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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Stille ringsum, man hörte nur das Knistern der Balken und konnte den Flügel¬
schlag der Vögel hören, die tiefer in den Wald flüchteten. Die wenigen Men¬
schen, welche wir oben fanden, sahen müßig der Vernichtung zu, der kleine Brun-
nen war erschöpft, das Haus war dem gierigen Element nicht mehr zu entziehen.
"Und das Mädchen!" riefen wir in gesteigerter Angst, als wir sie unter den
Anwesenden nicht gewahrten. "Nein, nein," sagte ruhig ein breitschultriger Land¬
mann. "Niemand ist im Haus, sie sind alle drei nach der Waldmühle gefahren,
ich habe ihnen ja meinen Fuchs und Wägelchen geborgt, auch die Sachen haben
wir fast alle gerettet." Wir waren schnell einig, ich sprang in das Haus, wäh¬
rend Alfred den nicht weniger gefährlichen Posten übernahm, die Hausthür von
den feurigen Sparren frei zu halten, die unaufhörlich von oben herunterfielen.
Die Kammer war leicht zu übersehen, die beiden Betten standen leer, aber am
Fenster hinter einem Kleiderrechen lag eine menschliche Gestalt, bis über den Kopf
in einen Mantel gehüllt, regungslos da. DaS mußte Rose sein, der Schreck
halte sie betäubt. Gehüllt in die schützende Decke trug ich sie aus dem Bereich
der glühenden Funken. "Bringt Wasser her! es ist nur eine Ohnmacht, die
Kammer war frei von Flammen und Rauch." -- Sie kam unsern Bemühungen
entgegen und befreite selbst ihr Gesicht von dem Mantel. "Heiliger Gott! es war
die Alte!" "Wo ist Rose," schrie Alles in sie hinein. Sprechen konnte sie nicht,
aber sie zeigte mit der dürren Hand nach dem Hanse. Als wir dorthin zurück¬
stürzten , brach die Decke herunter, Flammen und Rauch wühlten am Boden und
an den Wänden, wo sich ihrer Lust noch Etwas bot. -- So standen wir in
zweifelhafter Angst, der Breitschultrige tröstete, "Rose sei sicher nach der Mühle
gefahren." -- "Der Vater! Der Vater!" tönte es durch die Menge und ein
Mann schwankte herbei, Haar und Gesicht in Schweiß gebadet, die Augen aus
ihren Höhlen getreten, er hielt mit ausgestrecktem Arm einen Schlüssel vor sich
her, er sah nicht rechts noch links, seine Kräfte waren sichtlich erschöpft. "DaS
ist der Kellerschlüssel," erklärte der Landmann, "er will nach dem Keller;" und
unter unbestimmten Ahnungen beeiferten wir uns alle einen brennenden Balken
zu beseitigen, der vor der eisernen Kellerthür lag. Bebend versuchte der
Alte aufzuschließen, seine Finger waren steif wie die einer Leiche. "Wenn sie da
drinnen ist," sagte der Landmann, "so kann sie wohl gerettet sein, der Keller ist
ein festes Gewölbe." Während unserer Bemühung stürzte ein neuer Trupp Men¬
schen über den Platz, Männer ans der Freischaar mit Tannenzweigen am Hut,
an ihrer Spitze Wilhelm. ..Rose," klang ein gellender Angstschrei von seinen
Lippen. Der Keller war aufgeschlossen, ein dicker Qualm strömte uns entgegen,
endlich konnten wir das Mädchen erkennen, welche am Boden lag. Ein Brand war
durch die Luke des Kellers gefallen und hatte sie erstickt. Wilhelm trug sie in
die Luft und legte sie auf daS Moos; -- "todt!" sagte er tonlos "wie kam
sie in den Keller?" frug er den Vater mit einem Blick voll furchtbarer Spannung.


Stille ringsum, man hörte nur das Knistern der Balken und konnte den Flügel¬
schlag der Vögel hören, die tiefer in den Wald flüchteten. Die wenigen Men¬
schen, welche wir oben fanden, sahen müßig der Vernichtung zu, der kleine Brun-
nen war erschöpft, das Haus war dem gierigen Element nicht mehr zu entziehen.
„Und das Mädchen!" riefen wir in gesteigerter Angst, als wir sie unter den
Anwesenden nicht gewahrten. „Nein, nein," sagte ruhig ein breitschultriger Land¬
mann. „Niemand ist im Haus, sie sind alle drei nach der Waldmühle gefahren,
ich habe ihnen ja meinen Fuchs und Wägelchen geborgt, auch die Sachen haben
wir fast alle gerettet." Wir waren schnell einig, ich sprang in das Haus, wäh¬
rend Alfred den nicht weniger gefährlichen Posten übernahm, die Hausthür von
den feurigen Sparren frei zu halten, die unaufhörlich von oben herunterfielen.
