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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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(bei Seite)
Ich habe heut' bereits von demselben Kinde gehört. --


Wald.

Und das Mädchen selbst erzieht den Knaben, was bedeutet das wieder? ,.


Georg.

Und wissen Sie, warum mir der Knabe so gefiel? (liebevoll) ES'

war wohl eine Thorheit, aber er sah Ihnen ähnlich, mein lieber Freund.


Wald.

Es ist doch nur ein Zufall! Gut, Fran Fürstin. Sie sollen den

Knaben erhalten, wenn es möglich.


Georg.

Das ist herrlich, und ich danke Ihnen im Voraus. Wenn Grase

Waldemar Etwas verspricht, so ist es bereits gethan.


Wald
, (aufbrechend).

Und wann darf ich Sie wiedersehn?


Georg.

Himmel! Ich darbte mit Bagatellen und vergesse, daß ein ernstes

Schicksal über mir schwebt. Mein Freund, mein lieber Freund, ich darf Sie in
der nächsten Woche nicht öffentlich empfangen.


Wald.

Georgine! Das wäre grausam. Ich verstehe nicht ganz die Ab-

hängigkeit, in welcher Ihr Wille von dem eines gemeinen Thoren steht, aber es
versteht sich, daß ich ihn respectire. Muß ich Sie aber ganz entbehren, weil ich
bei Ihrer Thür nicht vorfahren darf? Meine Freundin, ich kann Ihre liebens¬
würdige Laune nicht mehr müssen.

Entbehre ich nicht auch, wenn Sie mir fern sind. Und doch (nach


Georg.

dem Fenster sehend) ich weiß nicht, wie zu helfen.


Wald.

Wohin endet der Garten?

In eine Seitengasse der Vorstadt. -- Ich verstehe Sie, Herr Graf,


Georg.

und ich bekenne Ihnen ohne Erröthen, daß ich für mich die Gefahr nicht fürchte,
welche in solch stillem Besuch liegt. Aber der Fürst und meine eigenen Leute, auf
die ich mich nicht verlassen kann --


Wald.
(sein).

Die Tage nehmen ab, es wird früh dunkel.

(schüchtern)
Waldemar! (Pause) Wohlan es sei!


Georg,
(mit Empfindung).

Hier ist der Schlüssel zur Gartenpforte.


Wald,
(ehrerbietig).

Dank, Georgine. Lassen Sie uns aber als treue Ver¬

bündete die Waffen tauschen: Es könnte wohl geschehen, daß Sie mir eine Bot¬
schaft zu senden hätten, welche nicht die Loge meines Portiers passiren darf, haben
Sie die Gnade, diesen Schlüssel Ihrer Kammerfrau zu übergeben, er öffnet die
Thür meines Gewächshauses, vou ihm führt ein bedeckter Gang zu meinen Privat-
zimmeru.


Georg,
(den Schlüssel schnell ergreifend).

Ich werde dies Pfand des Ver¬

trauens selbst bewahren. Und jetzt, Waldemar, leben Sie wohl, (legt die Hand
auf seine^Schulter, sieht ihn an.)


Wald,
(leise).

Und wann darf ich kommen?


Georg.

Heut Abend um neun Uhr erwarte ich Sie beim Thee. Meine

Kammerfrau wird Sie zu mir führen.


(bei Seite)
Ich habe heut' bereits von demselben Kinde gehört. —


Wald.

Und das Mädchen selbst erzieht den Knaben, was bedeutet das wieder? ,.


Georg.

Und wissen Sie, warum mir der Knabe so gefiel? (liebevoll) ES'

war wohl eine Thorheit, aber er sah Ihnen ähnlich, mein lieber Freund.


Wald.

Es ist doch nur ein Zufall! Gut, Fran Fürstin. Sie sollen den

Knaben erhalten, wenn es möglich.


Georg.

Das ist herrlich, und ich danke Ihnen im Voraus. Wenn Grase

Waldemar Etwas verspricht, so ist es bereits gethan.


Wald
, (aufbrechend).

Und wann darf ich Sie wiedersehn?


Georg.

Himmel! Ich darbte mit Bagatellen und vergesse, daß ein ernstes

Schicksal über mir schwebt. Mein Freund, mein lieber Freund, ich darf Sie in
der nächsten Woche nicht öffentlich empfangen.


Wald.

Georgine! Das wäre grausam. Ich verstehe nicht ganz die Ab-

hängigkeit, in welcher Ihr Wille von dem eines gemeinen Thoren steht, aber es
versteht sich, daß ich ihn respectire. Muß ich Sie aber ganz entbehren, weil ich
bei Ihrer Thür nicht vorfahren darf? Meine Freundin, ich kann Ihre liebens¬
würdige Laune nicht mehr müssen.

Entbehre ich nicht auch, wenn Sie mir fern sind. Und doch (nach


Georg.

dem Fenster sehend) ich weiß nicht, wie zu helfen.


