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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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ernsthaft gemeint, von Ihnen selbst für ausführbar und lebensfähig gehalten, war¬
um hüten Sie sich so sorgfältig, die Punkte auch nur anzudeuten, von welchen
eine Vereinigung ausgehen müßte. Wissen Sie denn gemeinsame große Inter¬
essen der verschiedenen Völker, Interessen, welche jetzt zusammenwachsen konnten, so mäch¬
tig und fest, daß sie zu gleicher Zeit Deutschland frei und stark machten, und Ihr
Regiment in Oestreich erhielten? Sehen Sie um sich, nennen Sie uns die Geschenke,
welche Sie bieten können, um dem deutschen Volk Kraft zu geben, die Schwäche
politischer Ohnmacht von uns zu nehmen. Ihre Armeen? Deutschland braucht sie
nicht; die Freundschaft der Czechen oder der Kroaten? Können Sie diese den
Deutschen verschaffen, Sie, welche grade durch Opposition der nichtdeutschen
gegen die Deutschen auf Ihren Ministersesseln erhalten werden? Sie sind außer
Stande, irgend etwas für Deutschland zu thun, so viel Wege Sie auch finden
mögen, gegen dasselbe zu handeln. Wohl wird Oestreich und Deutschland stets
zusammengehören, aber in anderen Sinn, als Sie begreifen. -- Was die deut¬
schen Stämme aber bedürfen, um wirklich das zu werden, was Ihnen "vor¬
schwebt," ein nach Außen festes und mächtiges, im Innern starkes und freies,
gegliedertes und doch einiges Reich, das wollen Sie nicht verstehen, und das
Oestreich, welches Sie regieren, kann es nicht gewähren: das Niederreißen aller
Zollschranken, Heimathsbeschränkungen und Nechtshindernisse für deu Verkehr des
Einzelnen, Einheit in der Gesetzgebung, in der diplomatischen Vertretung, im
Heerwesen, das ganze frische, königliche Selbstgefühl eines Volkes von Brüdern,
Freiheit des Gedankens und männliche Thatkraft. Darnach ringen die Deutschen;
das anzubahnen, war die Frankfurter Versammlung bemüht, oft ungeschickt, immer
aber ehrlich und mit edler Gesinnung. Sie könne" dazu nicht helfen und Sie dürfen
nicht. Die Bahn, in welche Sie ihr Schicksal geschleudert hat, führt abwärts
von Deutschland, abwärts von der Freiheit, und Alles was Sie Deutschland
bieten können, ist außer Schmeichelworten für die Schwachen, jetzt nur Verwir¬
rung, Zerrüttung und Schwäche. -- Die Vereinigung mit Ihren außerdeutschen
Ländern wünscht anch Deutschland, von je hat deutsche Herzlichkeit die Hand ge¬
drückt, die den Anschein hatte, sich freundlich zu bieten, aber es hat dazu erst
Zeit und Raum, wenn sein eigenes Haus fest gezimmert ist. Und ganz dasselbe
war Ihre Ansicht von Oestreich, als Sie Ihr gnres erstes Programm schrieben,
damals waren Sie noch weise und brav -- wohin Sie aber seit der Zeit gekom¬
men sind, werden wir sogleich sehen.

Zuvor noch für unsere Leser einige Bemerkungen über die Note. Die an¬
geführten Stellen sind der Hauptinhalt. Das Uebrige ist Beiwerk. In unbestimm¬
ter Andeutung wird gesagt, daß das alte Bundesverhältniß Oestreichs -- sein
Präsidium scheint gemeint -- nicht einseitig von Frankfurt aufgehoben werden
dürfe. Es wird der Bund als fortbestehend angenommen. Diese Auffassung mag


ernsthaft gemeint, von Ihnen selbst für ausführbar und lebensfähig gehalten, war¬
um hüten Sie sich so sorgfältig, die Punkte auch nur anzudeuten, von welchen
eine Vereinigung ausgehen müßte. Wissen Sie denn gemeinsame große Inter¬
essen der verschiedenen Völker, Interessen, welche jetzt zusammenwachsen konnten, so mäch¬
tig und fest, daß sie zu gleicher Zeit Deutschland frei und stark machten, und Ihr
Regiment in Oestreich erhielten? Sehen Sie um sich, nennen Sie uns die Geschenke,
welche Sie bieten können, um dem deutschen Volk Kraft zu geben, die Schwäche
politischer Ohnmacht von uns zu nehmen. Ihre Armeen? Deutschland braucht sie
nicht; die Freundschaft der Czechen oder der Kroaten? Können Sie diese den
Deutschen verschaffen, Sie, welche grade durch Opposition der nichtdeutschen
gegen die Deutschen auf Ihren Ministersesseln erhalten werden? Sie sind außer
Stande, irgend etwas für Deutschland zu thun, so viel Wege Sie auch finden
mögen, gegen dasselbe zu handeln. Wohl wird Oestreich und Deutschland stets
zusammengehören, aber in anderen Sinn, als Sie begreifen. — Was die deut¬
schen Stämme aber bedürfen, um wirklich das zu werden, was Ihnen „vor¬
schwebt," ein nach Außen festes und mächtiges, im Innern starkes und freies,
gegliedertes und doch einiges Reich, das wollen Sie nicht verstehen, und das
Oestreich, welches Sie regieren, kann es nicht gewähren: das Niederreißen aller
Zollschranken, Heimathsbeschränkungen und Nechtshindernisse für deu Verkehr des
Einzelnen, Einheit in der Gesetzgebung, in der diplomatischen Vertretung, im
Heerwesen, das ganze frische, königliche Selbstgefühl eines Volkes von Brüdern,
Freiheit des Gedankens und männliche Thatkraft. Darnach ringen die Deutschen;
das anzubahnen, war die Frankfurter Versammlung bemüht, oft ungeschickt, immer
aber ehrlich und mit edler Gesinnung. Sie könne» dazu nicht helfen und Sie dürfen
nicht. Die Bahn, in welche Sie ihr Schicksal geschleudert hat, führt abwärts
von Deutschland, abwärts von der Freiheit, und Alles was Sie Deutschland
bieten können, ist außer Schmeichelworten für die Schwachen, jetzt nur Verwir¬
rung, Zerrüttung und Schwäche. — Die Vereinigung mit Ihren außerdeutschen
Ländern wünscht anch Deutschland, von je hat deutsche Herzlichkeit die Hand ge¬
drückt, die den Anschein hatte, sich freundlich zu bieten, aber es hat dazu erst
Zeit und Raum, wenn sein eigenes Haus fest gezimmert ist. Und ganz dasselbe
war Ihre Ansicht von Oestreich, als Sie Ihr gnres erstes Programm schrieben,
damals waren Sie noch weise und brav — wohin Sie aber seit der Zeit gekom¬
men sind, werden wir sogleich sehen.

Zuvor noch für unsere Leser einige Bemerkungen über die Note. Die an¬
geführten Stellen sind der Hauptinhalt. Das Uebrige ist Beiwerk. In unbestimm¬
ter Andeutung wird gesagt, daß das alte Bundesverhältniß Oestreichs — sein
Präsidium scheint gemeint — nicht einseitig von Frankfurt aufgehoben werden
dürfe. Es wird der Bund als fortbestehend angenommen. Diese Auffassung mag


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[0324] ernsthaft gemeint, von Ihnen selbst für ausführbar und lebensfähig gehalten, war¬ um hüten Sie sich so sorgfältig, die Punkte auch nur anzudeuten, von welchen eine Vereinigung ausgehen müßte. Wissen Sie denn gemeinsame große Inter¬ essen der verschiedenen Völker, Interessen, welche jetzt zusammenwachsen konnten, so mäch¬ tig und fest, daß sie zu gleicher Zeit Deutschland frei und stark machten, und Ihr Regiment in Oestreich erhielten? Sehen Sie um sich, nennen Sie uns die Geschenke, welche Sie bieten können, um dem deutschen Volk Kraft zu geben, die Schwäche politischer Ohnmacht von uns zu nehmen. Ihre Armeen? Deutschland braucht sie nicht; die Freundschaft der Czechen oder der Kroaten? Können Sie diese den Deutschen verschaffen, Sie, welche grade durch Opposition der nichtdeutschen gegen die Deutschen auf Ihren Ministersesseln erhalten werden? Sie sind außer Stande, irgend etwas für Deutschland zu thun, so viel Wege Sie auch finden mögen, gegen dasselbe zu handeln. Wohl wird Oestreich und Deutschland stets zusammengehören, aber in anderen Sinn, als Sie begreifen. — Was die deut¬ schen Stämme aber bedürfen, um wirklich das zu werden, was Ihnen „vor¬ schwebt," ein nach Außen festes und mächtiges, im Innern starkes und freies, gegliedertes und doch einiges Reich, das wollen Sie nicht verstehen, und das Oestreich, welches Sie regieren, kann es nicht gewähren: das Niederreißen aller Zollschranken, Heimathsbeschränkungen und Nechtshindernisse für deu Verkehr des Einzelnen, Einheit in der Gesetzgebung, in der diplomatischen Vertretung, im Heerwesen, das ganze frische, königliche Selbstgefühl eines Volkes von Brüdern, Freiheit des Gedankens und männliche Thatkraft. Darnach ringen die Deutschen; das anzubahnen, war die Frankfurter Versammlung bemüht, oft ungeschickt, immer aber ehrlich und mit edler Gesinnung. Sie könne» dazu nicht helfen und Sie dürfen nicht. Die Bahn, in welche Sie ihr Schicksal geschleudert hat, führt abwärts von Deutschland, abwärts von der Freiheit, und Alles was Sie Deutschland bieten können, ist außer Schmeichelworten für die Schwachen, jetzt nur Verwir¬ rung, Zerrüttung und Schwäche. — Die Vereinigung mit Ihren außerdeutschen Ländern wünscht anch Deutschland, von je hat deutsche Herzlichkeit die Hand ge¬ drückt, die den Anschein hatte, sich freundlich zu bieten, aber es hat dazu erst Zeit und Raum, wenn sein eigenes Haus fest gezimmert ist. Und ganz dasselbe war Ihre Ansicht von Oestreich, als Sie Ihr gnres erstes Programm schrieben, damals waren Sie noch weise und brav — wohin Sie aber seit der Zeit gekom¬ men sind, werden wir sogleich sehen. Zuvor noch für unsere Leser einige Bemerkungen über die Note. Die an¬ geführten Stellen sind der Hauptinhalt. Das Uebrige ist Beiwerk. In unbestimm¬ ter Andeutung wird gesagt, daß das alte Bundesverhältniß Oestreichs — sein Präsidium scheint gemeint — nicht einseitig von Frankfurt aufgehoben werden dürfe. Es wird der Bund als fortbestehend angenommen. Diese Auffassung mag

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/324>, abgerufen am 23.12.2024.