er an mir verbrochen hat, er muß, er muß, und sollte ich ihn dabei erwürgen mit meinen Händen.
Gertr.
Rasende Thörin!
Bin ich eine Thörin? Ich war doch klug genug. Ich kam hier¬
Georg.
her zurück, und er kannte mich nicht. Auch er kannte die Lippen nicht wieder, die er. geküßt hatte. Ich lockte ihn an mich, ich wurde seine Freundin. Und da, Gertrud Hiller, als er in meine Arme eilen wollte, da hast Du, Du hast ihn mir gestohlen.
Gertr.
Ha!
Georg.
Er hätte mich geliebt, jetzt liebt er Dich. --
Er liebt mich.
Gertr. Georg.
Und ich fühle, ich weiß, Du fromme Gärtnerstochter, Du liebst
ihn wieder.
Gertr. (wendet sich ab).
Gertrud!! -- Höre mich. Mit Gewalt quäle ich den
Georg,
(drohend).
Zorn, der heiß durch meine Adern rinnt, zurück zum Herzen, ich will mich bän¬ digen, ich will Dir ruhig sagen, was ich muß. - Ihn muß ich besitzen, nud Du stehst mir im Wege, Dn mußt fort aus meinem Wege, so oder so.
Gertr.
Willst Du mich tödten?
Georg.
Nein, aber ich will Dich quäle". -- Ist es wahr Mädchen, Du
liebst das Kind, das ich Dir gegeben?
Gertr.
Wozu fragst Du so, ich lebe für ihn.
Georg.
Wohlan, Gertrud, so nimm den Knaben und gehe fort von hier;
ich bin reich, ich will Dir geben, mehr als du brauchen kannst für Dich, das Kind, Deinen Vater, aber geh, geh, spurlos mußt Du verschwinden.
Gertr.
Ich gehe nicht.
Gertrud, erbarme Dich meiner. Ich will Dich in Seide und
Georg.
Gold hüllen, ich will thun für Dich, was Deine Seele verlangt, ich will zu Dir beten, wie zu einer Heiligen, aber weiche von meinem Wege, nimm den Knaben und geh. -- (Gertrud schweigt, Georgine umfaßt ihre Knie) Sich, demüthigen will ich mich zu jeder Bitte, so flehe ich zu Dir, ehre meine Rechte auf jenen Mann. Bedenke, meine Rechte sind älter, sie sind größer als die Deinen, denn sie sind durch Thränen und Sünde erkauft. Laß mir den Vater, ich schenke Dir den Knaben.
Steh auf, Dein Bitten rührt mich nicht. Wohl hattest Du Rechte
Gertr.
auf den Mann und seine Liebe, die höchsten, heiligsten. Ob Du sie noch hast, unnatürliche Mutter, ich weiß es nicht, ich vermag es nicht zu erkennen in dieser Stunde. Das aber fühle ich klar, wenn ich Dir gehorche und mit dem Knaben entfliehe aus dem Angesicht seines Vaters, so fliehe ich ans Furcht und um Geld gegen meinen Willen und den R"f meiner Seele. Und deshalb gehe ich nicht.
er an mir verbrochen hat, er muß, er muß, und sollte ich ihn dabei erwürgen mit meinen Händen.
Gertr.
Rasende Thörin!
Bin ich eine Thörin? Ich war doch klug genug. Ich kam hier¬
Georg.
her zurück, und er kannte mich nicht. Auch er kannte die Lippen nicht wieder, die er. geküßt hatte. Ich lockte ihn an mich, ich wurde seine Freundin. Und da, Gertrud Hiller, als er in meine Arme eilen wollte, da hast Du, Du hast ihn mir gestohlen.
Gertr.
Ha!
Georg.
Er hätte mich geliebt, jetzt liebt er Dich. —
Er liebt mich.
Gertr. Georg.
Und ich fühle, ich weiß, Du fromme Gärtnerstochter, Du liebst
ihn wieder.
Gertr. (wendet sich ab).
Gertrud!! — Höre mich. Mit Gewalt quäle ich den
Georg,
(drohend).
Zorn, der heiß durch meine Adern rinnt, zurück zum Herzen, ich will mich bän¬ digen, ich will Dir ruhig sagen, was ich muß. - Ihn muß ich besitzen, nud Du stehst mir im Wege, Dn mußt fort aus meinem Wege, so oder so.
Gertr.
Willst Du mich tödten?
Georg.
Nein, aber ich will Dich quäle». — Ist es wahr Mädchen, Du
liebst das Kind, das ich Dir gegeben?
Gertr.
Wozu fragst Du so, ich lebe für ihn.
Georg.
