Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.Störungen und Gewaltthätigkeiten hervorruft, hofft man dann, das erzürnte Volk Welche Ausdehnung das Papiergeld neben dem Silber gewinnen dürfe, hängt Störungen und Gewaltthätigkeiten hervorruft, hofft man dann, das erzürnte Volk Welche Ausdehnung das Papiergeld neben dem Silber gewinnen dürfe, hängt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277664"/> <p xml:id="ID_740" prev="#ID_739"> Störungen und Gewaltthätigkeiten hervorruft, hofft man dann, das erzürnte Volk<lb/> werde die Schuld nicht der Negierung zuschieben? Es gab kein gründlicheres<lb/> Mittel, die Pietät der Provinzen zu vernichten, als dies unselige Geldverhältniß.<lb/> Aber was noch ärger ist, gerade der Staat hat die verzweifelte. Lage seiner gro߬<lb/> artigen Bank verschuldet; schon vor der Revolution, damals als Activa und Pas¬<lb/> siva noch mit 242 Million Gulden balaucirten, stand der Schuldenlast von 242<lb/> Million Schulden unter den andern Aktiven ein Guthaben an die leeren Staats¬<lb/> kassen von 70 Millionen gegenüber; und wenn der Staat als Sicherheit dafür<lb/> einen Theil seiner Immobilien, etwa Bergwerke und Salinen, oder selbst deren<lb/> jährliche Revenuen verpfändet hatte, was konnten diese nützen, wenn die Stunde<lb/> kam, wo das Volt einen Banksturin begann, zumal in derselben Stunde auch<lb/> die Werthe und Revenuen dieser Unterpfänder dahinschwanden? Das naive Mittel<lb/> der französischen Revolution aber, die Einlösung des Papiergeldes dadurch in's<lb/> Weite hinauszuschieben, daß man in bestimmten Einlösungsstunden die Silberstücke<lb/> einzeln auf das Brett zählt, läßt vielleicht Zeit gewinnen, macht aber doch den<lb/> Credit verlieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_741" next="#ID_742"> Welche Ausdehnung das Papiergeld neben dem Silber gewinnen dürfe, hängt<lb/> also von der Größe des Vermögens ab, welches der Staat zur schleunigen Reali-<lb/> sirung des Geldzeichens deponiren kann, und hieraus folgt, daß Papiergeld nicht<lb/> dazu dienen kann, den Mangel an mobilem Staatsvermögen zu ersetzen. Wohl<lb/> aber mag es bei vorübergehenden Verlegenheiten, in verhältnißmäßig kleinen<lb/> Massen ausgegeben, leickt und glücklich über bedenkliche Momente forthelfen. Das<lb/> Vertrauen des Volkes beruht dann allerdings ans der Ueberzeugung, daß, wie<lb/> auch die augenblicklichen Realisirungsmittel beschaffen seien, die finanzielle Kraft<lb/> und der Credit des Staates jedenfalls mehr als ausreiche, diese Scheinwerthe<lb/> ohne Schwierigkeit zu decken. Allein selbst solche Fälle dürfen bei einem geord¬<lb/> neten Finanzwesen nur seltene Ausnahmen sein. Im Allgemeinen gelte der Grund¬<lb/> satz, daß eine solide, allseitige und harmonische Entwickelung der Volkskraft am<lb/> ersten da stattfindet, wo die maßgebende Geldeinheit Thaler, Rubel, Fünffrank,<lb/> Dollar, im Metallwerth so zahlreich vorhanden ist, daß sie den Hauptfaktor des<lb/> Verkehrs ausmacht. Allerdings wird die Papiernote um so allgemeiner werden,<lb/> je höher die Handelscultur eines Volkes steigt. Aber das ist nur ein scheinbarer<lb/> Widerspruch, gerade der Handel bedarf am meisten der soliden Grundlage massen¬<lb/> hafter Silberwerthe und die Vermehrung des Papiergeldes rührt nur daher, daß<lb/> der Kaufmann es vorziehen muß, sein Silber geprägt oder in Barren zu deponi¬<lb/> ren und statt des schweren Geldes selbst die leichten transportabeln Zeichen dessel¬<lb/> ben in der Welt nmherzusenden. Wenn England z. B. mit den Noten seiner<lb/> Banken und Cassen bedeckt ist, so fehlen ihm deshalb die Metalle und reellen<lb/> Mobilwerthe nicht, sondern sie sind nur in Bauten u. s. w. deponirt und liegen<lb/> jeder Zeit bereit für den Umtausch. Das weiß jeder Kaufmann, wie kommt es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
Störungen und Gewaltthätigkeiten hervorruft, hofft man dann, das erzürnte Volk
werde die Schuld nicht der Negierung zuschieben? Es gab kein gründlicheres
Mittel, die Pietät der Provinzen zu vernichten, als dies unselige Geldverhältniß.
