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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Edelmann verheiratet, jetzt als die Verlobte Hugo Schönburg/S, eines jungen
Grafen von den glänzendsten Aussichten, auftritt. Sie ist Weltdame im höchsten
Styl, folglich frivol und empfindsam zugleich. Stolz auf diese Tochter, erfährt
es daher der Vater mit innigem Mißbehagen, daß sein jüngeres Kind durch eine
Mesallieuce mit einem Pfarrersohn seinem Hause Schande machen soll. Es wun¬
dert ihn zwar, daß sein Schwiegersohn ihn versichert, "Götz" sei früher die Seele
ihrer Cirkel gewesen, allein er meint, die jungen adligen Herren 'werden wohl
den bürgerlichen Monsieur freigehalten haben.

Der Pfarrcrsohn erscheint in der Residenz, aber nicht als Götz, sondern als
Gottfried, im schwarzen Frack, Zeugnisse in der Tasche, eilig, dem Minister seine
Aufwartung zu machen, und um eine bescheidene Pfarre zu sollicitireu. Doch be¬
sucht er unterwegs seinen alten Freund Hugo, der ihn in dem alten Ton empfängt,
und in ihm die Sehnsucht nach deu schönen Tagen von Aranjuez rege macht.
Bei diesem Besuch findet er Gelegenheit, seinen Schwiegervater in tödtlich zu
beleidigen, so daß man erwartet, der früher als hartherzig geschilderte Mann
werde nnn entschieden gegen die Verbindung sein.

Der Anfang des dritten Acts scheint das zu bestätigen; doch unerwartet
wird der alte Herr wirklich gerührt, er will seinen Segen gebe", er will dem
Kandidaten durch eine Fürsprache beim Minister, durch eine gute Aussteller unter
die Arme greifen, nur verletzt es ihn, daß der junge Mann, als dessen Wohl¬
thäter er sich ansieht, so kalt gegen ihn bleibt, und so erklärt er zuletzt, seine
Tochter Sidonia, eine Dame von bewährter Welrerfahrung, solle entscheiden, ob
Gottfried ein passender Schwiegersohn sei. Jene Kälte hat übrigens dem Herzen
der jungen Agnes imponirt, sie geräth plötzlich in eine tiefe unmotivirte Extase,
erklärt, eines solchen Halbgotts nicht würdig zu sein u. s. w., worauf die gebüh¬
renden Gegenversichernngen erfolgen.

Der Besuch Sidouieus ist schon angedeutet. Gottfried erscheint als Ottfried
und gewinnt so großen Beifall, daß ein tieferer Eindruck unvermeidlich ist. Dieser
Eindruck ist gegenseitig. Die Verwicklung ist am Ziel: Gottfried ist als Bräu-
tigam anerkannt und acceptirt, aber in eine gefährliche Liaison mit der schönen
und interessanten Schwester seiner Braut verstrickt.

Vierter Act. Es sind einige Wochen vergangen. Der Held, nun ganz
wieder Ottfried, trägt einen Schnurrbart, ist nicht abgeneigt, sich wieder auf ein
Duell einzulassen, und unterhält ein ziemlich lebhaftes Verhältniß mit Sidonier.
Dennoch ist auf heute Abend seine Verlobung mit Agnes angesetzt. Sein Freund
Hugo stellt ihm vor, die Sache ginge denn doch ans diese Art nicht, überhaupt
habe er sich in seinem theologischen Beruf getäuscht, es biete sich nun eine Aus¬
gleichung. Hugo ist Gesandter an einem mittlern Hof geworden; er braucht einen
Gesandtschaftssecretär, der ihm Depeschen schreibt. Sein eigner Styl ist miserabel.
-- Agnes sitzen lassen? das unschuldige Kind! Nimmermehr! -- Geht heftig ab.


Edelmann verheiratet, jetzt als die Verlobte Hugo Schönburg/S, eines jungen
Grafen von den glänzendsten Aussichten, auftritt. Sie ist Weltdame im höchsten
Styl, folglich frivol und empfindsam zugleich. Stolz auf diese Tochter, erfährt
es daher der Vater mit innigem Mißbehagen, daß sein jüngeres Kind durch eine
Mesallieuce mit einem Pfarrersohn seinem Hause Schande machen soll. Es wun¬
dert ihn zwar, daß sein Schwiegersohn ihn versichert, „Götz" sei früher die Seele
ihrer Cirkel gewesen, allein er meint, die jungen adligen Herren 'werden wohl
den bürgerlichen Monsieur freigehalten haben.

Der Pfarrcrsohn erscheint in der Residenz, aber nicht als Götz, sondern als
Gottfried, im schwarzen Frack, Zeugnisse in der Tasche, eilig, dem Minister seine
Aufwartung zu machen, und um eine bescheidene Pfarre zu sollicitireu. Doch be¬
sucht er unterwegs seinen alten Freund Hugo, der ihn in dem alten Ton empfängt,
und in ihm die Sehnsucht nach deu schönen Tagen von Aranjuez rege macht.
Bei diesem Besuch findet er Gelegenheit, seinen Schwiegervater in tödtlich zu
beleidigen, so daß man erwartet, der früher als hartherzig geschilderte Mann
werde nnn entschieden gegen die Verbindung sein.

