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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Feinde gegen uns drängen, und unsere guten Waffen und unser Gluck in
einem letzten großen Völkerkampf uns untreu würden, was wir gar nicht fürchten,
so sind wir ein Volk von Kriegern und werden eher untergehen, als die Fahne
senken, die wir in der Mark, in Preußen, Schlesien, am Rhein aufgesteckt haben;
Eure eigene Fahne, ihr Deutschen, das Banner eines großen deutsche" Staates,
in dem Vernunft ist. Wir können untergehen, und wer ein Mann ist in Preußen,
wird lieber sterben, als die elende und klägliche Existenz erleben, unter Trümmern
und organischer Auflösung, unter fremdem Protectorat, russischem, englischem
und französischem Schutz.

Noch ist es Zeit, wir Preußen bieten allen deutsche" Stämmen jetzt brüder¬
lich in treuer Gesinnung die Hand, gemeinsam mit ihnen "Deutsche" zu werden,
jetzt steht die Wahl bei ihnen, verschmähen sie's, mit uns ein neues Deutschland
zu schassen, so bauen wir es allein, trotz ihnen, und das neue Deutschland wird
dann den Namen Preußen führen.




Das specifische Preußenthum.
und
Das östreichisch-kaiserliche Bewußtsein.

An Julian Schmidt.

"Sie sind doch ein abscheulicher Preuße!" warf Ihnen oft Freund Ruge vor,
wenn Sie die ständische Opposition in Berlin im Herbste 1847 gegen seine Ein¬
fälle in Schutz nahmen. Und wenn sie in denselben Tagen die patriotischen Er¬
güsse unsers Freundes Kuranda über die Möglichkeit einer friedlichen Reform in
dem schönen Oestreich mit anhörten und Ihrer Ungeduld mit lakonischer Worten
Lust machten, -- dann flüsterte mir der damalige Redacteur der Grenzboten ver¬
traulich in's Ohr: "Da haben Sie wieder das eingefleischte Preußenthum!"
Auch für meine Anwandlungen von sentimentalen Heimweh nach den gemüthlichen
Wienern und deu gu'men Bergen hatten Sie nnr ein ironisches Lächeln, was ich
natürlich auf Rechnung Ihrer "norddeutschen Nüchternheit" setzte. Kurz, das spe¬
cifische Preußenthum war damals das Stichwort, welches Ihre Leipziger Freunde
als letzten Trumpf gegen Ihre Beweisgründe in der Debatte bereit hielten.

Indessen war die Revolution über uns Alle hereingebrochen. Der erste En¬
thusiasmus hielt uns zusammen, die Ideale, welche Jeder in seiner Brust so lange
verschlossen hatte, traten erst nach und nach aus dem Chaos der revolutionären
Bewegung in concretern Bestrebungen je nach den wesentlich verschiedenen Naturen


Feinde gegen uns drängen, und unsere guten Waffen und unser Gluck in
einem letzten großen Völkerkampf uns untreu würden, was wir gar nicht fürchten,
so sind wir ein Volk von Kriegern und werden eher untergehen, als die Fahne
senken, die wir in der Mark, in Preußen, Schlesien, am Rhein aufgesteckt haben;
Eure eigene Fahne, ihr Deutschen, das Banner eines großen deutsche» Staates,
in dem Vernunft ist. Wir können untergehen, und wer ein Mann ist in Preußen,
wird lieber sterben, als die elende und klägliche Existenz erleben, unter Trümmern
und organischer Auflösung, unter fremdem Protectorat, russischem, englischem
und französischem Schutz.

Noch ist es Zeit, wir Preußen bieten allen deutsche» Stämmen jetzt brüder¬
lich in treuer Gesinnung die Hand, gemeinsam mit ihnen „Deutsche" zu werden,
jetzt steht die Wahl bei ihnen, verschmähen sie's, mit uns ein neues Deutschland
zu schassen, so bauen wir es allein, trotz ihnen, und das neue Deutschland wird
dann den Namen Preußen führen.




Das specifische Preußenthum.
und
Das östreichisch-kaiserliche Bewußtsein.

An Julian Schmidt.

„Sie sind doch ein abscheulicher Preuße!" warf Ihnen oft Freund Ruge vor,
wenn Sie die ständische Opposition in Berlin im Herbste 1847 gegen seine Ein¬
fälle in Schutz nahmen. Und wenn sie in denselben Tagen die patriotischen Er¬
güsse unsers Freundes Kuranda über die Möglichkeit einer friedlichen Reform in
dem schönen Oestreich mit anhörten und Ihrer Ungeduld mit lakonischer Worten
Lust machten, — dann flüsterte mir der damalige Redacteur der Grenzboten ver¬
traulich in's Ohr: „Da haben Sie wieder das eingefleischte Preußenthum!"
Auch für meine Anwandlungen von sentimentalen Heimweh nach den gemüthlichen
Wienern und deu gu'men Bergen hatten Sie nnr ein ironisches Lächeln, was ich
natürlich auf Rechnung Ihrer „norddeutschen Nüchternheit" setzte. Kurz, das spe¬
cifische Preußenthum war damals das Stichwort, welches Ihre Leipziger Freunde
als letzten Trumpf gegen Ihre Beweisgründe in der Debatte bereit hielten.

Indessen war die Revolution über uns Alle hereingebrochen. Der erste En¬
thusiasmus hielt uns zusammen, die Ideale, welche Jeder in seiner Brust so lange
verschlossen hatte, traten erst nach und nach aus dem Chaos der revolutionären
Bewegung in concretern Bestrebungen je nach den wesentlich verschiedenen Naturen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/223>, abgerufen am 22.12.2024.