Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.vermeinten. Wirklich schössen auch einige republikanische Pflänzchen in der Stadt selbst Aus dem Lande rcnssirten die Herrn Radikalen besser. Einmal im sogenannten Das schöne, milde Herbstwetter war recht wie vom Himmel geschickt sür die un¬ Ans einer dieser Volksversammlungen, wo "ach dem l <i. September nachdrückliche vermeinten. Wirklich schössen auch einige republikanische Pflänzchen in der Stadt selbst Aus dem Lande rcnssirten die Herrn Radikalen besser. Einmal im sogenannten Das schöne, milde Herbstwetter war recht wie vom Himmel geschickt sür die un¬ Ans einer dieser Volksversammlungen, wo »ach dem l <i. September nachdrückliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277003"/> <p xml:id="ID_703" prev="#ID_702"> vermeinten. Wirklich schössen auch einige republikanische Pflänzchen in der Stadt selbst<lb/> aus, — meist Lehrjungen verschiedener Gewerbe, Tünchner- und Maurergesellen, dazu<lb/> eine Anzahl von Bankcrvttcurs und solchen die nächstens in diesen Orden zu treten<lb/> gesonnen waren. Es wurde nun agitirt und comvlvttirt — denn <x»meno vllo!- neu«<lb/> — aber die Bürgerschaft der Stadt Koburg selbst bis in die unteren Schichten hinein,<lb/> ging unbckümme/t in der Richtung fort, welche durch den Parlamentsdcputirten Brieg-<lb/> leb und dessen Freunde eingeschlagen war. Mit Mühe und Noth wurde gelegentlich<lb/> von den Republikanern ein im Grunde ganz unschuldiger Pulses organisirt, aber auch<lb/> dieser kam nur als Abortus zur Welt und im Augenblicke wüßte man in der Stadt<lb/> selbst nichts mehr von der Existenz dieser Fraction, sehe man nicht hie und da ein<lb/> Exemplar ihres famosen Organs, des Koburger Tageblatts. Einem gut verbürgten<lb/> <>n nie zufolge, hat besagtes Schmähblatt, das zufällig in die Hände eines RcichSmi-<lb/> nisters oder Reichskommissars für die thüringischen Staaten gekommen, die Besetzung<lb/> des Landes durch sächsische oder hanövcrische Truppen herbeigeführt, die in diesen Ta¬<lb/> gen sicher ersolgt ist. Man habe'nämlich geschlossen, wo ein solches Blatt ungestraft<lb/> erscheinen könne — bis jetzt ist in der That kein Prcßprvceß anhängig gewesen —<lb/> müßte alle gesetzliche Ordnung zusammengebrochen sein. Sie können sich denken, welche<lb/> Gesichter die im ganzen so legal gesinnter Koburger darüber machte». Es fehlte nicht<lb/> viel, so halten jetzt die Bürger selbst Barrikaden gegen die Truppen gebaut, blos um<lb/> der Schmach willen, die ihnen dnrch einen solchen Argwohn in Betreff ihrer Loyalität<lb/> angethan wurde!</p><lb/> <p xml:id="ID_704"> Aus dem Lande rcnssirten die Herrn Radikalen besser. Einmal im sogenannten<lb/> Jtzgruude, dem milden, gesegneten Thale, das nach Bamberg hinzieht. Dort gibt es<lb/> viel Laudprvlctariat und selbst die Besitzenden sind dnrch liederliche Wirthschaft grö߬<lb/> tenteils heruntergekommen. Dann in der reichsten und solidesten Gegend des Länd-<lb/> chens, im Amte Sonnenheld und hier aus dem entgegengesetzten Motiven, wie im Jtz¬<lb/> gruude. Es find ungefähr die nämlichen, welche anch die ostcrländischen Altenburger<lb/> zu Republikanern gemacht haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_705"> Das schöne, milde Herbstwetter war recht wie vom Himmel geschickt sür die un¬<lb/> endlichen Volksversammlungen, aus denen immer die nämlichen Apostel der Freiheit als<lb/> Präsidenten und Redner florirte», während sich das Volk mit etwas Bravogebrülle und<lb/> einigen Vivats ans Hecker begnügte. Die Herren, zugleich Redacteure und Schreiber des<lb/> Tageblatts verfehlten nicht, nachträglich die anwesenden Hunderte zu vielen Tausenden zu<lb/> multipliciren, den Geist, der dort geherrscht, in den gewöhnlichen Phrasen zu präconisircn<lb/> und aus eine höchst originelle Weise sich der Gunst des Himmels, der ihnen sicht¬<lb/> lich gewogen sei, zu rühmen, wie sie auch, als zufällig beim Durchmarsch eines bairi-<lb/> schen Bataillons einige Regentropfen sielen, dieselben höchst poetisch als Thränen auf¬<lb/> faßten, die der Himmel über die Schmach und das Elend des deutschen Volkes weine.</p><lb/> <p xml:id="ID_706" next="#ID_707"> Ans einer dieser Volksversammlungen, wo »ach dem l <i. September nachdrückliche<lb/> Fortsetzung des Kriegs gegen Dänemark ernstlich gefordert wurde, verlangte derselbe<lb/> Redner außerdem in einem Athem nichts weiter, als: l) Abschaffung der Beamten, so¬<lb/> wohl der verwaltenden wie der richterlichen, 2) Abschaffung aller Steuern, !!) Aufhe¬<lb/> bung des stehenden Heeres. Zur Begründung der letzten-. Forderung schloß er seine Rede<lb/> etwa so: wir bezahlen das stehende Heer, also haben wir auch das Recht, wenn uns<lb/> dasselbe nicht mehr zeitgemäß dünkt, es aufzuheben. Einer der Umstehenden, der mit dem<lb/> ehrcmvcrthcn Redner schon öfters unangenehme geschäftliche Bekanntschaft gemacht ha¬<lb/> ben mochte, fragte tu aller Naivität, „Wer bezahlt's?" Wir, wir bezahlen es, ant¬<lb/> wortete der Herr auf der Tribüne, mit der Hand auf die Brust schlagend. Das Bäuer-<lb/> lein aber meinte: „Na, da werden die Soldaten nicht viel bekommen!" Sie können<lb/> sich denken, daß durch dieses Wort, das wie ein Lauffeuer durch die Versammlung<lb/> ging, die Andacht sür diesmal zu Ende war. — Gewiß ist es. übrigens nach meinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
vermeinten. Wirklich schössen auch einige republikanische Pflänzchen in der Stadt selbst
aus, — meist Lehrjungen verschiedener Gewerbe, Tünchner- und Maurergesellen, dazu
eine Anzahl von Bankcrvttcurs und solchen die nächstens in diesen Orden zu treten
gesonnen waren. Es wurde nun agitirt und comvlvttirt — denn <x»meno vllo!- neu«
— aber die Bürgerschaft der Stadt Koburg selbst bis in die unteren Schichten hinein,
ging unbckümme/t in der Richtung fort, welche durch den Parlamentsdcputirten Brieg-
leb und dessen Freunde eingeschlagen war. Mit Mühe und Noth wurde gelegentlich
von den Republikanern ein im Grunde ganz unschuldiger Pulses organisirt, aber auch
dieser kam nur als Abortus zur Welt und im Augenblicke wüßte man in der Stadt
selbst nichts mehr von der Existenz dieser Fraction, sehe man nicht hie und da ein
Exemplar ihres famosen Organs, des Koburger Tageblatts. Einem gut verbürgten
<>n nie zufolge, hat besagtes Schmähblatt, das zufällig in die Hände eines RcichSmi-
nisters oder Reichskommissars für die thüringischen Staaten gekommen, die Besetzung
des Landes durch sächsische oder hanövcrische Truppen herbeigeführt, die in diesen Ta¬
gen sicher ersolgt ist. Man habe'nämlich geschlossen, wo ein solches Blatt ungestraft
erscheinen könne — bis jetzt ist in der That kein Prcßprvceß anhängig gewesen —
müßte alle gesetzliche Ordnung zusammengebrochen sein. Sie können sich denken, welche
Gesichter die im ganzen so legal gesinnter Koburger darüber machte». Es fehlte nicht
viel, so halten jetzt die Bürger selbst Barrikaden gegen die Truppen gebaut, blos um
der Schmach willen, die ihnen dnrch einen solchen Argwohn in Betreff ihrer Loyalität
angethan wurde!
Aus dem Lande rcnssirten die Herrn Radikalen besser. Einmal im sogenannten
Jtzgruude, dem milden, gesegneten Thale, das nach Bamberg hinzieht. Dort gibt es
viel Laudprvlctariat und selbst die Besitzenden sind dnrch liederliche Wirthschaft grö߬
tenteils heruntergekommen. Dann in der reichsten und solidesten Gegend des Länd-
chens, im Amte Sonnenheld und hier aus dem entgegengesetzten Motiven, wie im Jtz¬
gruude. Es find ungefähr die nämlichen, welche anch die ostcrländischen Altenburger
zu Republikanern gemacht haben.
Das schöne, milde Herbstwetter war recht wie vom Himmel geschickt sür die un¬
endlichen Volksversammlungen, aus denen immer die nämlichen Apostel der Freiheit als
Präsidenten und Redner florirte», während sich das Volk mit etwas Bravogebrülle und
einigen Vivats ans Hecker begnügte. Die Herren, zugleich Redacteure und Schreiber des
Tageblatts verfehlten nicht, nachträglich die anwesenden Hunderte zu vielen Tausenden zu
multipliciren, den Geist, der dort geherrscht, in den gewöhnlichen Phrasen zu präconisircn
und aus eine höchst originelle Weise sich der Gunst des Himmels, der ihnen sicht¬
lich gewogen sei, zu rühmen, wie sie auch, als zufällig beim Durchmarsch eines bairi-
schen Bataillons einige Regentropfen sielen, dieselben höchst poetisch als Thränen auf¬
faßten, die der Himmel über die Schmach und das Elend des deutschen Volkes weine.
Ans einer dieser Volksversammlungen, wo »ach dem l <i. September nachdrückliche
Fortsetzung des Kriegs gegen Dänemark ernstlich gefordert wurde, verlangte derselbe
Redner außerdem in einem Athem nichts weiter, als: l) Abschaffung der Beamten, so¬
wohl der verwaltenden wie der richterlichen, 2) Abschaffung aller Steuern, !!) Aufhe¬
bung des stehenden Heeres. Zur Begründung der letzten-. Forderung schloß er seine Rede
etwa so: wir bezahlen das stehende Heer, also haben wir auch das Recht, wenn uns
dasselbe nicht mehr zeitgemäß dünkt, es aufzuheben. Einer der Umstehenden, der mit dem
ehrcmvcrthcn Redner schon öfters unangenehme geschäftliche Bekanntschaft gemacht ha¬
ben mochte, fragte tu aller Naivität, „Wer bezahlt's?" Wir, wir bezahlen es, ant¬
wortete der Herr auf der Tribüne, mit der Hand auf die Brust schlagend. Das Bäuer-
lein aber meinte: „Na, da werden die Soldaten nicht viel bekommen!" Sie können
sich denken, daß durch dieses Wort, das wie ein Lauffeuer durch die Versammlung
ging, die Andacht sür diesmal zu Ende war. — Gewiß ist es. übrigens nach meinen
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