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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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gesagt, man meint, es müßten bei uns ähnliche Verhältnisse, wenn auch in gerin¬
gerem Maßstabe eintreten. Auch für Deutschland und das übrige Europa erwar¬
tet man eine Erhöhung des Güter- und Waarcmverthes, eine Verminderung des
allgemeinen Geldwerthes. Unsere Gutsbesitzer sangen bereits an, heitere Gesichter
zu machen, die Banquiers aber blicken mißtrauisch auf die Schubladen, in denen
das geprägte Gold liegt. Da die vorausgesehenen Wirkungen wohl Jeden unserer
Leser berühren würde", soll auch eine abweichende Ansicht, welche übrigens für
Nichtkaufleute geschrieben ist, hier ausgesprochen werden.

Die Summe des Goldes, welches Kalifornien im jährlichen Durchschnitt
liefern wird, läßt sich natürlich noch gar nicht übersehen. Jedenfalls wird das
gewonnene Gold in den Vereinigten Staaten sogleich Gegenstand des Handels, da
die Regierung in Kalifornien nicht das Privilegium des Baues ans edle Metalle
besitzt, sondern nur Prozente des gewonnenen Ertrages durch ihre Beamten ein¬
zieht. Es ist also nicht möglich, wie in Rußland unter Umständen möglich wäre,
daß große Goldmassen im Staatsschatz aufgehäuft, und die jährlich in den Ver¬
kehr kommenden Summen nach den Bedürfnissen des Geldmarkts ze. abgemessen
werden. Das californische Gold wird so schnell als möglich seine Reise durch die
Welt machen. Für alle Waaren, welche wir nach Amerika liefern, werden wir
mit Gold bezahlt werden und die Masse des Goldes, welche sich auf allen Markt¬
plätzen einfinden wird, und welche weit größer sein muß, als die Kauflust darnach,
wird den Werth desselben auch bei uns Herabdrücken.

Dies bedarf einer Bemerkung über das Verhältniß des Goldes zum Silber.
Seit uralter Zeit hat man seltene Producte der Erde benutzt, um an ihnen im
Verkehr den Werth aller verkäuflichen Dinge zu messen und zu bestimmen. Solche
Werthmesser mußten fest, dauerhaft, von kleinem Umfang, also leicht transportabel
sein. Bald verdrängten bei geregeltem Handelsverkehr die seltenen Metalle alle
übrigen messenden Werthe, als Muscheln oder Edelsteine, welche letztere übrigens bis
zum Ende des Mittelalters häufig zur Bezahlung gebraucht wurden. Unter den
Metallen fand sich eines, welches fast auf der ganzen Erde verbreitet, nirgend in
colossalen Massen und doch fast überall in hinreichender Ausdehnung gesunden
wurde, um bequem als Maaß für den Werth der übrigen Erzeugnisse des Landes
zu gelten, das Silber. Es wurde der maßgebende Werth, für deu Verkehr aller
Völker vcrlMnißmäßig fest und unveränderlich, während die Preise oder der
Werth aller übrigen irdischen Sachen, mit dem Silber verglichen, bald stie¬
gen, bald fielen. Tausendjähriger Handelsverkehr des Menschengeschlechts, die
Dauerhaftigkeit des metallischen Silbers und der stets neuförderude Bergbau,
haben natürlich die Masse des Silbers ungeheuer vermehrt, aber auch die Guler
und Waaren der Erde, welche in Umsatz kommen und der Bedarf des Menschen¬
geschlechts hat sich unendlich gesteigert und das Bedürfniß bei dem unaufhörlichen
Schwanken aller andern Handelsgegenstände einen verhältnißmäßig festen Werth


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gesagt, man meint, es müßten bei uns ähnliche Verhältnisse, wenn auch in gerin¬
gerem Maßstabe eintreten. Auch für Deutschland und das übrige Europa erwar¬
tet man eine Erhöhung des Güter- und Waarcmverthes, eine Verminderung des
allgemeinen Geldwerthes. Unsere Gutsbesitzer sangen bereits an, heitere Gesichter
zu machen, die Banquiers aber blicken mißtrauisch auf die Schubladen, in denen
das geprägte Gold liegt. Da die vorausgesehenen Wirkungen wohl Jeden unserer
Leser berühren würde», soll auch eine abweichende Ansicht, welche übrigens für
Nichtkaufleute geschrieben ist, hier ausgesprochen werden.

Die Summe des Goldes, welches Kalifornien im jährlichen Durchschnitt
liefern wird, läßt sich natürlich noch gar nicht übersehen. Jedenfalls wird das
gewonnene Gold in den Vereinigten Staaten sogleich Gegenstand des Handels, da
die Regierung in Kalifornien nicht das Privilegium des Baues ans edle Metalle
besitzt, sondern nur Prozente des gewonnenen Ertrages durch ihre Beamten ein¬
zieht. Es ist also nicht möglich, wie in Rußland unter Umständen möglich wäre,
daß große Goldmassen im Staatsschatz aufgehäuft, und die jährlich in den Ver¬
kehr kommenden Summen nach den Bedürfnissen des Geldmarkts ze. abgemessen
werden. Das californische Gold wird so schnell als möglich seine Reise durch die
Welt machen. Für alle Waaren, welche wir nach Amerika liefern, werden wir
mit Gold bezahlt werden und die Masse des Goldes, welche sich auf allen Markt¬
plätzen einfinden wird, und welche weit größer sein muß, als die Kauflust darnach,
wird den Werth desselben auch bei uns Herabdrücken.

Dies bedarf einer Bemerkung über das Verhältniß des Goldes zum Silber.
Seit uralter Zeit hat man seltene Producte der Erde benutzt, um an ihnen im
Verkehr den Werth aller verkäuflichen Dinge zu messen und zu bestimmen. Solche
Werthmesser mußten fest, dauerhaft, von kleinem Umfang, also leicht transportabel
sein. Bald verdrängten bei geregeltem Handelsverkehr die seltenen Metalle alle
übrigen messenden Werthe, als Muscheln oder Edelsteine, welche letztere übrigens bis
zum Ende des Mittelalters häufig zur Bezahlung gebraucht wurden. Unter den
Metallen fand sich eines, welches fast auf der ganzen Erde verbreitet, nirgend in
colossalen Massen und doch fast überall in hinreichender Ausdehnung gesunden
wurde, um bequem als Maaß für den Werth der übrigen Erzeugnisse des Landes
zu gelten, das Silber. Es wurde der maßgebende Werth, für deu Verkehr aller
Völker vcrlMnißmäßig fest und unveränderlich, während die Preise oder der
Werth aller übrigen irdischen Sachen, mit dem Silber verglichen, bald stie¬
gen, bald fielen. Tausendjähriger Handelsverkehr des Menschengeschlechts, die
Dauerhaftigkeit des metallischen Silbers und der stets neuförderude Bergbau,
haben natürlich die Masse des Silbers ungeheuer vermehrt, aber auch die Guler
und Waaren der Erde, welche in Umsatz kommen und der Bedarf des Menschen¬
geschlechts hat sich unendlich gesteigert und das Bedürfniß bei dem unaufhörlichen
Schwanken aller andern Handelsgegenstände einen verhältnißmäßig festen Werth


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/179>, abgerufen am 23.12.2024.