Aber was noch ärger ist, gerade der Staat hat die verzweifelte. Lage seiner gro߬
artigen Bank verschuldet; schon vor der Revolution, damals als Activa und Pas¬
siva noch mit 242 Million Gulden balaucirten, stand der Schuldenlast von 242
Million Schulden unter den andern Aktiven ein Guthaben an die leeren Staats¬
kassen von 70 Millionen gegenüber; und wenn der Staat als Sicherheit dafür
einen Theil seiner Immobilien, etwa Bergwerke und Salinen, oder selbst deren
jährliche Revenuen verpfändet hatte, was konnten diese nützen, wenn die Stunde
kam, wo das Volt einen Banksturin begann, zumal in derselben Stunde auch
die Werthe und Revenuen dieser Unterpfänder dahinschwanden? Das naive Mittel
der französischen Revolution aber, die Einlösung des Papiergeldes dadurch in's
Weite hinauszuschieben, daß man in bestimmten Einlösungsstunden die Silberstücke
einzeln auf das Brett zählt, läßt vielleicht Zeit gewinnen, macht aber doch den
Credit verlieren.
Welche Ausdehnung das Papiergeld neben dem Silber gewinnen dürfe, hängt
also von der Größe des Vermögens ab, welches der Staat zur schleunigen Reali-
sirung des Geldzeichens deponiren kann, und hieraus folgt, daß Papiergeld nicht
dazu dienen kann, den Mangel an mobilem Staatsvermögen zu ersetzen. Wohl
aber mag es bei vorübergehenden Verlegenheiten, in verhältnißmäßig kleinen
Massen ausgegeben, leickt und glücklich über bedenkliche Momente forthelfen. Das
Vertrauen des Volkes beruht dann allerdings ans der Ueberzeugung, daß, wie
auch die augenblicklichen Realisirungsmittel beschaffen seien, die finanzielle Kraft
und der Credit des Staates jedenfalls mehr als ausreiche, diese Scheinwerthe
ohne Schwierigkeit zu decken. Allein selbst solche Fälle dürfen bei einem geord¬
neten Finanzwesen nur seltene Ausnahmen sein. Im Allgemeinen gelte der Grund¬
satz, daß eine solide, allseitige und harmonische Entwickelung der Volkskraft am
ersten da stattfindet, wo die maßgebende Geldeinheit Thaler, Rubel, Fünffrank,
Dollar, im Metallwerth so zahlreich vorhanden ist, daß sie den Hauptfaktor des
Verkehrs ausmacht. Allerdings wird die Papiernote um so allgemeiner werden,
je höher die Handelscultur eines Volkes steigt. Aber das ist nur ein scheinbarer
Widerspruch, gerade der Handel bedarf am meisten der soliden Grundlage massen¬
hafter Silberwerthe und die Vermehrung des Papiergeldes rührt nur daher, daß
der Kaufmann es vorziehen muß, sein Silber geprägt oder in Barren zu deponi¬
ren und statt des schweren Geldes selbst die leichten transportabeln Zeichen dessel¬
ben in der Welt nmherzusenden. Wenn England z. B. mit den Noten seiner
Banken und Cassen bedeckt ist, so fehlen ihm deshalb die Metalle und reellen
Mobilwerthe nicht, sondern sie sind nur in Bauten u. s. w. deponirt und liegen
jeder Zeit bereit für den Umtausch. Das weiß jeder Kaufmann, wie kommt es
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |