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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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selben Politik zu dienen, die ihren Abgott Robert Blum hingerichtet hat. 4) Die
kurzsichtigen Philister, die in der sentimentalen Vorstellung, alle Bruder unter ei¬
nen Hut zu bringen, befangen sind. 5) Die Schutzzöllner, die erst wieder durch
eine ungeschickte Freihandels-Demonstration der nordischen Städte geschreckt sind.

Die Verwickelung Oestreichs mit der deutschen Konstitution ist aber ein Un¬
glück. Wir werden nicht müde es zu wiederholen. Sie macht Deutschland ohn¬
mächtig und hindert Oestreich in seiner naturgemäßen Entwickelung. Der öster¬
reichische Gesammtstaat und der deutsche Westen können nicht in einen Staat cen-
tralistrl werden, weder unter einer schwarzgelben Regierung zu Wien, das ver¬
trägt sich nicht mit der deutschen Freiheit, noch unter einer schwarz-roth-goldnen
zu Frankfurt, das verträgt sich nicht mit dem Recht der Slaven, als ebenbürtige
Kraft uach einem politischen Ziel zu ringen. Dies können sie nur in einem Staat,
wo ihre Production für das Gesammtinteresse nicht von einer a.übern Nationalität
unverhältnißmäßig überwöge" wird. Oestreich darf nicht getheilt werden, seine
Integrität ist eine deutsche Lebensfrage. --

Der Anspruch der Slaven und der politische Dualismus, der aus ihm her¬
vorgeht, ist keine Calamität. Er wird dnrch den Wetteifer zweier befreundeter
Staaten die Gesammtkraft der mitteleuropäischen Völker nur steigern.

Wenn nun also Deutschland und Oestreich selbstständige Staaten sein müssen,
ist es denn so schwer, die einfache Konsequenz zu finden? Sie können sich zur
Unterstützung ihrer äußern Politik so fest als möglich verbinden und selbst gleich¬
mäßige Einrichtungen im Heerwesen u. s. w. treffen; sie können die umfassendsten
Maßregeln anordnen für den ungehemmten Austausch ihrer geistigen und materiel¬
len Güter, aber -- sie dürfen gegenseitig keinen Einfluß auf ihre innern Ange¬
legenheiten üben.

Jeder östreichische Einfluß auf die innern Angelegenheiten Dentschlands hemmt
dessen so nothwendige Concentration. Es ist klar, daß keine Concentration zu
Stande kommt, wo eine wesentlich excentrische Kraft betheiligt ist.

Allein auch für Oestreich ist el" solcher Einfluß höchst schädlich. Er zieht es
von seiner wahren Aufgabe nach Osten ab, und gewährt ihm im Westen doch nie
eine dauerhafte Befriedigung. Er bringt endlich einen höchst verderblichen Ein¬
fluß Deutschlands auf die innern Verhältnisse Oestreichs zu Wege. Zwar wird
dieser kein regulärer und legitimer sein, wie der östreichische auf Deutschland. So
schlau ist schou die östreichische Politik bei der Feststellung dieses Verhältnisses,
möglichst wenig Gegenseitigkeit für Deutschland zuzulassen. Aber immerhin wird
die Theilnahme am deutschen Parlament gefährliche, wie jetzt auf die Zerstörung
Oestreichs gerichtete Operationspläne der östreichischen Opposition und der magya¬
rischen Intriguen emporkommen lassen. Den Slaven wird sie ein ewiges Aerger¬
niß sein und machen, daß auch sie sich nicht heimisch sühlen im östreichischen Ge¬
sammtstaat und auf Trennungspläne sinnen. Die Richtung Oestreichs aus Deutsch-


selben Politik zu dienen, die ihren Abgott Robert Blum hingerichtet hat. 4) Die
kurzsichtigen Philister, die in der sentimentalen Vorstellung, alle Bruder unter ei¬
nen Hut zu bringen, befangen sind. 5) Die Schutzzöllner, die erst wieder durch
eine ungeschickte Freihandels-Demonstration der nordischen Städte geschreckt sind.

Die Verwickelung Oestreichs mit der deutschen Konstitution ist aber ein Un¬
glück. Wir werden nicht müde es zu wiederholen. Sie macht Deutschland ohn¬
mächtig und hindert Oestreich in seiner naturgemäßen Entwickelung. Der öster¬
reichische Gesammtstaat und der deutsche Westen können nicht in einen Staat cen-
tralistrl werden, weder unter einer schwarzgelben Regierung zu Wien, das ver¬
trägt sich nicht mit der deutschen Freiheit, noch unter einer schwarz-roth-goldnen
zu Frankfurt, das verträgt sich nicht mit dem Recht der Slaven, als ebenbürtige
Kraft uach einem politischen Ziel zu ringen. Dies können sie nur in einem Staat,
wo ihre Production für das Gesammtinteresse nicht von einer a.übern Nationalität
unverhältnißmäßig überwöge» wird. Oestreich darf nicht getheilt werden, seine
Integrität ist eine deutsche Lebensfrage. —

Der Anspruch der Slaven und der politische Dualismus, der aus ihm her¬
vorgeht, ist keine Calamität. Er wird dnrch den Wetteifer zweier befreundeter
Staaten die Gesammtkraft der mitteleuropäischen Völker nur steigern.

Wenn nun also Deutschland und Oestreich selbstständige Staaten sein müssen,
ist es denn so schwer, die einfache Konsequenz zu finden? Sie können sich zur
Unterstützung ihrer äußern Politik so fest als möglich verbinden und selbst gleich¬
mäßige Einrichtungen im Heerwesen u. s. w. treffen; sie können die umfassendsten
Maßregeln anordnen für den ungehemmten Austausch ihrer geistigen und materiel¬
len Güter, aber — sie dürfen gegenseitig keinen Einfluß auf ihre innern Ange¬
legenheiten üben.

Jeder östreichische Einfluß auf die innern Angelegenheiten Dentschlands hemmt
dessen so nothwendige Concentration. Es ist klar, daß keine Concentration zu
Stande kommt, wo eine wesentlich excentrische Kraft betheiligt ist.

Allein auch für Oestreich ist el» solcher Einfluß höchst schädlich. Er zieht es
von seiner wahren Aufgabe nach Osten ab, und gewährt ihm im Westen doch nie
eine dauerhafte Befriedigung. Er bringt endlich einen höchst verderblichen Ein¬
fluß Deutschlands auf die innern Verhältnisse Oestreichs zu Wege. Zwar wird
dieser kein regulärer und legitimer sein, wie der östreichische auf Deutschland. So
schlau ist schou die östreichische Politik bei der Feststellung dieses Verhältnisses,
möglichst wenig Gegenseitigkeit für Deutschland zuzulassen. Aber immerhin wird
die Theilnahme am deutschen Parlament gefährliche, wie jetzt auf die Zerstörung
Oestreichs gerichtete Operationspläne der östreichischen Opposition und der magya¬
rischen Intriguen emporkommen lassen. Den Slaven wird sie ein ewiges Aerger¬
niß sein und machen, daß auch sie sich nicht heimisch sühlen im östreichischen Ge¬
sammtstaat und auf Trennungspläne sinnen. Die Richtung Oestreichs aus Deutsch-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/32>, abgerufen am 23.07.2024.