Der Anfang des dritten Acts scheint das zu bestätigen; doch unerwartet
wird der alte Herr wirklich gerührt, er will seinen Segen gebe», er will dem
Kandidaten durch eine Fürsprache beim Minister, durch eine gute Aussteller unter
die Arme greifen, nur verletzt es ihn, daß der junge Mann, als dessen Wohl¬
thäter er sich ansieht, so kalt gegen ihn bleibt, und so erklärt er zuletzt, seine
Tochter Sidonia, eine Dame von bewährter Welrerfahrung, solle entscheiden, ob
Gottfried ein passender Schwiegersohn sei. Jene Kälte hat übrigens dem Herzen
der jungen Agnes imponirt, sie geräth plötzlich in eine tiefe unmotivirte Extase,
erklärt, eines solchen Halbgotts nicht würdig zu sein u. s. w., worauf die gebüh¬
renden Gegenversichernngen erfolgen.

Der Besuch Sidouieus ist schon angedeutet. Gottfried erscheint als Ottfried
und gewinnt so großen Beifall, daß ein tieferer Eindruck unvermeidlich ist. Dieser
Eindruck ist gegenseitig. Die Verwicklung ist am Ziel: Gottfried ist als Bräu-
tigam anerkannt und acceptirt, aber in eine gefährliche Liaison mit der schönen
und interessanten Schwester seiner Braut verstrickt.

Vierter Act. Es sind einige Wochen vergangen. Der Held, nun ganz
wieder Ottfried, trägt einen Schnurrbart, ist nicht abgeneigt, sich wieder auf ein
Duell einzulassen, und unterhält ein ziemlich lebhaftes Verhältniß mit Sidonier.
Dennoch ist auf heute Abend seine Verlobung mit Agnes angesetzt. Sein Freund
Hugo stellt ihm vor, die Sache ginge denn doch ans diese Art nicht, überhaupt
habe er sich in seinem theologischen Beruf getäuscht, es biete sich nun eine Aus¬
gleichung. Hugo ist Gesandter an einem mittlern Hof geworden; er braucht einen
Gesandtschaftssecretär, der ihm Depeschen schreibt. Sein eigner Styl ist miserabel.
— Agnes sitzen lassen? das unschuldige Kind! Nimmermehr! — Geht heftig ab.


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[0101] Edelmann verheiratet, jetzt als die Verlobte Hugo Schönburg/S, eines jungen Grafen von den glänzendsten Aussichten, auftritt. Sie ist Weltdame im höchsten Styl, folglich frivol und empfindsam zugleich. Stolz auf diese Tochter, erfährt es daher der Vater mit innigem Mißbehagen, daß sein jüngeres Kind durch eine Mesallieuce mit einem Pfarrersohn seinem Hause Schande machen soll. Es wun¬ dert ihn zwar, daß sein Schwiegersohn ihn versichert, „Götz" sei früher die Seele ihrer Cirkel gewesen, allein er meint, die jungen adligen Herren 'werden wohl den bürgerlichen Monsieur freigehalten haben. Der Pfarrcrsohn erscheint in der Residenz, aber nicht als Götz, sondern als Gottfried, im schwarzen Frack, Zeugnisse in der Tasche, eilig, dem Minister seine Aufwartung zu machen, und um eine bescheidene Pfarre zu sollicitireu. Doch be¬ sucht er unterwegs seinen alten Freund Hugo, der ihn in dem alten Ton empfängt, und in ihm die Sehnsucht nach deu schönen Tagen von Aranjuez rege macht. Bei diesem Besuch findet er Gelegenheit, seinen Schwiegervater in tödtlich zu beleidigen, so daß man erwartet, der früher als hartherzig geschilderte Mann werde nnn entschieden gegen die Verbindung sein. Der Anfang des dritten Acts scheint das zu bestätigen; doch unerwartet wird der alte Herr wirklich gerührt, er will seinen Segen gebe», er will dem Kandidaten durch eine Fürsprache beim Minister, durch eine gute Aussteller unter die Arme greifen, nur verletzt es ihn, daß der junge Mann, als dessen Wohl¬ thäter er sich ansieht, so kalt gegen ihn bleibt, und so erklärt er zuletzt, seine Tochter Sidonia, eine Dame von bewährter Welrerfahrung, solle entscheiden, ob Gottfried ein passender Schwiegersohn sei. Jene Kälte hat übrigens dem Herzen der jungen Agnes imponirt, sie geräth plötzlich in eine tiefe unmotivirte Extase, erklärt, eines solchen Halbgotts nicht würdig zu sein u. s. w., worauf die gebüh¬ renden Gegenversichernngen erfolgen. Der Besuch Sidouieus ist schon angedeutet. Gottfried erscheint als Ottfried und gewinnt so großen Beifall, daß ein tieferer Eindruck unvermeidlich ist. Dieser Eindruck ist gegenseitig. Die Verwicklung ist am Ziel: Gottfried ist als Bräu- tigam anerkannt und acceptirt, aber in eine gefährliche Liaison mit der schönen und interessanten Schwester seiner Braut verstrickt. Vierter Act. Es sind einige Wochen vergangen. Der Held, nun ganz wieder Ottfried, trägt einen Schnurrbart, ist nicht abgeneigt, sich wieder auf ein Duell einzulassen, und unterhält ein ziemlich lebhaftes Verhältniß mit Sidonier. Dennoch ist auf heute Abend seine Verlobung mit Agnes angesetzt. Sein Freund Hugo stellt ihm vor, die Sache ginge denn doch ans diese Art nicht, überhaupt habe er sich in seinem theologischen Beruf getäuscht, es biete sich nun eine Aus¬ gleichung. Hugo ist Gesandter an einem mittlern Hof geworden; er braucht einen Gesandtschaftssecretär, der ihm Depeschen schreibt. Sein eigner Styl ist miserabel. — Agnes sitzen lassen? das unschuldige Kind! Nimmermehr! — Geht heftig ab.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/101>, abgerufen am 23.12.2024.