Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.für die Provinz. Gegen die Gesetzvorschläge des großen Staateneongresses hat die Krone zweimaliges Veto. Erwirbt eine Bill in drei aufeinander folgenden Sitzungen des Staatencongrefses die Majorität, so wird sie Gesetz. Die Vortheile dieser staatlichen Organisation sind in die Augen springend, Die Befürchtung, daß die executive Gewalt durch die Proviuziaiverfassung Freilich aber ist eine solche Verfassung nur möglich, wenn auch deu engeren für die Provinz. Gegen die Gesetzvorschläge des großen Staateneongresses hat die Krone zweimaliges Veto. Erwirbt eine Bill in drei aufeinander folgenden Sitzungen des Staatencongrefses die Majorität, so wird sie Gesetz. Die Vortheile dieser staatlichen Organisation sind in die Augen springend, Die Befürchtung, daß die executive Gewalt durch die Proviuziaiverfassung Freilich aber ist eine solche Verfassung nur möglich, wenn auch deu engeren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277471"/> <list> <item> für die Provinz. Gegen die Gesetzvorschläge des großen Staateneongresses hat<lb/> die Krone zweimaliges Veto. Erwirbt eine Bill in drei aufeinander folgenden<lb/> Sitzungen des Staatencongrefses die Majorität, so wird sie Gesetz.</item> </list><lb/> <p xml:id="ID_121"> Die Vortheile dieser staatlichen Organisation sind in die Augen springend,<lb/> die Gefahren derselben nur scheinbar. Zunächst ist dem Kaiserstaat dadurch die<lb/> Möglichkeit gegeben, sich zu einem einigen vernünftigen Staatsleben zu concentri-<lb/> ren. Durch die Formen einer centralisirenden Konstitution werden Einheit und<lb/> Kraft des Ganzen nie gewonnen, nie Unfreie zu Männern gemacht, sondern nur<lb/> dadurch, daß man ihnen die Rechte gibt, sich in ihrer Heimath, in ihren Verhält¬<lb/> nissen, in denen sie Urtheil und Erfahrung haben, selbst zu regieren, nur dadurch,<lb/> daß man die Sondcrinteressen als ein Berechtigtes, Verständiges setzt, ans wel¬<lb/> chem der allgemeine Vortheil als das am höchsten Berechtigte, Vernünftige erkannt<lb/> wird. Ans diesen: Wege kann auch allmälig eine Vereinigung Ungarns und Sie¬<lb/> benbürgens mit den übrigen Landestheilen erreicht werden. Ungarn hat schon<lb/> seine ihm lieb gewordene Verfassung, sie möge ihm unangetastet bleiben. Aber<lb/> Ungarn wird sehr bald die unendlichen Vortheile erkennen, welche ihm aus einer<lb/> organischen Verbindung mit dem Gesammtstaat erwachsen und wird durch Sendung<lb/> von Deputirten dem Staatencongreß einen sehr geringen Theil seiner Svuveränitäts-<lb/> rechte opfern. Die slavischen Königreiche werden auf diesem Wege sämmtlich<lb/> an das östreichische Interesse gefesselt. Ein Separatismus in denselben ist nach<lb/> ihrer provinziellen Organisation um so weniger zu fürchten, da die nächsten un¬<lb/> mittelbaren Folgen einer solchen Cougreßverfassuug, ein Zusammenwachsen der<lb/> Handelsinteressen, des landschaftlichen Credits und gewerblichen Verkehrs sein wer¬<lb/> den. Wie niedrig auch der Bildungszustand des Volkes in einzelnen Theilen<lb/> dieser Länder sein mag, diese Verfassung wird den Vortheil haben, überall volks-<lb/> thümlich zu werden, beschränkte provinzielle Gesichtspunkte werden durch die De¬<lb/> batten des Staatencougresses in vernünftiger und versöhnender Weise überwunden<lb/> werden. Für jede Erwerbung aber, namentlich für den Gewinn vou Bosnien<lb/> und Serbien, liegt in solcher Verfassung Bürgschaft und Fähigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_122"> Die Befürchtung, daß die executive Gewalt durch die Proviuziaiverfassung<lb/> geschwächt werden würde, wird sich als unnütz erweisen. Im Gegentheil, jetzt ist<lb/> sie schwach, ja ohnmächtig, weil sie überall provinzielle Interessen beleidigen muß<lb/> und jedes unberechtigte Gelüst des Einzelnen, sich den Behörden gegenüber hinter<lb/> dem Mantel irgend eines nationalen Gefühls zu verbergen weiß. Fortan kann<lb/> die Regierung sich auf nationale Sympathien stützen, weil sie dieselben geadelt<lb/> ""d auf vernünftige Weise in das Gesammtgebäude eingefügt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_123" next="#ID_124"> Freilich aber ist eine solche Verfassung nur möglich, wenn auch deu engeren<lb/> ' ^sen des staatlichen Lebens Freiheit und Selbstregiment gegeben wird. Gleich-<lb/> ^ dem Gesetz, Aufhebung der Untertänigkeit, eine neue Communalverfas-<lb/> ?ung sind sei^> nothwendigen Grundlagen. Und zum Erwerb dieser Güter kann</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
für die Provinz. Gegen die Gesetzvorschläge des großen Staateneongresses hat
die Krone zweimaliges Veto. Erwirbt eine Bill in drei aufeinander folgenden
Sitzungen des Staatencongrefses die Majorität, so wird sie Gesetz.
Die Vortheile dieser staatlichen Organisation sind in die Augen springend,
die Gefahren derselben nur scheinbar. Zunächst ist dem Kaiserstaat dadurch die
Möglichkeit gegeben, sich zu einem einigen vernünftigen Staatsleben zu concentri-
ren. Durch die Formen einer centralisirenden Konstitution werden Einheit und
Kraft des Ganzen nie gewonnen, nie Unfreie zu Männern gemacht, sondern nur
dadurch, daß man ihnen die Rechte gibt, sich in ihrer Heimath, in ihren Verhält¬
nissen, in denen sie Urtheil und Erfahrung haben, selbst zu regieren, nur dadurch,
daß man die Sondcrinteressen als ein Berechtigtes, Verständiges setzt, ans wel¬
chem der allgemeine Vortheil als das am höchsten Berechtigte, Vernünftige erkannt
wird. Ans diesen: Wege kann auch allmälig eine Vereinigung Ungarns und Sie¬
benbürgens mit den übrigen Landestheilen erreicht werden. Ungarn hat schon
seine ihm lieb gewordene Verfassung, sie möge ihm unangetastet bleiben. Aber
Ungarn wird sehr bald die unendlichen Vortheile erkennen, welche ihm aus einer
organischen Verbindung mit dem Gesammtstaat erwachsen und wird durch Sendung
von Deputirten dem Staatencongreß einen sehr geringen Theil seiner Svuveränitäts-
rechte opfern. Die slavischen Königreiche werden auf diesem Wege sämmtlich
an das östreichische Interesse gefesselt. Ein Separatismus in denselben ist nach
ihrer provinziellen Organisation um so weniger zu fürchten, da die nächsten un¬
mittelbaren Folgen einer solchen Cougreßverfassuug, ein Zusammenwachsen der
Handelsinteressen, des landschaftlichen Credits und gewerblichen Verkehrs sein wer¬
den. Wie niedrig auch der Bildungszustand des Volkes in einzelnen Theilen
dieser Länder sein mag, diese Verfassung wird den Vortheil haben, überall volks-
thümlich zu werden, beschränkte provinzielle Gesichtspunkte werden durch die De¬
batten des Staatencougresses in vernünftiger und versöhnender Weise überwunden
werden. Für jede Erwerbung aber, namentlich für den Gewinn vou Bosnien
und Serbien, liegt in solcher Verfassung Bürgschaft und Fähigkeit.
Die Befürchtung, daß die executive Gewalt durch die Proviuziaiverfassung
geschwächt werden würde, wird sich als unnütz erweisen. Im Gegentheil, jetzt ist
sie schwach, ja ohnmächtig, weil sie überall provinzielle Interessen beleidigen muß
und jedes unberechtigte Gelüst des Einzelnen, sich den Behörden gegenüber hinter
dem Mantel irgend eines nationalen Gefühls zu verbergen weiß. Fortan kann
die Regierung sich auf nationale Sympathien stützen, weil sie dieselben geadelt
""d auf vernünftige Weise in das Gesammtgebäude eingefügt hat.
Freilich aber ist eine solche Verfassung nur möglich, wenn auch deu engeren
' ^sen des staatlichen Lebens Freiheit und Selbstregiment gegeben wird. Gleich-
^ dem Gesetz, Aufhebung der Untertänigkeit, eine neue Communalverfas-
?ung sind sei^> nothwendigen Grundlagen. Und zum Erwerb dieser Güter kann
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