Wohlan, Gertrud, so nimm den Knaben und gehe fort von hier;
ich bin reich, ich will Dir geben, mehr als du brauchen kannst für Dich, das Kind, Deinen Vater, aber geh, geh, spurlos mußt Du verschwinden.
Gertr.
Ich gehe nicht.
Gertrud, erbarme Dich meiner. Ich will Dich in Seide und
Georg.
Gold hüllen, ich will thun für Dich, was Deine Seele verlangt, ich will zu Dir beten, wie zu einer Heiligen, aber weiche von meinem Wege, nimm den Knaben und geh. — (Gertrud schweigt, Georgine umfaßt ihre Knie) Sich, demüthigen will ich mich zu jeder Bitte, so flehe ich zu Dir, ehre meine Rechte auf jenen Mann. Bedenke, meine Rechte sind älter, sie sind größer als die Deinen, denn sie sind durch Thränen und Sünde erkauft. Laß mir den Vater, ich schenke Dir den Knaben.
Steh auf, Dein Bitten rührt mich nicht. Wohl hattest Du Rechte
Gertr.
auf den Mann und seine Liebe, die höchsten, heiligsten. Ob Du sie noch hast, unnatürliche Mutter, ich weiß es nicht, ich vermag es nicht zu erkennen in dieser Stunde. Das aber fühle ich klar, wenn ich Dir gehorche und mit dem Knaben entfliehe aus dem Angesicht seines Vaters, so fliehe ich ans Furcht und um Geld gegen meinen Willen und den R»f meiner Seele. Und deshalb gehe ich nicht.
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[0373]
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mit meinen Händen.
Gertr.
Rasende Thörin!
Bin ich eine Thörin? Ich war doch klug genug. Ich kam hier¬
Georg.
her zurück, und er kannte mich nicht. Auch er kannte die Lippen nicht wieder,
die er. geküßt hatte. Ich lockte ihn an mich, ich wurde seine Freundin. Und da,
Gertrud Hiller, als er in meine Arme eilen wollte, da hast Du, Du hast ihn
mir gestohlen.
Gertr.
Ha!
Georg.
Er hätte mich geliebt, jetzt liebt er Dich. —
Er liebt mich.
Gertr.
Georg.
Und ich fühle, ich weiß, Du fromme Gärtnerstochter, Du liebst
ihn wieder.
Gertr. (wendet sich ab).
Gertrud!! — Höre mich. Mit Gewalt quäle ich den
Georg,
(drohend).
Zorn, der heiß durch meine Adern rinnt, zurück zum Herzen, ich will mich bän¬
digen, ich will Dir ruhig sagen, was ich muß. - Ihn muß ich besitzen, nud
Du stehst mir im Wege, Dn mußt fort aus meinem Wege, so oder so.
Gertr.
Willst Du mich tödten?
Georg.
Nein, aber ich will Dich quäle». — Ist es wahr Mädchen, Du
liebst das Kind, das ich Dir gegeben?
Gertr.
Wozu fragst Du so, ich lebe für ihn.
Georg.
Wohlan, Gertrud, so nimm den Knaben und gehe fort von hier;
ich bin reich, ich will Dir geben, mehr als du brauchen kannst für Dich, das
Kind, Deinen Vater, aber geh, geh, spurlos mußt Du verschwinden.
Gertr.
Ich gehe nicht.
Gertrud, erbarme Dich meiner. Ich will Dich in Seide und
Georg.
Gold hüllen, ich will thun für Dich, was Deine Seele verlangt, ich will zu Dir
beten, wie zu einer Heiligen, aber weiche von meinem Wege, nimm den Knaben
und geh. — (Gertrud schweigt, Georgine umfaßt ihre Knie) Sich, demüthigen will
ich mich zu jeder Bitte, so flehe ich zu Dir, ehre meine Rechte auf jenen Mann.
Bedenke, meine Rechte sind älter, sie sind größer als die Deinen, denn sie sind
durch Thränen und Sünde erkauft. Laß mir den Vater, ich schenke Dir den
Knaben.
Steh auf, Dein Bitten rührt mich nicht. Wohl hattest Du Rechte
Gertr.
auf den Mann und seine Liebe, die höchsten, heiligsten. Ob Du sie noch hast,
unnatürliche Mutter, ich weiß es nicht, ich vermag es nicht zu erkennen in dieser
Stunde. Das aber fühle ich klar, wenn ich Dir gehorche und mit dem Knaben
entfliehe aus dem Angesicht seines Vaters, so fliehe ich ans Furcht und um Geld
gegen meinen Willen und den R»f meiner Seele. Und deshalb gehe ich nicht.
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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/373>, abgerufen am 12.01.2025.
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