Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

allein empfingen den Choc und ließen einen Todten und neun Verwundete auf dem
Platze.

Am nächsten Donnerstage erfuhr die Kammer Brandenburg's Berufung. Ueber
den Mißgriff waren alle Parteien einig, die Kammer verließ Gott sei Dank! den con-
stitutionellen Boden nicht und die Adresse ward in permanenter Sitzung einstimmig
eingenommen - - nur Daniels auf der äußersten Rechten blieb sitzen -- und nach Pots¬
dam gesandt. Jetzt konnte man deutlich sehen, wie die Aufregung vom vorgestrigen
Tage rein künstlich hervorgerufen war: heute, wo es sich um das Wohl und Wehe des
eigenen Vaterlandes handelte, herrschte Todtenstille auf dem Gcnsdarmenmarkte; die
Demokraten hatten sich vor sich selber erschreckt. Statt des Geschreies der Menge
horte man im Saale nur den eintönigen Schritt der Bürgerwehrpatrouilleu. Während
der Nachtsitzung bot der Saal einen komischen Anblick dar. Auf dem Präsidentenstuhle
saß Philipps, ein Bild unschuldigen Leidens und gelassener Resignation -- mit den
Fingern sich auf dem behäbigen Oberbürgcrmeisterbauchc trommelnd und von Zeit zu
Zeit versichernd, er werde schon aushalten. Zu seinen Seiten schliefen je zwei Sccre-
täre. Die Bänke zur Linken waren stark dezimirt, die zur Rechten gänzlich verlassen.
Ans einer derselben war Uhlich im Herrn entschlafen! er hatte sich der Länge nach
hingestreckt und träumte wahrscheinlich von seinen Pfarrkindern, während seine röthliche
Nase ein magisches Licht über diesen Theil deö Saales verbreitete, da die Lampe" dem
Erlöschen nahe waren. Auf den Tribunen noch einige verspätete Dämchen; überall
Todtenstille, die mir durch das "Propos!" "Trumpf!" :c. von der Jourualistenlvge
aus unterbrochen wurde, wo man tüchtig Piquet und Ecarto spielte. Endlich wurde
das Haus um 1 Uhr aufgezählt. Auf dem Wege nach Hause traf ich in der Leip¬
ziger Straße die endlich heimkehrende Deputation; die Wagen wurden sofort angehal¬
ten und' die Herren um Mittheilung des Resultates ersucht. Alle waren in der furcht¬
barsten Aufregung, die Einen gegen Jakoby, die Andern gegen den König. Bis auf
die Mitglieder der äußersten Linken waren jedoch Alle darüber einig, es sei gut, daß
die Kammer sich vertagt habe; nur D'Ester meinte im Gegentheil, man werde morgen
nicht mehr zu so energischen Beschlüssen ausgelegt sein, als heute. Ihm lag der Wohl¬
fahrtsausschuß im Sinne, der allerdings am folgenden Tage zum zweiten Male mit
großer Majorität verworfen ward.

Die Aufnahme der Deputation von Seiten des Königs ist durch die stenographi¬
sch en Berichte hinlänglich bekannt. Anfangs nicht besonders freundlich gestimmt, wandte
er sich von Unruh fort, als dieser die Stelle der Adresse verlas, welche des gegen
Brandenburg herrschenden Mißtrauens erwähnt, und blickte achselzuckend nach seinem
Gefolge. Erst bei der Phrase, die an sein Herz appellirt, ging er wieder auf Unruh
zu und nahm ihm unter wohlwollenden Händedruck das Papier ab. Gerade in diesem
Augenblicke vernichtete Jacoby's Plumpheit den ganzen wohlthätigen Eindruck, er ver¬
trat dem Könige zwei Male geradezu den Weg und dieser verließ das Zimmer voll Erbit¬
terung. Erst die spätere nochmalige Absendung Kühlwcttcr's und Gierke's vermochte
den Fürsten einigermaßen zu beruhige"; wenn er Nichts desto weniger bis jetzt noch auf
seinem Willen beharrt hat, so mag Jacoby zum großen Theil die Schuld dieser unseli¬
gen Hartnäckigkeit tragen. Es läßt sich kaum denken, daß er ohne diese Beleidigung
der einstimmigen Bitte der ganzen Nationalversammlung widerstanden haben würde.
Man könnte Jakoby vielleicht mit zu großem Eifer entschuldigen für das, was ihm das
Rechte dünkt, aber die Art, wie das welthistorische DMum nachher als persönliche Be¬
merkung durch Herrn D'Ester in die stenographischen Berichte eingeschmuggelt ward,
zeigt deutlich den eitlen, zudringlichen, rachsüchtigen Menschen, der ebenfalls "Nichts
gelernt und Nichts vergessen hat." Wäre der Ernst des Augenblicks nicht so gewal¬
tig gewesen, man hätte lachen müssen, als D'Ester in seiner Rede Plötzlich inne'hielt,
die Tribüne mit den Worten verließ: "Was sagten Sie doch schon?" und nun aus


allein empfingen den Choc und ließen einen Todten und neun Verwundete auf dem
Platze.

Am nächsten Donnerstage erfuhr die Kammer Brandenburg's Berufung. Ueber
den Mißgriff waren alle Parteien einig, die Kammer verließ Gott sei Dank! den con-
stitutionellen Boden nicht und die Adresse ward in permanenter Sitzung einstimmig
eingenommen - - nur Daniels auf der äußersten Rechten blieb sitzen — und nach Pots¬
dam gesandt. Jetzt konnte man deutlich sehen, wie die Aufregung vom vorgestrigen
Tage rein künstlich hervorgerufen war: heute, wo es sich um das Wohl und Wehe des
eigenen Vaterlandes handelte, herrschte Todtenstille auf dem Gcnsdarmenmarkte; die
Demokraten hatten sich vor sich selber erschreckt. Statt des Geschreies der Menge
horte man im Saale nur den eintönigen Schritt der Bürgerwehrpatrouilleu. Während
der Nachtsitzung bot der Saal einen komischen Anblick dar. Auf dem Präsidentenstuhle
saß Philipps, ein Bild unschuldigen Leidens und gelassener Resignation — mit den
Fingern sich auf dem behäbigen Oberbürgcrmeisterbauchc trommelnd und von Zeit zu
Zeit versichernd, er werde schon aushalten. Zu seinen Seiten schliefen je zwei Sccre-
täre. Die Bänke zur Linken waren stark dezimirt, die zur Rechten gänzlich verlassen.
Ans einer derselben war Uhlich im Herrn entschlafen! er hatte sich der Länge nach
hingestreckt und träumte wahrscheinlich von seinen Pfarrkindern, während seine röthliche
Nase ein magisches Licht über diesen Theil deö Saales verbreitete, da die Lampe» dem
Erlöschen nahe waren. Auf den Tribunen noch einige verspätete Dämchen; überall
Todtenstille, die mir durch das „Propos!" „Trumpf!" :c. von der Jourualistenlvge
aus unterbrochen wurde, wo man tüchtig Piquet und Ecarto spielte. Endlich wurde
das Haus um 1 Uhr aufgezählt. Auf dem Wege nach Hause traf ich in der Leip¬
ziger Straße die endlich heimkehrende Deputation; die Wagen wurden sofort angehal¬
ten und' die Herren um Mittheilung des Resultates ersucht. Alle waren in der furcht¬
barsten Aufregung, die Einen gegen Jakoby, die Andern gegen den König. Bis auf
die Mitglieder der äußersten Linken waren jedoch Alle darüber einig, es sei gut, daß
die Kammer sich vertagt habe; nur D'Ester meinte im Gegentheil, man werde morgen
nicht mehr zu so energischen Beschlüssen ausgelegt sein, als heute. Ihm lag der Wohl¬
fahrtsausschuß im Sinne, der allerdings am folgenden Tage zum zweiten Male mit
großer Majorität verworfen ward.

Die Aufnahme der Deputation von Seiten des Königs ist durch die stenographi¬
sch en Berichte hinlänglich bekannt. Anfangs nicht besonders freundlich gestimmt, wandte
er sich von Unruh fort, als dieser die Stelle der Adresse verlas, welche des gegen
Brandenburg herrschenden Mißtrauens erwähnt, und blickte achselzuckend nach seinem
Gefolge. Erst bei der Phrase, die an sein Herz appellirt, ging er wieder auf Unruh
zu und nahm ihm unter wohlwollenden Händedruck das Papier ab. Gerade in diesem
Augenblicke vernichtete Jacoby's Plumpheit den ganzen wohlthätigen Eindruck, er ver¬
trat dem Könige zwei Male geradezu den Weg und dieser verließ das Zimmer voll Erbit¬
terung. Erst die spätere nochmalige Absendung Kühlwcttcr's und Gierke's vermochte
den Fürsten einigermaßen zu beruhige»; wenn er Nichts desto weniger bis jetzt noch auf
seinem Willen beharrt hat, so mag Jacoby zum großen Theil die Schuld dieser unseli¬
gen Hartnäckigkeit tragen. Es läßt sich kaum denken, daß er ohne diese Beleidigung
der einstimmigen Bitte der ganzen Nationalversammlung widerstanden haben würde.
Man könnte Jakoby vielleicht mit zu großem Eifer entschuldigen für das, was ihm das
Rechte dünkt, aber die Art, wie das welthistorische DMum nachher als persönliche Be¬
merkung durch Herrn D'Ester in die stenographischen Berichte eingeschmuggelt ward,
zeigt deutlich den eitlen, zudringlichen, rachsüchtigen Menschen, der ebenfalls „Nichts
gelernt und Nichts vergessen hat." Wäre der Ernst des Augenblicks nicht so gewal¬
tig gewesen, man hätte lachen müssen, als D'Ester in seiner Rede Plötzlich inne'hielt,
die Tribüne mit den Worten verließ: „Was sagten Sie doch schon?" und nun aus


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0253" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277009"/>
          <p xml:id="ID_722" prev="#ID_721"> allein empfingen den Choc und ließen einen Todten und neun Verwundete auf dem<lb/>
Platze.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_723"> Am nächsten Donnerstage erfuhr die Kammer Brandenburg's Berufung. Ueber<lb/>
den Mißgriff waren alle Parteien einig, die Kammer verließ Gott sei Dank! den con-<lb/>
stitutionellen Boden nicht und die Adresse ward in permanenter Sitzung einstimmig<lb/>
eingenommen - - nur Daniels auf der äußersten Rechten blieb sitzen &#x2014; und nach Pots¬<lb/>
dam gesandt. Jetzt konnte man deutlich sehen, wie die Aufregung vom vorgestrigen<lb/>
Tage rein künstlich hervorgerufen war: heute, wo es sich um das Wohl und Wehe des<lb/>
eigenen Vaterlandes handelte, herrschte Todtenstille auf dem Gcnsdarmenmarkte; die<lb/>
Demokraten hatten sich vor sich selber erschreckt. Statt des Geschreies der Menge<lb/>
horte man im Saale nur den eintönigen Schritt der Bürgerwehrpatrouilleu. Während<lb/>
der Nachtsitzung bot der Saal einen komischen Anblick dar. Auf dem Präsidentenstuhle<lb/>
saß Philipps, ein Bild unschuldigen Leidens und gelassener Resignation &#x2014; mit den<lb/>
Fingern sich auf dem behäbigen Oberbürgcrmeisterbauchc trommelnd und von Zeit zu<lb/>
Zeit versichernd, er werde schon aushalten. Zu seinen Seiten schliefen je zwei Sccre-<lb/>
täre. Die Bänke zur Linken waren stark dezimirt, die zur Rechten gänzlich verlassen.<lb/>
Ans einer derselben war Uhlich im Herrn entschlafen! er hatte sich der Länge nach<lb/>
hingestreckt und träumte wahrscheinlich von seinen Pfarrkindern, während seine röthliche<lb/>
Nase ein magisches Licht über diesen Theil deö Saales verbreitete, da die Lampe» dem<lb/>
Erlöschen nahe waren. Auf den Tribunen noch einige verspätete Dämchen; überall<lb/>
