Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.Sie wird sich die höflich ironische Abfertigung, die in der Proklamation des Kö¬ Man mißverstehe mich nicht, als ob ich dem Preußenthum das Wort reden Wenn die östreichischen Deputirten zu Frankfurt Hand in Hand gehen mit Vor Allem aber die unglückselige Idee, nach Art der alten Dynastien, dem Was ist das Reich? Alles, wenn es die vernünftige Einheit der deutscheu 5 5. *) Natürlich mit Ausnahme ehrenwerther Zeitungen, wie die "D eutsche Zeitung." 27*
Sie wird sich die höflich ironische Abfertigung, die in der Proklamation des Kö¬ Man mißverstehe mich nicht, als ob ich dem Preußenthum das Wort reden Wenn die östreichischen Deputirten zu Frankfurt Hand in Hand gehen mit Vor Allem aber die unglückselige Idee, nach Art der alten Dynastien, dem Was ist das Reich? Alles, wenn es die vernünftige Einheit der deutscheu 5 5. *) Natürlich mit Ausnahme ehrenwerther Zeitungen, wie die „D eutsche Zeitung." 27*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277645"/> <p xml:id="ID_679" prev="#ID_678"> Sie wird sich die höflich ironische Abfertigung, die in der Proklamation des Kö¬<lb/> nigs, wie in der Erklärung des Ministers v. Auerswald liegt, gefallen lassen<lb/> müssen, denn weder die preußischen, noch die östreichischen Deputaten in Frankfurt<lb/> werden sich dazu hergeben, Preußen zu „zermalmen," wie man Hannover „zer¬<lb/> malmt" hat, wie man im Begriff ist, Niederland zu „zermalmen."</p><lb/> <p xml:id="ID_680"> Man mißverstehe mich nicht, als ob ich dem Preußenthum das Wort reden<lb/> wollte, das gerade so vernünftig oder unvernünftig ist, als der Adelstolz. Wären<lb/> die Preußen vernünftig, so ließen sie den 6. August ihre Truppen nicht ein drei¬<lb/> maliges Hurrah, sondern ein sechsmaliges bringen. Sie haben dabei nichts zu<lb/> verlieren - ein Eid hebt ja den andern nicht aus und sie geben Deutschland<lb/> ein gutes Beispiel. Aber eben so muß man sagen, daß die Centralgewalt so ver¬<lb/> nünftig sein sollte, Gefühle zu schonen, die, in die richtige Bahn gelenkt, nur<lb/> ihr zu Gute kommeu. Daß diese Gefühle in der That fortwährend verletzt wer¬<lb/> den, wird keiner läugnen, der ein beliebiges deutsches Blatt") ausschlägt und darin<lb/> geradezu die Absicht, den preußischen Hochmuth zu demüthigen, ausgesprochen findet.<lb/> Wenn dann die ironische Phrase hinzukommt: Preußen solle doch alles thun, die<lb/> Macht der Centralgewalt zu stärken, denn bei der definitiven Regulirung falle sie<lb/> ihm doch zu , so ist das eine neue Beleidigung.</p><lb/> <p xml:id="ID_681"> Wenn die östreichischen Deputirten zu Frankfurt Hand in Hand gehen mit<lb/> ihren heimischen Ständen und ihrer, im Sinn dieser Stände handelnden Regie¬<lb/> rung ; wenn die preußischen Deputirten zu Frankfurt — die jetzt in Herrn Camp¬<lb/> hausen einen sehr passenden Vermittler haben — dasselbe thun, wenn die Central¬<lb/> gewalt im richtigen Gleichgewicht der Staaten, in dem klugen Eingehen ans den<lb/> Egoismus, so weit er sich mit dem Wohl des Ganzen verträgt, ihre bis dahin<lb/> nur formelle Macht realisirt - dann steht dem Gedeihen des Reichs kein Hinder¬<lb/> niß im Weg. Nur die Unklugheit und die Uebereilung seiner Anhänger kann ihm<lb/> Schaden bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_682"> Vor Allem aber die unglückselige Idee, nach Art der alten Dynastien, dem<lb/> neuen Kaiserthum eine Hausmacht zu gründen! Eine Idee, die zwar noch nicht<lb/> klar ausgesprochen ist, die aber andeutungsweise oft genug erwähnt wird. Wollte<lb/> mau nicht Hannover sofort zu Gunsten „des Reichs" sequestriren, als König Ernst<lb/> August ein Paar ärgerliche Worte fallen ließ? will man nicht die» Thüringischen<lb/> Fürsten zu Gunsten „des Reichs" mediatisiren? Auch vou der preußischen Rhein¬<lb/> provinz ist schon die Rede gewesen! Dann hätten wir die Geschichte von 1273<lb/> in neuer Auflage; eine Hausmacht neben der andern, die Duodez-Dynastien ver¬<lb/> wandelt, aber wo möglich noch vermehrt!</p><lb/> <p xml:id="ID_683"> Was ist das Reich? Alles, wenn es die vernünftige Einheit der deutscheu<lb/> Staaten bildet. Nichts, wenn es sich als ein außerhalb ihrer stehendes betrachtet.</p><lb/> <note type="byline"> 5 5.</note><lb/> <note xml:id="FID_18" place="foot"> *) Natürlich mit Ausnahme ehrenwerther Zeitungen, wie die „D eutsche Zeitung."</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 27*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0215]
Sie wird sich die höflich ironische Abfertigung, die in der Proklamation des Kö¬
nigs, wie in der Erklärung des Ministers v. Auerswald liegt, gefallen lassen
müssen, denn weder die preußischen, noch die östreichischen Deputaten in Frankfurt
werden sich dazu hergeben, Preußen zu „zermalmen," wie man Hannover „zer¬
malmt" hat, wie man im Begriff ist, Niederland zu „zermalmen."
