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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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die letzte Arzenei ihres seligen Mannes war. -- Sage dem Portier, er soll keine
dergleichen Briefe annehmen.

Bedienter. Graf Hugo.

B ed.

Herr Graf Schenk!


Wald,
(ihm entgegen).

Guten Morgen, Hugo!


Hugo.

Ich komme als ein Bittender und außerdem, um Dich auszu¬

scheren.


Wald.

Erst fordre und dann zanke.


Hugo.

Ich bin 100 Louisdor schuldig und soll zahlen.


Wald.

W

(geht zum Tisch und schreibt)
eiter nichts! Ich habe so selten die

Freude, der Zahlmeister meines tugendhaften Vetters zu sein, daß ich mich beeilen
muß, die Gelegenheit zu benutzen.


Hugo.

Und Du fragst nicht einmal, wem und wann ich zu zahlen habe?


Wald,
(die Achseln zuckend).

Du bist verheirathet, Hugo; es wäre unbe¬

scheiden, einen Ehemann nach seinen stillen Ncbeuausgabcn zu fragen.


Hugo.

Du irrst, dies ist eine Ehrenschuld.


Wald.

Pfui, wer wird Ehrenschulden machen, überlaß das den Lieutenants

unserer Garde. -- Hier, Hugo, hast Du eine Anweisung für meinen Banquier --
und jetzt schmähe, predige, schilt mich aus, ich bin bereit zu hören. Hast Du
gefrühstückt? gut, so erlaube, daß ich meine Chocolade trinke.

Gestern war ich zum kleinen Zirkel des Palais befohlen. Seine


Hugo.

Hoheit frug, warum Du niemals zu sehen seist, da bemerkte die Fürstin ernst:
er paßt nicht hierher, es ist ihm zu still unter uns.

, (mit dem Löffel klappernd).

Wald

Nein, aber zu langweilig.


Hugo.

Zuletzt sprach der Herr zu mir: Noch wünsche ich nicht, daß Ihr

Better dem Hofe fremd werde. In den Worten liegt die Drohung Deiner Ver-
bannung.


Wald.

Umgekehrt, Freund, sie haben Furcht, daß ich den Hof in den

Bann thun könnte. -- Nun und das ist Alles?


Hugo.

Du bist in Gefahr, von dem Hofe aufgegeben zu werden, ist das

nicht genug? -- Was man in den einzelnen Gruppen über Dich flüsterte, Bickes
mag unwahr oder entstellt sein, aber es blieb doch genug, was mich mit Schmerz
erfüllte. Waldemar, ein so reicher Geist, ein so adliger Sinn, ich wenigstens
kenne Dein Herz, und ein so verwüstetes, zerfahrenes Leben!


Wald,

Verwüstet? Bah, das ist Verleumdung. Ich bin in

(humoristisch).

meinem Leben nicht betrunken gewesen, ich habe nie mehr als eine, höchstens zwei
Geliebte, ich verspiele nie mehr Geld, als ich gerade in meiner Tasche trage.
Sind das nicht achtungswerthe Grundsätze? -- Es ist wahr, ich kann mehr
Champagner vertragen, als jeder Andre, ich wechsele oft mit den Damen meiner
Laune, und Box, der Schuft, steckt mir zuweilen große Summen in meine Spiel-


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die letzte Arzenei ihres seligen Mannes war. — Sage dem Portier, er soll keine
dergleichen Briefe annehmen.

Bedienter. Graf Hugo.

B ed.

Herr Graf Schenk!


Wald,
(ihm entgegen).

Guten Morgen, Hugo!


Hugo.

Ich komme als ein Bittender und außerdem, um Dich auszu¬

scheren.


Wald.

Erst fordre und dann zanke.


Hugo.

Ich bin 100 Louisdor schuldig und soll zahlen.


Wald.

W

(geht zum Tisch und schreibt)
eiter nichts! Ich habe so selten die

Freude, der Zahlmeister meines tugendhaften Vetters zu sein, daß ich mich beeilen
muß, die Gelegenheit zu benutzen.


Hugo.

Und Du fragst nicht einmal, wem und wann ich zu zahlen habe?


Wald,
(die Achseln zuckend).

Du bist verheirathet, Hugo; es wäre unbe¬

scheiden, einen Ehemann nach seinen stillen Ncbeuausgabcn zu fragen.


Hugo.

Du irrst, dies ist eine Ehrenschuld.


Wald.

Pfui, wer wird Ehrenschulden machen, überlaß das den Lieutenants

unserer Garde. — Hier, Hugo, hast Du eine Anweisung für meinen Banquier —
und jetzt schmähe, predige, schilt mich aus, ich bin bereit zu hören. Hast Du
gefrühstückt? gut, so erlaube, daß ich meine Chocolade trinke.

Gestern war ich zum kleinen Zirkel des Palais befohlen. Seine


Hugo.

Hoheit frug, warum Du niemals zu sehen seist, da bemerkte die Fürstin ernst:
er paßt nicht hierher, es ist ihm zu still unter uns.

, (mit dem Löffel klappernd).

Wald

Nein, aber zu langweilig.


Hugo.

Zuletzt sprach der Herr zu mir: Noch wünsche ich nicht, daß Ihr

Better dem Hofe fremd werde. In den Worten liegt die Drohung Deiner Ver-
bannung.


Wald.

Umgekehrt, Freund, sie haben Furcht, daß ich den Hof in den

Bann thun könnte. — Nun und das ist Alles?


Hugo.

Du bist in Gefahr, von dem Hofe aufgegeben zu werden, ist das

nicht genug? — Was man in den einzelnen Gruppen über Dich flüsterte, Bickes
mag unwahr oder entstellt sein, aber es blieb doch genug, was mich mit Schmerz
erfüllte. Waldemar, ein so reicher Geist, ein so adliger Sinn, ich wenigstens
kenne Dein Herz, und ein so verwüstetes, zerfahrenes Leben!


Wald,

Verwüstet? Bah, das ist Verleumdung. Ich bin in

(humoristisch).

meinem Leben nicht betrunken gewesen, ich habe nie mehr als eine, höchstens zwei
Geliebte, ich verspiele nie mehr Geld, als ich gerade in meiner Tasche trage.
Sind das nicht achtungswerthe Grundsätze? — Es ist wahr, ich kann mehr
Champagner vertragen, als jeder Andre, ich wechsele oft mit den Damen meiner
Laune, und Box, der Schuft, steckt mir zuweilen große Summen in meine Spiel-


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[0251] die letzte Arzenei ihres seligen Mannes war. — Sage dem Portier, er soll keine dergleichen Briefe annehmen. Bedienter. Graf Hugo. B ed. Herr Graf Schenk! Wald, (ihm entgegen). Guten Morgen, Hugo! Hugo. Ich komme als ein Bittender und außerdem, um Dich auszu¬ scheren. Wald. Erst fordre und dann zanke. Hugo. Ich bin 100 Louisdor schuldig und soll zahlen. Wald. W (geht zum Tisch und schreibt) eiter nichts! Ich habe so selten die Freude, der Zahlmeister meines tugendhaften Vetters zu sein, daß ich mich beeilen muß, die Gelegenheit zu benutzen. Hugo. Und Du fragst nicht einmal, wem und wann ich zu zahlen habe? Wald, (die Achseln zuckend). Du bist verheirathet, Hugo; es wäre unbe¬ scheiden, einen Ehemann nach seinen stillen Ncbeuausgabcn zu fragen. Hugo. Du irrst, dies ist eine Ehrenschuld. Wald. Pfui, wer wird Ehrenschulden machen, überlaß das den Lieutenants unserer Garde. — Hier, Hugo, hast Du eine Anweisung für meinen Banquier — und jetzt schmähe, predige, schilt mich aus, ich bin bereit zu hören. Hast Du gefrühstückt? gut, so erlaube, daß ich meine Chocolade trinke. Gestern war ich zum kleinen Zirkel des Palais befohlen. Seine Hugo. Hoheit frug, warum Du niemals zu sehen seist, da bemerkte die Fürstin ernst: er paßt nicht hierher, es ist ihm zu still unter uns. , (mit dem Löffel klappernd). Wald Nein, aber zu langweilig. Hugo. Zuletzt sprach der Herr zu mir: Noch wünsche ich nicht, daß Ihr Better dem Hofe fremd werde. In den Worten liegt die Drohung Deiner Ver- bannung. Wald. Umgekehrt, Freund, sie haben Furcht, daß ich den Hof in den Bann thun könnte. — Nun und das ist Alles? Hugo. Du bist in Gefahr, von dem Hofe aufgegeben zu werden, ist das nicht genug? — Was man in den einzelnen Gruppen über Dich flüsterte, Bickes mag unwahr oder entstellt sein, aber es blieb doch genug, was mich mit Schmerz erfüllte. Waldemar, ein so reicher Geist, ein so adliger Sinn, ich wenigstens kenne Dein Herz, und ein so verwüstetes, zerfahrenes Leben! Wald, Verwüstet? Bah, das ist Verleumdung. Ich bin in (humoristisch). meinem Leben nicht betrunken gewesen, ich habe nie mehr als eine, höchstens zwei Geliebte, ich verspiele nie mehr Geld, als ich gerade in meiner Tasche trage. Sind das nicht achtungswerthe Grundsätze? — Es ist wahr, ich kann mehr Champagner vertragen, als jeder Andre, ich wechsele oft mit den Damen meiner Laune, und Box, der Schuft, steckt mir zuweilen große Summen in meine Spiel- 31*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/251>, abgerufen am 23.07.2024.