Todtenstille, die mir durch das &#x201E;Propos!" &#x201E;Trumpf!" :c. von der Jourualistenlvge<lb/>
aus unterbrochen wurde, wo man tüchtig Piquet und Ecarto spielte. Endlich wurde<lb/>
das Haus um 1 Uhr aufgezählt. Auf dem Wege nach Hause traf ich in der Leip¬<lb/>
ziger Straße die endlich heimkehrende Deputation; die Wagen wurden sofort angehal¬<lb/>
ten und' die Herren um Mittheilung des Resultates ersucht. Alle waren in der furcht¬<lb/>
barsten Aufregung, die Einen gegen Jakoby, die Andern gegen den König. Bis auf<lb/>
die Mitglieder der äußersten Linken waren jedoch Alle darüber einig, es sei gut, daß<lb/>
die Kammer sich vertagt habe; nur D'Ester meinte im Gegentheil, man werde morgen<lb/>
nicht mehr zu so energischen Beschlüssen ausgelegt sein, als heute. Ihm lag der Wohl¬<lb/>
fahrtsausschuß im Sinne, der allerdings am folgenden Tage zum zweiten Male mit<lb/>
großer Majorität verworfen ward.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_724" next="#ID_725"> Die Aufnahme der Deputation von Seiten des Königs ist durch die stenographi¬<lb/>
sch en Berichte hinlänglich bekannt. Anfangs nicht besonders freundlich gestimmt, wandte<lb/>
er sich von Unruh fort, als dieser die Stelle der Adresse verlas, welche des gegen<lb/>
Brandenburg herrschenden Mißtrauens erwähnt, und blickte achselzuckend nach seinem<lb/>
Gefolge. Erst bei der Phrase, die an sein Herz appellirt, ging er wieder auf Unruh<lb/>
zu und nahm ihm unter wohlwollenden Händedruck das Papier ab. Gerade in diesem<lb/>
Augenblicke vernichtete Jacoby's Plumpheit den ganzen wohlthätigen Eindruck, er ver¬<lb/>
trat dem Könige zwei Male geradezu den Weg und dieser verließ das Zimmer voll Erbit¬<lb/>
terung. Erst die spätere nochmalige Absendung Kühlwcttcr's und Gierke's vermochte<lb/>
den Fürsten einigermaßen zu beruhige»; wenn er Nichts desto weniger bis jetzt noch auf<lb/>
seinem Willen beharrt hat, so mag Jacoby zum großen Theil die Schuld dieser unseli¬<lb/>
gen Hartnäckigkeit tragen. Es läßt sich kaum denken, daß er ohne diese Beleidigung<lb/>
der einstimmigen Bitte der ganzen Nationalversammlung widerstanden haben würde.<lb/>
Man könnte Jakoby vielleicht mit zu großem Eifer entschuldigen für das, was ihm das<lb/>
Rechte dünkt, aber die Art, wie das welthistorische DMum nachher als persönliche Be¬<lb/>
merkung durch Herrn D'Ester in die stenographischen Berichte eingeschmuggelt ward,<lb/>
zeigt deutlich den eitlen, zudringlichen, rachsüchtigen Menschen, der ebenfalls &#x201E;Nichts<lb/>
gelernt und Nichts vergessen hat." Wäre der Ernst des Augenblicks nicht so gewal¬<lb/>
tig gewesen, man hätte lachen müssen, als D'Ester in seiner Rede Plötzlich inne'hielt,<lb/>
die Tribüne mit den Worten verließ:  &#x201E;Was sagten Sie doch schon?" und nun aus</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0253] allein empfingen den Choc und ließen einen Todten und neun Verwundete auf dem Platze. Am nächsten Donnerstage erfuhr die Kammer Brandenburg's Berufung. Ueber den Mißgriff waren alle Parteien einig, die Kammer verließ Gott sei Dank! den con- stitutionellen Boden nicht und die Adresse ward in permanenter Sitzung einstimmig eingenommen - - nur Daniels auf der äußersten Rechten blieb sitzen — und nach Pots¬ dam gesandt. Jetzt konnte man deutlich sehen, wie die Aufregung vom vorgestrigen Tage rein künstlich hervorgerufen war: heute, wo es sich um das Wohl und Wehe des eigenen Vaterlandes handelte, herrschte Todtenstille auf dem Gcnsdarmenmarkte; die Demokraten hatten sich vor sich selber erschreckt. Statt des Geschreies der Menge horte man im Saale nur den eintönigen Schritt der Bürgerwehrpatrouilleu. Während der Nachtsitzung bot der Saal einen komischen Anblick dar. Auf dem Präsidentenstuhle saß Philipps, ein Bild unschuldigen Leidens und gelassener Resignation — mit den Fingern sich auf dem behäbigen Oberbürgcrmeisterbauchc trommelnd und von Zeit zu Zeit versichernd, er werde schon aushalten. Zu seinen Seiten schliefen je zwei Sccre- täre. Die Bänke zur Linken waren stark dezimirt, die zur Rechten gänzlich verlassen. Ans einer derselben war Uhlich im Herrn entschlafen! er hatte sich der Länge nach hingestreckt und träumte wahrscheinlich von seinen Pfarrkindern, während seine röthliche Nase ein magisches Licht über diesen Theil deö Saales verbreitete, da die Lampe» dem Erlöschen nahe waren. Auf den Tribunen noch einige verspätete Dämchen; überall Todtenstille, die mir durch das „Propos!" „Trumpf!" :c. von der Jourualistenlvge aus unterbrochen wurde, wo man tüchtig Piquet und Ecarto spielte. Endlich wurde das Haus um 1 Uhr aufgezählt. Auf dem Wege nach Hause traf ich in der Leip¬ ziger Straße die endlich heimkehrende Deputation; die Wagen wurden sofort angehal¬ ten und' die Herren um Mittheilung des Resultates ersucht. Alle waren in der furcht¬ barsten Aufregung, die Einen gegen Jakoby, die Andern gegen den König. Bis auf die Mitglieder der äußersten Linken waren jedoch Alle darüber einig, es sei gut, daß die Kammer sich vertagt habe; nur D'Ester meinte im Gegentheil, man werde morgen nicht mehr zu so energischen Beschlüssen ausgelegt sein, als heute. Ihm lag der Wohl¬ fahrtsausschuß im Sinne, der allerdings am folgenden Tage zum zweiten Male mit großer Majorität verworfen ward. Die Aufnahme der Deputation von Seiten des Königs ist durch die stenographi¬ sch en Berichte hinlänglich bekannt. Anfangs nicht besonders freundlich gestimmt, wandte er sich von Unruh fort, als dieser die Stelle der Adresse verlas, welche des gegen Brandenburg herrschenden Mißtrauens erwähnt, und blickte achselzuckend nach seinem Gefolge. Erst bei der Phrase, die an sein Herz appellirt, ging er wieder auf Unruh zu und nahm ihm unter wohlwollenden Händedruck das Papier ab. Gerade in diesem Augenblicke vernichtete Jacoby's Plumpheit den ganzen wohlthätigen Eindruck, er ver¬ trat dem Könige zwei Male geradezu den Weg und dieser verließ das Zimmer voll Erbit¬ terung. Erst die spätere nochmalige Absendung Kühlwcttcr's und Gierke's vermochte den Fürsten einigermaßen zu beruhige»; wenn er Nichts desto weniger bis jetzt noch auf seinem Willen beharrt hat, so mag Jacoby zum großen Theil die Schuld dieser unseli¬ gen Hartnäckigkeit tragen. Es läßt sich kaum denken, daß er ohne diese Beleidigung der einstimmigen Bitte der ganzen Nationalversammlung widerstanden haben würde. Man könnte Jakoby vielleicht mit zu großem Eifer entschuldigen für das, was ihm das Rechte dünkt, aber die Art, wie das welthistorische DMum nachher als persönliche Be¬ merkung durch Herrn D'Ester in die stenographischen Berichte eingeschmuggelt ward, zeigt deutlich den eitlen, zudringlichen, rachsüchtigen Menschen, der ebenfalls „Nichts gelernt und Nichts vergessen hat." Wäre der Ernst des Augenblicks nicht so gewal¬ tig gewesen, man hätte lachen müssen, als D'Ester in seiner Rede Plötzlich inne'hielt, die Tribüne mit den Worten verließ: „Was sagten Sie doch schon?" und nun aus

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/253
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/253>, abgerufen am 25.12.2024.