Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.zen findet man hier jedoch eine weit größere Anhänglichkeit an den Herzog von Ans der Einsamkeit unseres Dorfes war ich hente nach Hadersleben gefahren, zen findet man hier jedoch eine weit größere Anhänglichkeit an den Herzog von Ans der Einsamkeit unseres Dorfes war ich hente nach Hadersleben gefahren, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277548"/> <p xml:id="ID_367" prev="#ID_366"> zen findet man hier jedoch eine weit größere Anhänglichkeit an den Herzog von<lb/> Augustenburg, wie in den übrigen Theilen der Herzogthümer, wo ganz anders,<lb/> als man im Auslande glaubt, die öffentliche Meinung sich entschieden gegen ihn<lb/> ausspricht, hauptsächlich in Folge seines oft harten und geldgierigen Benehmens<lb/> auf seinen Besitzungen auf Alsen. Dort vor Allem ist man gegen ihn erbittert<lb/> und diese Verhältnisse find mit ein Hauptgrund, daß sich Alsen so entschieden an<lb/> Dänemark anschloß, obgleich eine deutsche Insel. Eben so allgemein ist aber auch<lb/> die öffentliche Meinung fast überall gegen eine Personalunion und die Idee, den<lb/> Prinzen Ferdinand, Oheim des Königs und legitimen Thronfolger, schon jetzt zum<lb/> Herzog zu machen, findet anch wenig Eingang, da man von diesem Fürsien nur<lb/> weiß, daß er ein alter ganz haltnngsloser Spieler und Verschwender ist. So ist<lb/> Schleswig-Holstein dahin gekommen, daß, obgleich republikanische Ideen hier noch<lb/> durchaus nicht Platz gegriffen haben, man doch, ganz verschieden vom übrigen<lb/> Deutschland, keinen passenden Fürsten bekommen kann. Meinte man doch sogar<lb/> mal, man solle Gagern zum deutscheu Kaiser wählen und ihm Schleswig-Holstein<lb/> als Hausmacht geben! Uebrigens hat man sich hier über die Zukunft des Landes<lb/> und die möglichen Friedensbedingungen noch gar keine allgemeine Idee gebildet.<lb/> Der Krieg mit seinen naheliegenden Forderungen absorbirt Alles.</p><lb/> <p xml:id="ID_368" next="#ID_369"> Ans der Einsamkeit unseres Dorfes war ich hente nach Hadersleben gefahren,<lb/> um dort mancherlei Geschäfte zu besorgen. Unterwegs begegneten mir schon große<lb/> Wagenzüge mit Magazinen, von preußischen Knrassiren, die ich oben in Jütland<lb/> wähnte, escortirt und bald anch kleine Abtheilungen der Garden, die Quartier<lb/> zu machen schienen. Noch verwundert über diese Maßregel komme ich in Haders¬<lb/> leben an, wo auch mehr Truppen als gewöhnlich sind, und noch bin ich nicht aus¬<lb/> gestiegen, als mich schon ganz unbekannte Menschen anreden, fragen, ob wir noch<lb/> keinen Befehl zum Rückmarsch hätten, was die Gründe dieses allgemeinen, plötz¬<lb/> lichen Rückzugs sei, erzählen mir, wie die dänische Partei schon aufjubele, wie<lb/> die Deutschen sich vor dem Hohnlache» dieser wenigen und ihrer eigenen Beschä¬<lb/> mung mitten im dentschen Heere kaum öffentlich sehen lassen könnten, wie schon<lb/> jeder ängstlich seine deutsche Fahne eingezogen habe, um nicht nach Abzug aller<lb/> Truppen dem dänischen Pöbel in die Hände zu fallen n. tgi. mehr. In jedem<lb/> Laden, in den ich kam, wiederholten sich diese Berichte, überall erzählte man mir,<lb/> daß man schon Alles, was man transportiren könne, einpacke und schon fortreisen<lb/> wolle, daß man die Schmach nicht ertragen könne, daß Dänen die Stadt wieder<lb/> betreten, sich für Jütlands Occupation hier rächen würden. Vergebens suchte<lb/> ich zu beruhigen, suchte es als eine militärische List oder dergleichen darzustellen<lb/> und eilte dann, selbst durch diese Nachrichten erschreckt und beschämt, dahin, wo<lb/> ich am ersten sichere Nachricht und Ausklärung zu bekommen hoffte. Allein mir-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
zen findet man hier jedoch eine weit größere Anhänglichkeit an den Herzog von
Augustenburg, wie in den übrigen Theilen der Herzogthümer, wo ganz anders,
als man im Auslande glaubt, die öffentliche Meinung sich entschieden gegen ihn
ausspricht, hauptsächlich in Folge seines oft harten und geldgierigen Benehmens
auf seinen Besitzungen auf Alsen. Dort vor Allem ist man gegen ihn erbittert
und diese Verhältnisse find mit ein Hauptgrund, daß sich Alsen so entschieden an
Dänemark anschloß, obgleich eine deutsche Insel. Eben so allgemein ist aber auch
die öffentliche Meinung fast überall gegen eine Personalunion und die Idee, den
Prinzen Ferdinand, Oheim des Königs und legitimen Thronfolger, schon jetzt zum
Herzog zu machen, findet anch wenig Eingang, da man von diesem Fürsien nur
weiß, daß er ein alter ganz haltnngsloser Spieler und Verschwender ist. So ist
Schleswig-Holstein dahin gekommen, daß, obgleich republikanische Ideen hier noch
durchaus nicht Platz gegriffen haben, man doch, ganz verschieden vom übrigen
Deutschland, keinen passenden Fürsten bekommen kann. Meinte man doch sogar
mal, man solle Gagern zum deutscheu Kaiser wählen und ihm Schleswig-Holstein
als Hausmacht geben! Uebrigens hat man sich hier über die Zukunft des Landes
und die möglichen Friedensbedingungen noch gar keine allgemeine Idee gebildet.
Der Krieg mit seinen naheliegenden Forderungen absorbirt Alles.
Ans der Einsamkeit unseres Dorfes war ich hente nach Hadersleben gefahren,
um dort mancherlei Geschäfte zu besorgen. Unterwegs begegneten mir schon große
Wagenzüge mit Magazinen, von preußischen Knrassiren, die ich oben in Jütland
wähnte, escortirt und bald anch kleine Abtheilungen der Garden, die Quartier
zu machen schienen. Noch verwundert über diese Maßregel komme ich in Haders¬
leben an, wo auch mehr Truppen als gewöhnlich sind, und noch bin ich nicht aus¬
gestiegen, als mich schon ganz unbekannte Menschen anreden, fragen, ob wir noch
keinen Befehl zum Rückmarsch hätten, was die Gründe dieses allgemeinen, plötz¬
lichen Rückzugs sei, erzählen mir, wie die dänische Partei schon aufjubele, wie
die Deutschen sich vor dem Hohnlache» dieser wenigen und ihrer eigenen Beschä¬
mung mitten im dentschen Heere kaum öffentlich sehen lassen könnten, wie schon
jeder ängstlich seine deutsche Fahne eingezogen habe, um nicht nach Abzug aller
Truppen dem dänischen Pöbel in die Hände zu fallen n. tgi. mehr. In jedem
Laden, in den ich kam, wiederholten sich diese Berichte, überall erzählte man mir,
daß man schon Alles, was man transportiren könne, einpacke und schon fortreisen
wolle, daß man die Schmach nicht ertragen könne, daß Dänen die Stadt wieder
betreten, sich für Jütlands Occupation hier rächen würden. Vergebens suchte
ich zu beruhigen, suchte es als eine militärische List oder dergleichen darzustellen
und eilte dann, selbst durch diese Nachrichten erschreckt und beschämt, dahin, wo
ich am ersten sichere Nachricht und Ausklärung zu bekommen hoffte. Allein mir-
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