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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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können uns noch retten. Im Interesse dieses Friedens will ich meinen Antrag
stellen. Der heil. Stephan sagte seinem Sohne: glücklich das Land, wo viele
Nationalitäten sind. Dieser Rath, welchen unsere Vorfahren befolgten, lastet auf
uns wie ein drückender Fluch, denn die Völkerschaften sind gegen einander erbit¬
tert. Daran müssen wir um jeden Preis Einigkeit vermitteln. -- Es gibt meh¬
rere Wege, wodurch die Nation vor der Gesahr verschlungen zu werden, gerettet
werden kann. Erstens: Gewalt; allein um diese mit Erfolg in Anwendung zu
bringen, ist eine sehr große Stärke erforderlich: denn die Menschen scheiden lie¬
ber von dem Leben, als von ihrer Sprache. Und es ist schon zu Ende, jenes
Zeitalter der Gewalt, wo z. B. in den deutschen Provinzen die Slawen mit
Schwert und Feuer ausgerottet wurden. Darum müssen wir auch den gelindesten
Schein von Gewaltthätigkeit vermeiden. Zweitens: die Verschmelzung; dazu sind
aber große Cultur, ungeheurer Reichthum und besondere Eigenschaften erforderlich.
Dies ermangelt uns, denn wir waren nicht im Stande, seit so langen Zeiten an¬
dere Nationalitäten mit uns zu verschmelzen; ja im Gegentheil, es haben sich in
der Länge der Zeit viele ungarische Familien entmagyarisirt. Es bleibt uns also
nur der dritte Weg übrig, nämlich die andern Nationalitäten herzlich an uns zu
knüpfen-, mit ihnen uns zu vereinigen, sie als Geschwister zu umarmen, und sie,
die Kinder der gemeinschaftlichen Konstitution, aller Rechte theilhaftig werden zu
lassen. Allein es ist ein Recht, welches in einem Lande unter mehrern Völker¬
schaften nur eine ausüben kann, nämlich die amtliche Sprache, und dies kann
nur jene sein, welche dem Lande den Namen gab und durch den Eid des Fürsten
als diplomatisch gesichert ist. Diese kann also nicht getheilt werden, denn die
Theilung könnte nur so entschieden werden, wenn das Schwert in die Wagschale
geworfen wird. Alle übrigen Rechte müssen gemeinschaftlich getheilt werden. Und
wir sind in dieser Vertheiluug bisher gerecht verfahren öd. Wir haben uns selbst
unserer Rechte beraubt, um sie an die Entbehrenden zu übertragen. Die privi-
legirte ungarische Gesetzgebung hat diese Rechte den Deutschen, Slaven, Wa-
lachen ertheilt. Sticht etwa darum, weil dieser oder jener ein Ungar, sondern
weil er Mensch und Mitbürger ist, genießt er diese Rechte. Und doch hat man
das gemeine Volk irre geleitet und ihm glauben gemacht, daß diese Concessionen
der Kaiser allein ertheilte. Dies ist das nachtheiligste und Traurigste für
uns. Wir haben Mark und Bein, Kraft und Nerven hergegeben, um Menschen
zu erschaffen, um Millionen zu Bürgern zu machen; allein die Millionen sind uns
fern geblieben; und wir haben uns geschwächt. Die intriganten Volksverführer
haben Kroaten und Raizen, Sachsen und Walachen überredet, daß wir ihre Sprache
beeinträchtigen wollen. Uebrigens haben diese Völkerschaften weder zu Besorgnis¬
sen noch zu Klagen Ursache gehabt (??). Die Rechte der Sachsen hatten sich auf
Privilegien gegründet, waren aber durch kein Gesetz, durch keine Konstitution ge¬
sichert. Das neue System hat hingegen die Rechte und Freiheiten aller Volk er


können uns noch retten. Im Interesse dieses Friedens will ich meinen Antrag
stellen. Der heil. Stephan sagte seinem Sohne: glücklich das Land, wo viele
Nationalitäten sind. Dieser Rath, welchen unsere Vorfahren befolgten, lastet auf
uns wie ein drückender Fluch, denn die Völkerschaften sind gegen einander erbit¬
tert. Daran müssen wir um jeden Preis Einigkeit vermitteln. — Es gibt meh¬
rere Wege, wodurch die Nation vor der Gesahr verschlungen zu werden, gerettet
werden kann. Erstens: Gewalt; allein um diese mit Erfolg in Anwendung zu
bringen, ist eine sehr große Stärke erforderlich: denn die Menschen scheiden lie¬
ber von dem Leben, als von ihrer Sprache. Und es ist schon zu Ende, jenes
Zeitalter der Gewalt, wo z. B. in den deutschen Provinzen die Slawen mit
Schwert und Feuer ausgerottet wurden. Darum müssen wir auch den gelindesten
Schein von Gewaltthätigkeit vermeiden. Zweitens: die Verschmelzung; dazu sind
aber große Cultur, ungeheurer Reichthum und besondere Eigenschaften erforderlich.
Dies ermangelt uns, denn wir waren nicht im Stande, seit so langen Zeiten an¬
dere Nationalitäten mit uns zu verschmelzen; ja im Gegentheil, es haben sich in
der Länge der Zeit viele ungarische Familien entmagyarisirt. Es bleibt uns also
nur der dritte Weg übrig, nämlich die andern Nationalitäten herzlich an uns zu
knüpfen-, mit ihnen uns zu vereinigen, sie als Geschwister zu umarmen, und sie,
die Kinder der gemeinschaftlichen Konstitution, aller Rechte theilhaftig werden zu
lassen. Allein es ist ein Recht, welches in einem Lande unter mehrern Völker¬
schaften nur eine ausüben kann, nämlich die amtliche Sprache, und dies kann
nur jene sein, welche dem Lande den Namen gab und durch den Eid des Fürsten
als diplomatisch gesichert ist. Diese kann also nicht getheilt werden, denn die
Theilung könnte nur so entschieden werden, wenn das Schwert in die Wagschale
geworfen wird. Alle übrigen Rechte müssen gemeinschaftlich getheilt werden. Und
wir sind in dieser Vertheiluug bisher gerecht verfahren öd. Wir haben uns selbst
unserer Rechte beraubt, um sie an die Entbehrenden zu übertragen. Die privi-
legirte ungarische Gesetzgebung hat diese Rechte den Deutschen, Slaven, Wa-
lachen ertheilt. Sticht etwa darum, weil dieser oder jener ein Ungar, sondern
weil er Mensch und Mitbürger ist, genießt er diese Rechte. Und doch hat man
das gemeine Volk irre geleitet und ihm glauben gemacht, daß diese Concessionen
der Kaiser allein ertheilte. Dies ist das nachtheiligste und Traurigste für
uns. Wir haben Mark und Bein, Kraft und Nerven hergegeben, um Menschen
zu erschaffen, um Millionen zu Bürgern zu machen; allein die Millionen sind uns
fern geblieben; und wir haben uns geschwächt. Die intriganten Volksverführer
haben Kroaten und Raizen, Sachsen und Walachen überredet, daß wir ihre Sprache
beeinträchtigen wollen. Uebrigens haben diese Völkerschaften weder zu Besorgnis¬
sen noch zu Klagen Ursache gehabt (??). Die Rechte der Sachsen hatten sich auf
Privilegien gegründet, waren aber durch kein Gesetz, durch keine Konstitution ge¬
sichert. Das neue System hat hingegen die Rechte und Freiheiten aller Volk er


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/465>, abgerufen am 27.12.2024.