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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Metalle, müßte doch verhungern, wollte er sie nicht für Lebensmittel hingeben.
Will er sie aber benutzen, einen Zins von ihnen beziehen, so muß er sie aus
seiner Schatzkammer weggeben und nun fallen ihm die! Sorgen und Mühen zu,
die die Erhaltung des Kapitals und seine Verzinsung verursachen, denen er allein
nicht gewachsen ist, und wozu er die Hilfe Anderer bedarf. Diese werden und
können nicht umsonst arbeiten; sie müssen für ihre Arbeit bezahlt werden. Der
Kapitalsbesitzer wird aber bald inne werden, daß es nicht gleichgiltig ist, wer
ihm in der Benutzung und Anlage seiner Kapitale hilft. Er wird bald die Er¬
fahrung machen, daß unter seinen Gehülfen einige sind, die ihn in der Geschick-
lichkeit bei diesem Geschäft übertreffen. Sein eigener Vortheil wird ihn antrei¬
ben, sich diese geneigt zu machen dadurch, daß er sie besser bezahlt, als die Uebri-
gen, die ihm dienen. Jene werden also mehr einnehmen, als sie brauchen, und
werden auch ein Kapital erwerben. Mit Hilfe ihrer Intelligenz und Thätigkeit
werden sie dies aber schnell vermehren, während der bequem gewordene reiche
Mann in seiner Anstrengung um Vermehrung seines Kapitals nachläßt und sich
dem Genuß hingibt. Dann tritt das gewöhnliche Schicksal, welches viele reiche
Familien erfahren haben, ein, daß ihr Wohlstand erschüttert wird und sie viel¬
leicht schneller in die Verarmung gerathen, als sie reich geworden waren.

Viel wichtiger für das Glück der Menschheit ist, zu verhindern, daß bereits
erworbene Kapitale zerstört werden, als ihrer Anhäufung in Einer Hand entge¬
genzuwirken. Dies thut das Erbrecht in fast allen europäischen Staaten und die
Genußsucht der Menschen.

Dagegen ist leider! durch die Stockung vieler Geschäfte seit der Umwälzung
in vielen europäischen Staaten und durch das geschwundene Vertrauen aus die
Sicherheit des Erfolgs gewerblicher Unternehmungen eine Verminderung der Ka¬
pitalien eingetreten. Noch mehr haben darauf das Weichen aller Course zinstra¬
gender Papiere eingewirkt. Die nächste Folge ist gewesen, daß es an Mitteln
gemangelt hat, alle Arbeiter in gewerblichen Unternehmungen zu beschäftigen.
Es haben viele entlassen werden müssen. Dadurch ist der Zustand der Arbeiter,
den zu verbessern, eine der vorgeblichen Ursachen der Staatsumwälzungen war,
ein viel schlechterer geworden. Die landwirtschaftlichen Arbeiter sind bisher we¬
niger davon berührt worden, weil ihre Verbindung mit den Landgütern eine viel
festere ist, als die der Fabrikarbeiter mit den Unternehmungen, denen sie ihren
Lebensunterhalt verdanken. Das Aufhören der gewöhnlichen Kulturarbeiten auf
einem Landgute ist unstatthaft, selbst wenn der Betrieb mit Schaden unterhalten
werden muß. .

Bleiben aber die niedrigen Produktcupreise, wie sie jetzt sind, und werden
bei der Zunahme der Staatsbedürsnisse den Grundbesitzern größere Lasten auf¬
erlegt, so werden nothwendig die Betriebskapitale angegriffen, zuerst über die
Gebühr vermindert und endlich ganz zerstört. Alle Grundverbessernngen müssen


Metalle, müßte doch verhungern, wollte er sie nicht für Lebensmittel hingeben.
Will er sie aber benutzen, einen Zins von ihnen beziehen, so muß er sie aus
seiner Schatzkammer weggeben und nun fallen ihm die! Sorgen und Mühen zu,
die die Erhaltung des Kapitals und seine Verzinsung verursachen, denen er allein
nicht gewachsen ist, und wozu er die Hilfe Anderer bedarf. Diese werden und
können nicht umsonst arbeiten; sie müssen für ihre Arbeit bezahlt werden. Der
Kapitalsbesitzer wird aber bald inne werden, daß es nicht gleichgiltig ist, wer
ihm in der Benutzung und Anlage seiner Kapitale hilft. Er wird bald die Er¬
fahrung machen, daß unter seinen Gehülfen einige sind, die ihn in der Geschick-
lichkeit bei diesem Geschäft übertreffen. Sein eigener Vortheil wird ihn antrei¬
ben, sich diese geneigt zu machen dadurch, daß er sie besser bezahlt, als die Uebri-
gen, die ihm dienen. Jene werden also mehr einnehmen, als sie brauchen, und
werden auch ein Kapital erwerben. Mit Hilfe ihrer Intelligenz und Thätigkeit
werden sie dies aber schnell vermehren, während der bequem gewordene reiche
Mann in seiner Anstrengung um Vermehrung seines Kapitals nachläßt und sich
dem Genuß hingibt. Dann tritt das gewöhnliche Schicksal, welches viele reiche
Familien erfahren haben, ein, daß ihr Wohlstand erschüttert wird und sie viel¬
leicht schneller in die Verarmung gerathen, als sie reich geworden waren.

Viel wichtiger für das Glück der Menschheit ist, zu verhindern, daß bereits
erworbene Kapitale zerstört werden, als ihrer Anhäufung in Einer Hand entge¬
genzuwirken. Dies thut das Erbrecht in fast allen europäischen Staaten und die
Genußsucht der Menschen.

Dagegen ist leider! durch die Stockung vieler Geschäfte seit der Umwälzung
in vielen europäischen Staaten und durch das geschwundene Vertrauen aus die
Sicherheit des Erfolgs gewerblicher Unternehmungen eine Verminderung der Ka¬
pitalien eingetreten. Noch mehr haben darauf das Weichen aller Course zinstra¬
gender Papiere eingewirkt. Die nächste Folge ist gewesen, daß es an Mitteln
gemangelt hat, alle Arbeiter in gewerblichen Unternehmungen zu beschäftigen.
Es haben viele entlassen werden müssen. Dadurch ist der Zustand der Arbeiter,
den zu verbessern, eine der vorgeblichen Ursachen der Staatsumwälzungen war,
ein viel schlechterer geworden. Die landwirtschaftlichen Arbeiter sind bisher we¬
niger davon berührt worden, weil ihre Verbindung mit den Landgütern eine viel
festere ist, als die der Fabrikarbeiter mit den Unternehmungen, denen sie ihren
Lebensunterhalt verdanken. Das Aufhören der gewöhnlichen Kulturarbeiten auf
einem Landgute ist unstatthaft, selbst wenn der Betrieb mit Schaden unterhalten
werden muß. .

Bleiben aber die niedrigen Produktcupreise, wie sie jetzt sind, und werden
bei der Zunahme der Staatsbedürsnisse den Grundbesitzern größere Lasten auf¬
erlegt, so werden nothwendig die Betriebskapitale angegriffen, zuerst über die
Gebühr vermindert und endlich ganz zerstört. Alle Grundverbessernngen müssen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/390>, abgerufen am 22.07.2024.