Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.Triebe des Staatslebens sich entwickeln sollen: frisch an'S Werk! Zeigen Sie z. Julia" Schmidt an Bernhard Lritdmann. Spät kommt ihr, doch -- ihr kommt! Der weite Weg, Also, mein lieber Friedmann -- Sie haben wohl nichts dagegen, wenn Doch laßt die Todten ruhn; was geschehn, ist nicht zu ändern. Nur Eines Triebe des Staatslebens sich entwickeln sollen: frisch an'S Werk! Zeigen Sie z. Julia» Schmidt an Bernhard Lritdmann. Spät kommt ihr, doch — ihr kommt! Der weite Weg, Also, mein lieber Friedmann — Sie haben wohl nichts dagegen, wenn Doch laßt die Todten ruhn; was geschehn, ist nicht zu ändern. Nur Eines <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277197"/> <p xml:id="ID_1353" prev="#ID_1352"> Triebe des Staatslebens sich entwickeln sollen: frisch an'S Werk! Zeigen Sie<lb/> und Ihre Freunde, daß es den Konservativen um das materielle Wohl und die<lb/> geistige Bildung des Volkes eben so theurer Ernst ist, als ihnen die Bemühungen<lb/> der Radikalen in dieser Beziehung lächerlich erschienen sind. Die große Masse,<lb/> jene fauststarke Majorität, an welche die schwachen parlamentarischen Minoritäten<lb/> in jüngster Zeit so oft appellirt haben, besitzt einen natürlichen Instinkt für das<lb/> Wahre und Haltbare. Geben Sie diesem Instinkte eine derbe hausbackene Nahrung,<lb/> sättigen Sie ihn mit jenem Geiste der individuellen Freiheit und Gesetzlichkeit, wie er<lb/> in England, in Amerika und der Schweiz herrscht, — dann werden alle Spiegel¬<lb/> fechtereien der modernen Volkshelden an dem gesunden Sinne und an den kräftigen<lb/> Fäusten des souveränen Volkes scheitern müssen. Ihnen, werther Freund, und<lb/> ihren politischen Genossen sind die Errungenschaften der Gegenwart zur Wahrung<lb/> und praktischen Durchführung anvertraut. Den jungen Radicalismus werden Sie<lb/> aus die Errungenschaften der Zukunft verweisen — in Hoffnungen, Plänen, Be¬<lb/> strebungen für eine neue Produktion der Volks- und Staatskräfte mag er Befrie¬<lb/> digung suchen. Ein schwacher Trost für feurige Herzen — aber doch immer ein<lb/> Trost, aus welchem junge empfängliche Seelen die Kraft und den männlichen<lb/> Muth für „eine Politik der Zukunft" schöpfen können.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> z.<lb/> Julia» Schmidt an Bernhard Lritdmann.</head><lb/> <quote type="epigraph"> Spät kommt ihr, doch — ihr kommt! Der weite Weg,<lb/> Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1354"> Also, mein lieber Friedmann — Sie haben wohl nichts dagegen, wenn<lb/> ich sür Rößler eintrete, da es sich hier nicht um Person gegen Person, son¬<lb/> dern um Partei gegen Partei handelt — also Sie waren schon bekehrt, als wir<lb/> jenen Bekehrungsversuch an Ihnen unternahmen. Sie sahen das Verkehrte der<lb/> Bewegungen, deren letztes, nothwendiges Resultat die Revolution vom 6. Okto¬<lb/> ber mit ihren Accidentien war, vollkommen ein. Warum haben Sie nicht ver¬<lb/> sucht, Ihrerseits die Wiener zu bekehren? Als Gerant eines politischen Blattes,<lb/> das in mehr als 16,000 Exemplaren verbreitet war, mußte Ihnen das doch wohl<lb/> möglich sein. Täuschen Sie Sich auch nicht, Friedmann? Ist es nicht eine Aw<lb/> ticipation der Empfindungen, die sich gegenwärtig Ihrer bemächtigt haben? Hat<lb/> man denn das Räsonnement des Katzenjammers schon während des Rausches?</p><lb/> <p xml:id="ID_1355" next="#ID_1356"> Doch laßt die Todten ruhn; was geschehn, ist nicht zu ändern. Nur Eines<lb/> muß ich bemerken. Sie behaupten, die Bedingungen des Fürsten Windischgrätz<lb/> hätten aller Menschenwürde Hohn gesprochen und die Wiener hätten sie daher nicht<lb/> annehmen können. Freund! die Zeit der Phrasen ist vorüber. Mit einem Bon-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0441]
Triebe des Staatslebens sich entwickeln sollen: frisch an'S Werk! Zeigen Sie
und Ihre Freunde, daß es den Konservativen um das materielle Wohl und die
geistige Bildung des Volkes eben so theurer Ernst ist, als ihnen die Bemühungen
der Radikalen in dieser Beziehung lächerlich erschienen sind. Die große Masse,
jene fauststarke Majorität, an welche die schwachen parlamentarischen Minoritäten
in jüngster Zeit so oft appellirt haben, besitzt einen natürlichen Instinkt für das
Wahre und Haltbare. Geben Sie diesem Instinkte eine derbe hausbackene Nahrung,
sättigen Sie ihn mit jenem Geiste der individuellen Freiheit und Gesetzlichkeit, wie er
in England, in Amerika und der Schweiz herrscht, — dann werden alle Spiegel¬
fechtereien der modernen Volkshelden an dem gesunden Sinne und an den kräftigen
Fäusten des souveränen Volkes scheitern müssen. Ihnen, werther Freund, und
ihren politischen Genossen sind die Errungenschaften der Gegenwart zur Wahrung
und praktischen Durchführung anvertraut. Den jungen Radicalismus werden Sie
aus die Errungenschaften der Zukunft verweisen — in Hoffnungen, Plänen, Be¬
strebungen für eine neue Produktion der Volks- und Staatskräfte mag er Befrie¬
digung suchen. Ein schwacher Trost für feurige Herzen — aber doch immer ein
Trost, aus welchem junge empfängliche Seelen die Kraft und den männlichen
Muth für „eine Politik der Zukunft" schöpfen können.
z.
Julia» Schmidt an Bernhard Lritdmann.
Spät kommt ihr, doch — ihr kommt! Der weite Weg,
Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.
Also, mein lieber Friedmann — Sie haben wohl nichts dagegen, wenn
ich sür Rößler eintrete, da es sich hier nicht um Person gegen Person, son¬
dern um Partei gegen Partei handelt — also Sie waren schon bekehrt, als wir
jenen Bekehrungsversuch an Ihnen unternahmen. Sie sahen das Verkehrte der
Bewegungen, deren letztes, nothwendiges Resultat die Revolution vom 6. Okto¬
ber mit ihren Accidentien war, vollkommen ein. Warum haben Sie nicht ver¬
sucht, Ihrerseits die Wiener zu bekehren? Als Gerant eines politischen Blattes,
das in mehr als 16,000 Exemplaren verbreitet war, mußte Ihnen das doch wohl
möglich sein. Täuschen Sie Sich auch nicht, Friedmann? Ist es nicht eine Aw
ticipation der Empfindungen, die sich gegenwärtig Ihrer bemächtigt haben? Hat
man denn das Räsonnement des Katzenjammers schon während des Rausches?
Doch laßt die Todten ruhn; was geschehn, ist nicht zu ändern. Nur Eines
muß ich bemerken. Sie behaupten, die Bedingungen des Fürsten Windischgrätz
hätten aller Menschenwürde Hohn gesprochen und die Wiener hätten sie daher nicht
annehmen können. Freund! die Zeit der Phrasen ist vorüber. Mit einem Bon-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |