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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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lieben Vermögens. Die meisten sind lediglich auf ihren Arbeitsverdienst ange¬
wiesen.

Nach den gegenwärtig häusig zu machenden Erfahrungen aber zeigt sich bei
den reich gebornen eine geringere Neigung, sich durch Arbeit anzustrengen. Die
Eltern, welche Vermögen erspart haben, können eS nicht unterlassen, ihre Kinder
an das Wohlleben zu gewöhnen. Dadurch werden Dinge zum Bedürfniß, die
ein anderer, der von Jugend an mit der täglichen Nothdurft zu kämpfen hatte,
entweder gar nicht kennt oder sich von ihnen aus wohl überlegter Resignation fern
hält. Der an ein bequemes, sorgenfreies Leben gewöhnte Mensch findet kein Be¬
hagen an deu mühevollen Geschäften, wodurch sein Vermögen erhalten und ver¬
mehrt wird. Er sieht sich nach anderen um, wslche mehr Geschäftskenntniß und
besonders Ausdauer in der Ertragung der mit der Arbeit nothwendig verbundenen
Beschwerden haben. Nach dem Umfange der Unternehmung und nach dem Einfluß,
den die Intelligenz und Beharrlichkeit auf den glücklichen Erfolg haben können,
wird die Belohnung bemessen, welche der Kapitalsbesitzer dem von ihm angenom¬
menen Geschäftsführer bewilligt. Hier finden wir die natürliche Verbindung zwi¬
schen der Arbeit und dem Kapital, die nie aufhören wird, ihre wohlthätigen Fol¬
gen zu äußern, wo gesetzlicher Schutz des Eigenthums Vertrauen und Muth zu
gewerblichen Unternehmungen gewähren und wo der Reichthum durch den Schutz
der Gesetze diejenigen Genüsse verheißt, um welche es der Mühe lohnt, sich in
den Besitz desselben zu setzen.

Aeltere Unternehmer, welche durch Kränklichkeit und andere Umstände verhin¬
dert sind, ihrem Geschäft mit der erforderlichen Kraft und Umsicht vorzustehen,
übergeben dasselbe an jüngere, fähige Männer, sei es, daß sie solche als Teil¬
nehmer annehmen oder daß sie ihnen das zum Betriebe erforderliche Kapital an¬
vertrauen. Auf diese Weise gehen berühmte Handelshäuser, Fabriken und Manu-
fakturen, nicht weniger landwirthschaftliche Unternehmungen an unbemittelte, aber
geschäftskundige Männer über.

Die Verbindung zwischen dem Kapitale, der Intelligenz und der eigentlichen
gröbern Arbeit, zu welcher blos Physische Kräfte gehören, ist eine so innige, sich
wechselseitig bedingende, daß es sehr schwer ist, die Grenzen dieser drei Potenzen
anzugeben. Es gibt sehr wenige mechanische Arbeiten, bei welchen es gleichgiltig
wäre, ob sie uach gewissen Regeln verrichtet werden, oder nicht. Es ist daher
der treue, folgsame und geschickte Arbeiter dem leitenden Aufseher einer Unterneh¬
mung allezeit von großer Wichtigkeit.

Jemehr er selbst sein Geschäft versteht, und nach dem Gelingen desselben
strebt, je mehr wird er veranlaßt sein, diese Eigenschaften zu schätzen und zu be¬
lohnen. Der Kapitalist aber seinerseits wird bald inne werden, daß ohne eine
verständige Verwendung des Geldes solches sehr leicht schlecht angelegt und statt
der gehofften hohen Verzinsung nutzlos weggegeben wird.


lieben Vermögens. Die meisten sind lediglich auf ihren Arbeitsverdienst ange¬
wiesen.

Nach den gegenwärtig häusig zu machenden Erfahrungen aber zeigt sich bei
den reich gebornen eine geringere Neigung, sich durch Arbeit anzustrengen. Die
Eltern, welche Vermögen erspart haben, können eS nicht unterlassen, ihre Kinder
an das Wohlleben zu gewöhnen. Dadurch werden Dinge zum Bedürfniß, die
ein anderer, der von Jugend an mit der täglichen Nothdurft zu kämpfen hatte,
entweder gar nicht kennt oder sich von ihnen aus wohl überlegter Resignation fern
hält. Der an ein bequemes, sorgenfreies Leben gewöhnte Mensch findet kein Be¬
hagen an deu mühevollen Geschäften, wodurch sein Vermögen erhalten und ver¬
mehrt wird. Er sieht sich nach anderen um, wslche mehr Geschäftskenntniß und
besonders Ausdauer in der Ertragung der mit der Arbeit nothwendig verbundenen
Beschwerden haben. Nach dem Umfange der Unternehmung und nach dem Einfluß,
den die Intelligenz und Beharrlichkeit auf den glücklichen Erfolg haben können,
wird die Belohnung bemessen, welche der Kapitalsbesitzer dem von ihm angenom¬
menen Geschäftsführer bewilligt. Hier finden wir die natürliche Verbindung zwi¬
schen der Arbeit und dem Kapital, die nie aufhören wird, ihre wohlthätigen Fol¬
gen zu äußern, wo gesetzlicher Schutz des Eigenthums Vertrauen und Muth zu
gewerblichen Unternehmungen gewähren und wo der Reichthum durch den Schutz
der Gesetze diejenigen Genüsse verheißt, um welche es der Mühe lohnt, sich in
den Besitz desselben zu setzen.

Aeltere Unternehmer, welche durch Kränklichkeit und andere Umstände verhin¬
dert sind, ihrem Geschäft mit der erforderlichen Kraft und Umsicht vorzustehen,
übergeben dasselbe an jüngere, fähige Männer, sei es, daß sie solche als Teil¬
nehmer annehmen oder daß sie ihnen das zum Betriebe erforderliche Kapital an¬
vertrauen. Auf diese Weise gehen berühmte Handelshäuser, Fabriken und Manu-
fakturen, nicht weniger landwirthschaftliche Unternehmungen an unbemittelte, aber
geschäftskundige Männer über.

Die Verbindung zwischen dem Kapitale, der Intelligenz und der eigentlichen
gröbern Arbeit, zu welcher blos Physische Kräfte gehören, ist eine so innige, sich
wechselseitig bedingende, daß es sehr schwer ist, die Grenzen dieser drei Potenzen
anzugeben. Es gibt sehr wenige mechanische Arbeiten, bei welchen es gleichgiltig
wäre, ob sie uach gewissen Regeln verrichtet werden, oder nicht. Es ist daher
der treue, folgsame und geschickte Arbeiter dem leitenden Aufseher einer Unterneh¬
mung allezeit von großer Wichtigkeit.

Jemehr er selbst sein Geschäft versteht, und nach dem Gelingen desselben
strebt, je mehr wird er veranlaßt sein, diese Eigenschaften zu schätzen und zu be¬
lohnen. Der Kapitalist aber seinerseits wird bald inne werden, daß ohne eine
verständige Verwendung des Geldes solches sehr leicht schlecht angelegt und statt
der gehofften hohen Verzinsung nutzlos weggegeben wird.


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[0385] lieben Vermögens. Die meisten sind lediglich auf ihren Arbeitsverdienst ange¬ wiesen. Nach den gegenwärtig häusig zu machenden Erfahrungen aber zeigt sich bei den reich gebornen eine geringere Neigung, sich durch Arbeit anzustrengen. Die Eltern, welche Vermögen erspart haben, können eS nicht unterlassen, ihre Kinder an das Wohlleben zu gewöhnen. Dadurch werden Dinge zum Bedürfniß, die ein anderer, der von Jugend an mit der täglichen Nothdurft zu kämpfen hatte, entweder gar nicht kennt oder sich von ihnen aus wohl überlegter Resignation fern hält. Der an ein bequemes, sorgenfreies Leben gewöhnte Mensch findet kein Be¬ hagen an deu mühevollen Geschäften, wodurch sein Vermögen erhalten und ver¬ mehrt wird. Er sieht sich nach anderen um, wslche mehr Geschäftskenntniß und besonders Ausdauer in der Ertragung der mit der Arbeit nothwendig verbundenen Beschwerden haben. Nach dem Umfange der Unternehmung und nach dem Einfluß, den die Intelligenz und Beharrlichkeit auf den glücklichen Erfolg haben können, wird die Belohnung bemessen, welche der Kapitalsbesitzer dem von ihm angenom¬ menen Geschäftsführer bewilligt. Hier finden wir die natürliche Verbindung zwi¬ schen der Arbeit und dem Kapital, die nie aufhören wird, ihre wohlthätigen Fol¬ gen zu äußern, wo gesetzlicher Schutz des Eigenthums Vertrauen und Muth zu gewerblichen Unternehmungen gewähren und wo der Reichthum durch den Schutz der Gesetze diejenigen Genüsse verheißt, um welche es der Mühe lohnt, sich in den Besitz desselben zu setzen. Aeltere Unternehmer, welche durch Kränklichkeit und andere Umstände verhin¬ dert sind, ihrem Geschäft mit der erforderlichen Kraft und Umsicht vorzustehen, übergeben dasselbe an jüngere, fähige Männer, sei es, daß sie solche als Teil¬ nehmer annehmen oder daß sie ihnen das zum Betriebe erforderliche Kapital an¬ vertrauen. Auf diese Weise gehen berühmte Handelshäuser, Fabriken und Manu- fakturen, nicht weniger landwirthschaftliche Unternehmungen an unbemittelte, aber geschäftskundige Männer über. Die Verbindung zwischen dem Kapitale, der Intelligenz und der eigentlichen gröbern Arbeit, zu welcher blos Physische Kräfte gehören, ist eine so innige, sich wechselseitig bedingende, daß es sehr schwer ist, die Grenzen dieser drei Potenzen anzugeben. Es gibt sehr wenige mechanische Arbeiten, bei welchen es gleichgiltig wäre, ob sie uach gewissen Regeln verrichtet werden, oder nicht. Es ist daher der treue, folgsame und geschickte Arbeiter dem leitenden Aufseher einer Unterneh¬ mung allezeit von großer Wichtigkeit. Jemehr er selbst sein Geschäft versteht, und nach dem Gelingen desselben strebt, je mehr wird er veranlaßt sein, diese Eigenschaften zu schätzen und zu be¬ lohnen. Der Kapitalist aber seinerseits wird bald inne werden, daß ohne eine verständige Verwendung des Geldes solches sehr leicht schlecht angelegt und statt der gehofften hohen Verzinsung nutzlos weggegeben wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/385>, abgerufen am 22.07.2024.