Man mißverstehe mich nicht, als ob ich dem Preußenthum das Wort reden
wollte, das gerade so vernünftig oder unvernünftig ist, als der Adelstolz. Wären
die Preußen vernünftig, so ließen sie den 6. August ihre Truppen nicht ein drei¬
maliges Hurrah, sondern ein sechsmaliges bringen. Sie haben dabei nichts zu
verlieren - ein Eid hebt ja den andern nicht aus und sie geben Deutschland
ein gutes Beispiel. Aber eben so muß man sagen, daß die Centralgewalt so ver¬
nünftig sein sollte, Gefühle zu schonen, die, in die richtige Bahn gelenkt, nur
ihr zu Gute kommeu. Daß diese Gefühle in der That fortwährend verletzt wer¬
den, wird keiner läugnen, der ein beliebiges deutsches Blatt") ausschlägt und darin
geradezu die Absicht, den preußischen Hochmuth zu demüthigen, ausgesprochen findet.
Wenn dann die ironische Phrase hinzukommt: Preußen solle doch alles thun, die
Macht der Centralgewalt zu stärken, denn bei der definitiven Regulirung falle sie
ihm doch zu , so ist das eine neue Beleidigung.
Wenn die östreichischen Deputirten zu Frankfurt Hand in Hand gehen mit
ihren heimischen Ständen und ihrer, im Sinn dieser Stände handelnden Regie¬
rung ; wenn die preußischen Deputirten zu Frankfurt — die jetzt in Herrn Camp¬
hausen einen sehr passenden Vermittler haben — dasselbe thun, wenn die Central¬
gewalt im richtigen Gleichgewicht der Staaten, in dem klugen Eingehen ans den
Egoismus, so weit er sich mit dem Wohl des Ganzen verträgt, ihre bis dahin
nur formelle Macht realisirt - dann steht dem Gedeihen des Reichs kein Hinder¬
niß im Weg. Nur die Unklugheit und die Uebereilung seiner Anhänger kann ihm
Schaden bringen.
Vor Allem aber die unglückselige Idee, nach Art der alten Dynastien, dem
neuen Kaiserthum eine Hausmacht zu gründen! Eine Idee, die zwar noch nicht
klar ausgesprochen ist, die aber andeutungsweise oft genug erwähnt wird. Wollte
mau nicht Hannover sofort zu Gunsten „des Reichs" sequestriren, als König Ernst
August ein Paar ärgerliche Worte fallen ließ? will man nicht die» Thüringischen
Fürsten zu Gunsten „des Reichs" mediatisiren? Auch vou der preußischen Rhein¬
provinz ist schon die Rede gewesen! Dann hätten wir die Geschichte von 1273
in neuer Auflage; eine Hausmacht neben der andern, die Duodez-Dynastien ver¬
wandelt, aber wo möglich noch vermehrt!
Was ist das Reich? Alles, wenn es die vernünftige Einheit der deutscheu
Staaten bildet. Nichts, wenn es sich als ein außerhalb ihrer stehendes betrachtet.
5 5.
*) Natürlich mit Ausnahme ehrenwerther Zeitungen, wie die „D eutsche Zeitung."
27*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |