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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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dung des Kommissär" den Wunsch der Pforte in Verbindung bringen, bei der Wahl
des neuen constitutionellen Fürsten einen sich günstigen Einfluß zu üben, lauten Andere
dahin, daß die Pforte durch Rußland genöthigt, die Herstellung des Se-rtus-imo-into
in der Walachei begehre, weichem Gerüchte die Truppenzusammenzichunzen auf der
türkischen Seite der Donau einigen Halt bieten, während wieder andere beides da"
hin erklären, daß die Pforte die Absichten Rußlands gegenwärtig schon unter irgend
einem Vorwande, die Fürstenthümer militärisch zu besetzen und bleibend inne zu
halten, erkennend, sich zu einem Vertheidigungskriege mit dieser Macht rüste.

So steht gegenwärtig die Sachlage in den Fürstenthümern, und nur noch der
Umstand dürste bei einer Würdigung der dortigen Verhältnisse nicht übersehen werden,
daß das ganze Land, so unbedeutend auch seine Vertheidigungskräfte gegen Rußland
Wären, entschlossen ist, den möglichen verzweifelten Widerstand für seine Freiheit im
Innern und für seine Unabhängigkeit von Nußland zu unternehmen; aber gleichwohl
jede" andere Verhältniß bereitwillig einzugehen, wodurch sein Rechtszustand geordnet
und die Befürchtung der endlichen Unterjochung durch Rußland gehoben würde.

E" kann wohl such Niemandem entgangen sein, wie sehr Deutschland, nebst dem
allgemeinen, mit allen Mächten Europas gleichem Interesse, Rußlands Erweiterung
nach dem Süden Europas nicht zuzugeben, noch ein besonderes Interesse an den Ver¬
hältnissen der untern Donauländer hat, und es dürfte nicht nur überhaupt ein gün¬
stiger Zeitpunkt zur Wahrnehmung der Interessen Deutschlands daselbst gerade jetzt,
wo die Fürstenthümer zu jedem Arrangement willig die Hand bieten, wenn es sie nur
der Russenherrschaft entzieht, gekommen sein, sondern sogar Gefahr am Verzüge schwe¬
ben, in so fern in Kurzem die russische Politik, ihrer Erfolge sicher, jedes weitere Ein¬
greifen unmöglich oder doch äußerst schwierig machen könnte.

Die Fürstenthümer dürsten sogar nicht abgeneigt sein, wenn die italienische Frage
eine Territorial-Aenderung Oestreichs nothwendig machen sollte, einen innigen staats¬
rechtlichen Verband untereinander, und einen weiteren staatsrechtlichen Verband mit
Oestreich, unter Fürsten aus diesem Hause und unter dem Schutze des deutschen Reich"
bereitwilligst einzugehen. Jedenfalls hoffen sie jetzt mehr von Deutschland als von
Frankreich.


D. D.


57*

dung des Kommissär« den Wunsch der Pforte in Verbindung bringen, bei der Wahl
des neuen constitutionellen Fürsten einen sich günstigen Einfluß zu üben, lauten Andere
dahin, daß die Pforte durch Rußland genöthigt, die Herstellung des Se-rtus-imo-into
in der Walachei begehre, weichem Gerüchte die Truppenzusammenzichunzen auf der
türkischen Seite der Donau einigen Halt bieten, während wieder andere beides da»
hin erklären, daß die Pforte die Absichten Rußlands gegenwärtig schon unter irgend
einem Vorwande, die Fürstenthümer militärisch zu besetzen und bleibend inne zu
halten, erkennend, sich zu einem Vertheidigungskriege mit dieser Macht rüste.

So steht gegenwärtig die Sachlage in den Fürstenthümern, und nur noch der
Umstand dürste bei einer Würdigung der dortigen Verhältnisse nicht übersehen werden,
daß das ganze Land, so unbedeutend auch seine Vertheidigungskräfte gegen Rußland
Wären, entschlossen ist, den möglichen verzweifelten Widerstand für seine Freiheit im
Innern und für seine Unabhängigkeit von Nußland zu unternehmen; aber gleichwohl
jede» andere Verhältniß bereitwillig einzugehen, wodurch sein Rechtszustand geordnet
und die Befürchtung der endlichen Unterjochung durch Rußland gehoben würde.

E« kann wohl such Niemandem entgangen sein, wie sehr Deutschland, nebst dem
allgemeinen, mit allen Mächten Europas gleichem Interesse, Rußlands Erweiterung
nach dem Süden Europas nicht zuzugeben, noch ein besonderes Interesse an den Ver¬
hältnissen der untern Donauländer hat, und es dürfte nicht nur überhaupt ein gün¬
stiger Zeitpunkt zur Wahrnehmung der Interessen Deutschlands daselbst gerade jetzt,
wo die Fürstenthümer zu jedem Arrangement willig die Hand bieten, wenn es sie nur
der Russenherrschaft entzieht, gekommen sein, sondern sogar Gefahr am Verzüge schwe¬
ben, in so fern in Kurzem die russische Politik, ihrer Erfolge sicher, jedes weitere Ein¬
greifen unmöglich oder doch äußerst schwierig machen könnte.

Die Fürstenthümer dürsten sogar nicht abgeneigt sein, wenn die italienische Frage
eine Territorial-Aenderung Oestreichs nothwendig machen sollte, einen innigen staats¬
rechtlichen Verband untereinander, und einen weiteren staatsrechtlichen Verband mit
Oestreich, unter Fürsten aus diesem Hause und unter dem Schutze des deutschen Reich«
bereitwilligst einzugehen. Jedenfalls hoffen sie jetzt mehr von Deutschland als von
Frankreich.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/455>, abgerufen am 22.07.2024.