Die Kammer war leicht zu übersehen, die beiden Betten standen leer, aber am
Fenster hinter einem Kleiderrechen lag eine menschliche Gestalt, bis über den Kopf
in einen Mantel gehüllt, regungslos da. DaS mußte Rose sein, der Schreck
halte sie betäubt. Gehüllt in die schützende Decke trug ich sie aus dem Bereich
der glühenden Funken. „Bringt Wasser her! es ist nur eine Ohnmacht, die
Kammer war frei von Flammen und Rauch." — Sie kam unsern Bemühungen
entgegen und befreite selbst ihr Gesicht von dem Mantel. „Heiliger Gott! es war
die Alte!" „Wo ist Rose," schrie Alles in sie hinein. Sprechen konnte sie nicht,
aber sie zeigte mit der dürren Hand nach dem Hanse. Als wir dorthin zurück¬
stürzten , brach die Decke herunter, Flammen und Rauch wühlten am Boden und
an den Wänden, wo sich ihrer Lust noch Etwas bot. — So standen wir in
zweifelhafter Angst, der Breitschultrige tröstete, „Rose sei sicher nach der Mühle
gefahren." — „Der Vater! Der Vater!" tönte es durch die Menge und ein
Mann schwankte herbei, Haar und Gesicht in Schweiß gebadet, die Augen aus
ihren Höhlen getreten, er hielt mit ausgestrecktem Arm einen Schlüssel vor sich
her, er sah nicht rechts noch links, seine Kräfte waren sichtlich erschöpft. „DaS
ist der Kellerschlüssel," erklärte der Landmann, „er will nach dem Keller;" und
unter unbestimmten Ahnungen beeiferten wir uns alle einen brennenden Balken
zu beseitigen, der vor der eisernen Kellerthür lag. Bebend versuchte der
Alte aufzuschließen, seine Finger waren steif wie die einer Leiche. „Wenn sie da
drinnen ist," sagte der Landmann, „so kann sie wohl gerettet sein, der Keller ist
ein festes Gewölbe." Während unserer Bemühung stürzte ein neuer Trupp Men¬
schen über den Platz, Männer ans der Freischaar mit Tannenzweigen am Hut,
an ihrer Spitze Wilhelm. ..Rose," klang ein gellender Angstschrei von seinen
Lippen. Der Keller war aufgeschlossen, ein dicker Qualm strömte uns entgegen,
endlich konnten wir das Mädchen erkennen, welche am Boden lag. Ein Brand war
durch die Luke des Kellers gefallen und hatte sie erstickt. Wilhelm trug sie in
die Luft und legte sie auf daS Moos; — „todt!" sagte er tonlos „wie kam
sie in den Keller?" frug er den Vater mit einem Blick voll furchtbarer Spannung.


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[0242] Stille ringsum, man hörte nur das Knistern der Balken und konnte den Flügel¬ schlag der Vögel hören, die tiefer in den Wald flüchteten. Die wenigen Men¬ schen, welche wir oben fanden, sahen müßig der Vernichtung zu, der kleine Brun- nen war erschöpft, das Haus war dem gierigen Element nicht mehr zu entziehen. „Und das Mädchen!" riefen wir in gesteigerter Angst, als wir sie unter den Anwesenden nicht gewahrten. „Nein, nein," sagte ruhig ein breitschultriger Land¬ mann. „Niemand ist im Haus, sie sind alle drei nach der Waldmühle gefahren, ich habe ihnen ja meinen Fuchs und Wägelchen geborgt, auch die Sachen haben wir fast alle gerettet." Wir waren schnell einig, ich sprang in das Haus, wäh¬ rend Alfred den nicht weniger gefährlichen Posten übernahm, die Hausthür von den feurigen Sparren frei zu halten, die unaufhörlich von oben herunterfielen. Die Kammer war leicht zu übersehen, die beiden Betten standen leer, aber am Fenster hinter einem Kleiderrechen lag eine menschliche Gestalt, bis über den Kopf in einen Mantel gehüllt, regungslos da. DaS mußte Rose sein, der Schreck halte sie betäubt. Gehüllt in die schützende Decke trug ich sie aus dem Bereich der glühenden Funken. „Bringt Wasser her! es ist nur eine Ohnmacht, die Kammer war frei von Flammen und Rauch." — Sie kam unsern Bemühungen entgegen und befreite selbst ihr Gesicht von dem Mantel. „Heiliger Gott! es war die Alte!" „Wo ist Rose," schrie Alles in sie hinein. Sprechen konnte sie nicht, aber sie zeigte mit der dürren Hand nach dem Hanse. Als wir dorthin zurück¬ stürzten , brach die Decke herunter, Flammen und Rauch wühlten am Boden und an den Wänden, wo sich ihrer Lust noch Etwas bot. — So standen wir in zweifelhafter Angst, der Breitschultrige tröstete, „Rose sei sicher nach der Mühle gefahren." — „Der Vater! Der Vater!" tönte es durch die Menge und ein Mann schwankte herbei, Haar und Gesicht in Schweiß gebadet, die Augen aus ihren Höhlen getreten, er hielt mit ausgestrecktem Arm einen Schlüssel vor sich her, er sah nicht rechts noch links, seine Kräfte waren sichtlich erschöpft. „DaS ist der Kellerschlüssel," erklärte der Landmann, „er will nach dem Keller;" und unter unbestimmten Ahnungen beeiferten wir uns alle einen brennenden Balken zu beseitigen, der vor der eisernen Kellerthür lag. Bebend versuchte der Alte aufzuschließen, seine Finger waren steif wie die einer Leiche. „Wenn sie da drinnen ist," sagte der Landmann, „so kann sie wohl gerettet sein, der Keller ist ein festes Gewölbe." Während unserer Bemühung stürzte ein neuer Trupp Men¬ schen über den Platz, Männer ans der Freischaar mit Tannenzweigen am Hut, an ihrer Spitze Wilhelm. ..Rose," klang ein gellender Angstschrei von seinen Lippen. Der Keller war aufgeschlossen, ein dicker Qualm strömte uns entgegen, endlich konnten wir das Mädchen erkennen, welche am Boden lag. Ein Brand war durch die Luke des Kellers gefallen und hatte sie erstickt. Wilhelm trug sie in die Luft und legte sie auf daS Moos; — „todt!" sagte er tonlos „wie kam sie in den Keller?" frug er den Vater mit einem Blick voll furchtbarer Spannung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/242>, abgerufen am 23.12.2024.