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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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nen Handwerker bewirkten Anfertigung von Waaren, zur Betrachtung kommen.
Wie der letztere nicht im Stande ist, die mechanischen Kräfte, welche bei dem
Fabrikenbetriebe wirksam sind, durch seinen Fleiß zu ersetze", so kann auch der
Kleinbauer nicht der Vortheile theilhaftig werden, die sich der große Gutsbesitzer
durch eine raffinirte Viehhaltung und durch den Anbau im Großen verschafft. So
sind manche Bodenverbcsserungen, z. B. Aufbringung von Mergel und Moder,
Abwässerungen und Urbarmachungen sicherer und leichter durch einen Besitzer großer
Flächen, wenn ihm das Betriebskapital nicht mangelt, auszuführen, als dies im
Kleinbesitz möglich ist. Mergel und Moder können unter gewissen Umständen noch
vortheilhaft benutzt werden, wenn sie im Bereich einer Fläche von 1000 Morgen
liegen. Selten werden die zur Verbesserung tauglichen Erdarten gleichmäßig über
eine solche so vertheilt angetroffen, daß sie im Bereich von je 20 bis 50 Morgen
zu finden sind. Viel häufiger kommen so reichhaltige Lager von Mergel und Moder
vor, daß man 500 und mehr Morgen aus ihnen befahren kann, und diese müssen
bei zerstückelten Grundbesitz in der Regel unbenutzt für die in der Nähe liegenden
Grundstücke bleiben, welche 20 bis 30 Besitzern gehören. Wer kennt ferner nicht
die Schwierigkeit, Entwässerungsanlagen zur Ausführung zu bringen, wenn man
dazu die Einwilligung von 50 bis l00 Personen einholen soll? Die Gesetze haben
solche Fälle in einigen Ländern zwar vorgesehen, aber wer Einsicht von so großen
Veränderungen der Oberfläche erlangt hat, welche eine durchgreifende Entwässe¬
rung herbeiführt, wird wissen, daß es unmöglich ist, durch allgemeine gesetzliche
Bestimmungen für jeden concreten Fall die Hindernisse zu beseitigen, die aus dem
getheilten Grundbesitz bei einer solchen Verbesserung hervorgehen.

Durch diese hier angedeuteten und audere Verbesserungen sind große Strecken
schlecht benutzten Landes in gute Kultur gekommen, wenn sie von wohlhabenden,
mit Kenntnissen ausgerüsteten Männern besessen waren. Einöden und Wüsteneien
sind dadurch in lachende Fluren umgewandelt, auf welchen für viele Menschen die
Mittel zu einem fröhlichen Dasein erzeugt werden. Im Kleinbesitz würden sie
ihren Bedauern nur ein ärmliches Leben gewährt haben.

Auch die Kenntnisse, welche zu einem einträglichen Ackerbau, besonders auf
schlecht cultivirten und von Natur mageren Grundstücken, erforderlich sind, werden
nicht von denen erworben, die zu sehr mit der täglichen Nothdurft zu kämpfen
haben. Die Sorge um die folgenden Tage und die damit in Verbindung stehen¬
den Gemüthsaufregungen rauben den Menschen die freie Geistesthätigkeit. Sie sind
unempfänglich für einen Unterricht, der ihnen eine bessere Zukunft bereiten könnte,
selbst wenn ihnen ein solcher durch Schrift oder mündliche Lehre würde. Ueber-
dies sind die Mängel ihres Ackerbaues in der Regel von solcher Art, daß sie nur
durch Abänderung des ganzen Verfahrens beseitigt werden können. Es genügt
nicht, daß man tiefer pflüge, den Dünger besser behandle, eine andere Frucht¬
folge einführe oder einzelne Fehler vermeide, sondern es ist zu einer gründlichen


nen Handwerker bewirkten Anfertigung von Waaren, zur Betrachtung kommen.
Wie der letztere nicht im Stande ist, die mechanischen Kräfte, welche bei dem
Fabrikenbetriebe wirksam sind, durch seinen Fleiß zu ersetze», so kann auch der
Kleinbauer nicht der Vortheile theilhaftig werden, die sich der große Gutsbesitzer
durch eine raffinirte Viehhaltung und durch den Anbau im Großen verschafft. So
sind manche Bodenverbcsserungen, z. B. Aufbringung von Mergel und Moder,
Abwässerungen und Urbarmachungen sicherer und leichter durch einen Besitzer großer
Flächen, wenn ihm das Betriebskapital nicht mangelt, auszuführen, als dies im
Kleinbesitz möglich ist. Mergel und Moder können unter gewissen Umständen noch
vortheilhaft benutzt werden, wenn sie im Bereich einer Fläche von 1000 Morgen
liegen. Selten werden die zur Verbesserung tauglichen Erdarten gleichmäßig über
eine solche so vertheilt angetroffen, daß sie im Bereich von je 20 bis 50 Morgen
zu finden sind. Viel häufiger kommen so reichhaltige Lager von Mergel und Moder
vor, daß man 500 und mehr Morgen aus ihnen befahren kann, und diese müssen
bei zerstückelten Grundbesitz in der Regel unbenutzt für die in der Nähe liegenden
Grundstücke bleiben, welche 20 bis 30 Besitzern gehören. Wer kennt ferner nicht
die Schwierigkeit, Entwässerungsanlagen zur Ausführung zu bringen, wenn man
dazu die Einwilligung von 50 bis l00 Personen einholen soll? Die Gesetze haben
solche Fälle in einigen Ländern zwar vorgesehen, aber wer Einsicht von so großen
Veränderungen der Oberfläche erlangt hat, welche eine durchgreifende Entwässe¬
rung herbeiführt, wird wissen, daß es unmöglich ist, durch allgemeine gesetzliche
Bestimmungen für jeden concreten Fall die Hindernisse zu beseitigen, die aus dem
getheilten Grundbesitz bei einer solchen Verbesserung hervorgehen.

Durch diese hier angedeuteten und audere Verbesserungen sind große Strecken
schlecht benutzten Landes in gute Kultur gekommen, wenn sie von wohlhabenden,
mit Kenntnissen ausgerüsteten Männern besessen waren. Einöden und Wüsteneien
sind dadurch in lachende Fluren umgewandelt, auf welchen für viele Menschen die
Mittel zu einem fröhlichen Dasein erzeugt werden. Im Kleinbesitz würden sie
ihren Bedauern nur ein ärmliches Leben gewährt haben.

Auch die Kenntnisse, welche zu einem einträglichen Ackerbau, besonders auf
schlecht cultivirten und von Natur mageren Grundstücken, erforderlich sind, werden
nicht von denen erworben, die zu sehr mit der täglichen Nothdurft zu kämpfen
haben. Die Sorge um die folgenden Tage und die damit in Verbindung stehen¬
den Gemüthsaufregungen rauben den Menschen die freie Geistesthätigkeit. Sie sind
unempfänglich für einen Unterricht, der ihnen eine bessere Zukunft bereiten könnte,
selbst wenn ihnen ein solcher durch Schrift oder mündliche Lehre würde. Ueber-
dies sind die Mängel ihres Ackerbaues in der Regel von solcher Art, daß sie nur
durch Abänderung des ganzen Verfahrens beseitigt werden können. Es genügt
nicht, daß man tiefer pflüge, den Dünger besser behandle, eine andere Frucht¬
folge einführe oder einzelne Fehler vermeide, sondern es ist zu einer gründlichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/148>, abgerufen am 23.07.2024.