Wald.

Wohin endet der Garten?

In eine Seitengasse der Vorstadt. — Ich verstehe Sie, Herr Graf,


Georg.

und ich bekenne Ihnen ohne Erröthen, daß ich für mich die Gefahr nicht fürchte,
welche in solch stillem Besuch liegt. Aber der Fürst und meine eigenen Leute, auf
die ich mich nicht verlassen kann —


Wald.
(sein).

Die Tage nehmen ab, es wird früh dunkel.

(schüchtern)
Waldemar! (Pause) Wohlan es sei!


Georg,
(mit Empfindung).

Hier ist der Schlüssel zur Gartenpforte.


Wald,
(ehrerbietig).

Dank, Georgine. Lassen Sie uns aber als treue Ver¬

bündete die Waffen tauschen: Es könnte wohl geschehen, daß Sie mir eine Bot¬
schaft zu senden hätten, welche nicht die Loge meines Portiers passiren darf, haben
Sie die Gnade, diesen Schlüssel Ihrer Kammerfrau zu übergeben, er öffnet die
Thür meines Gewächshauses, vou ihm führt ein bedeckter Gang zu meinen Privat-
zimmeru.


Georg,
(den Schlüssel schnell ergreifend).

Ich werde dies Pfand des Ver¬

trauens selbst bewahren. Und jetzt, Waldemar, leben Sie wohl, (legt die Hand
auf seine^Schulter, sieht ihn an.)


Wald,
(leise).

Und wann darf ich kommen?


Georg.

Heut Abend um neun Uhr erwarte ich Sie beim Thee. Meine

Kammerfrau wird Sie zu mir führen.


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[0293] (bei Seite) Ich habe heut' bereits von demselben Kinde gehört. — Wald. Und das Mädchen selbst erzieht den Knaben, was bedeutet das wieder? ,. Georg. Und wissen Sie, warum mir der Knabe so gefiel? (liebevoll) ES' war wohl eine Thorheit, aber er sah Ihnen ähnlich, mein lieber Freund. Wald. Es ist doch nur ein Zufall! Gut, Fran Fürstin. Sie sollen den Knaben erhalten, wenn es möglich. Georg. Das ist herrlich, und ich danke Ihnen im Voraus. Wenn Grase Waldemar Etwas verspricht, so ist es bereits gethan. Wald , (aufbrechend). Und wann darf ich Sie wiedersehn? Georg. Himmel! Ich darbte mit Bagatellen und vergesse, daß ein ernstes Schicksal über mir schwebt. Mein Freund, mein lieber Freund, ich darf Sie in der nächsten Woche nicht öffentlich empfangen. Wald. Georgine! Das wäre grausam. Ich verstehe nicht ganz die Ab- hängigkeit, in welcher Ihr Wille von dem eines gemeinen Thoren steht, aber es versteht sich, daß ich ihn respectire. Muß ich Sie aber ganz entbehren, weil ich bei Ihrer Thür nicht vorfahren darf? Meine Freundin, ich kann Ihre liebens¬ würdige Laune nicht mehr müssen. Entbehre ich nicht auch, wenn Sie mir fern sind. Und doch (nach Georg. dem Fenster sehend) ich weiß nicht, wie zu helfen. Wald. Wohin endet der Garten? In eine Seitengasse der Vorstadt. — Ich verstehe Sie, Herr Graf, Georg. und ich bekenne Ihnen ohne Erröthen, daß ich für mich die Gefahr nicht fürchte, welche in solch stillem Besuch liegt. Aber der Fürst und meine eigenen Leute, auf die ich mich nicht verlassen kann — Wald. (sein). Die Tage nehmen ab, es wird früh dunkel. (schüchtern) Waldemar! (Pause) Wohlan es sei! Georg, (mit Empfindung). Hier ist der Schlüssel zur Gartenpforte. Wald, (ehrerbietig). Dank, Georgine. Lassen Sie uns aber als treue Ver¬ bündete die Waffen tauschen: Es könnte wohl geschehen, daß Sie mir eine Bot¬ schaft zu senden hätten, welche nicht die Loge meines Portiers passiren darf, haben Sie die Gnade, diesen Schlüssel Ihrer Kammerfrau zu übergeben, er öffnet die Thür meines Gewächshauses, vou ihm führt ein bedeckter Gang zu meinen Privat- zimmeru. Georg, (den Schlüssel schnell ergreifend). Ich werde dies Pfand des Ver¬ trauens selbst bewahren. Und jetzt, Waldemar, leben Sie wohl, (legt die Hand auf seine^Schulter, sieht ihn an.) Wald, (leise). Und wann darf ich kommen? Georg. Heut Abend um neun Uhr erwarte ich Sie beim Thee. Meine Kammerfrau wird Sie zu mir führen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/293>, abgerufen am 23.07.2024.