ergreift die Angst mit eisernen Krallen. Den Knaben nehmen, als ein Opferlamm ihres Zornes nehmen, o schändlich, abscheulich! — Knabe, Johannes, erwache, sie wollen Dir an das Leben hinweg von hier ich ,, (ab in die Kammer.) muß Dich retten! Zweite Scene. Zimmer Waldemars, wie in Akt 1. Lichter. Box und Be¬ diente im Hintergrund, Graf Hugo eintretend. Nun, Freund Box, wie geht es Ihrem Herrn? Hugo. Ach, Herr Graf, das ist eine traurige Verwandlung. Seit er krank Box. von seiner Reise zurückgekehrt ist, sitzt er den ganzen Tag finster und stumm, und kümmert sich um Nichts, nicht um die Pferde, nicht um die Herrschaften, welche sich melden lassen. Die Kammerfrau der Frau Fürstin kommt täglich zweimal und bringt kleine Briefe, er aber hat nur einmal darauf geantwortet, und da schrieb er die Zeilen so nachlässig hin, und es war ihm ganz gleich, was für Papier ich ihm zu dem Briefe reichte. O, es ist sehr traurig. So ist er noch unwohl. Hugo.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/374>, abgerufen am 23.07.2024.