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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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lion in Thüringen. "Ihr tyrannisirt die kleinen Staaten und laßt den großen
freien Spielraum!" Natürlich, was dort eine Execution, wäre hier ein Krieg.
Das Recht, sich selbstständig zu entwickeln, hängt von der Macht dazu ab. --

Ich komme zuletzt auf diejenigen Redner, welche auf jede Eventualität für
das Princip des neuen Bundesstaats aufrecht zu halten entschlossen waren. Der
erste, der scharf die Alternative aussprach, warWaitz. "Die deutscheu Oestreicher ganz
mit und bei Deutschland, oder die deutschen Oestreicher ganz mit und bei der öst¬
reichischen Monarchie. Für beide Seiten sind Sympathien, auf beiden Seiten sind
Rechte. Aber auf keinen Fall ein unklares Mißverhältniß! Es wäre das
ein Zustand, ähnlich dem, den wir in den letzten 30 I ahren gehabt
haben, wo Oestreich Einfluß auf Deutschland übte, aber Deutsch¬
land niemals Einfluß aufOestreich; wo DeutschlandsGeschicke nicht
Einen Gravitationspunkt hätten, sondern einen innerhalb seiner
selbst und einen außerhalb, wo es in der Schwebe wäre zwischen
einer eigenen und einer östreichischen Politik, wo Deutschland am
Ende nur ein Appendix wäre der östreichischen Monarchie." "Deutsch¬
lands Bau würde leichter sein ohne Oestreich; aber ich glaube, es, ist Niemand
in der Versammlung, der nicht den mühseligsten Bau lieber will als den leichteren
ohne Oestreich. Aber einen eignen und festgeschlossenen Bau müssen wir wollen." Am
Klarsten sprach Biedermann dies Problem aus: daß ein für den neuen Staat
gegebenes Gesetz für alle Theile bindend sei, verstünde sich von selbst; es käme
nur darauf an, ob man alle Länder des bisherigen deutschen Bundes in den neuen
Staat zwingen solle. "Wenn patriotische Wünsche im Stande wären, die Macht
der Thatsachen zu beherrschen, so würde ich es allerdings für unpatriotisch halten,
jene Eventualität auch nur ius Auge zu fassen. Allein wenn wir, gegenüber den
Beweisen, wie schmierig, ja wie beinahe unmöglich es für die deutschen Provin¬
zen sein werde, sich uns auf diese Bedingung anzuschließen; gegenüber nicht allein
jener Bevölkerung, die als nicht deutsche natürlich einer solchen Bedingung wi¬
derstrebt, sondern auch dem Widerstande selbst der deutschen Bevölkerung; gegen¬
über endlich dem welthistorischen Interesse, welches Deutschland daran hat, daß
gerade jener Staat fortbestehe und die Brücke bilde zu den Ländern, wohin der
deutsche Einfluß dringen muß: -- wenn allen diesen Momenten gegenüber wir
wenigstens die Möglichkeit ins Auge fassen, daß Oestreich nicht auf diese Bedin¬
gung eingehen könne und sich einen andern Weg eröffnen müßte, um mit Deutsch¬
land in Verbindung zu bleiben, dann kann man dabei sehr patriotisch sein."
"Oestreich stand, was den Verkehr und die geistige Wechselbeziehung betrifft, bis¬
her in einer Verbindung zu uns, die weit laxer war, als diejenige sein wird,
in welche wir durch eine blos vertragsmäßige Vereinigung mit ihm treten können.
Wir geben also nicht etwas auf, was wir vorher besaßen."

Eben so entschieden sprach Wichmann. Man müsse sich jetzt entscheiden,


lion in Thüringen. „Ihr tyrannisirt die kleinen Staaten und laßt den großen
freien Spielraum!" Natürlich, was dort eine Execution, wäre hier ein Krieg.
Das Recht, sich selbstständig zu entwickeln, hängt von der Macht dazu ab. —

Ich komme zuletzt auf diejenigen Redner, welche auf jede Eventualität für
das Princip des neuen Bundesstaats aufrecht zu halten entschlossen waren. Der
erste, der scharf die Alternative aussprach, warWaitz. „Die deutscheu Oestreicher ganz
mit und bei Deutschland, oder die deutschen Oestreicher ganz mit und bei der öst¬
reichischen Monarchie. Für beide Seiten sind Sympathien, auf beiden Seiten sind
Rechte. Aber auf keinen Fall ein unklares Mißverhältniß! Es wäre das
ein Zustand, ähnlich dem, den wir in den letzten 30 I ahren gehabt
haben, wo Oestreich Einfluß auf Deutschland übte, aber Deutsch¬
land niemals Einfluß aufOestreich; wo DeutschlandsGeschicke nicht
Einen Gravitationspunkt hätten, sondern einen innerhalb seiner
selbst und einen außerhalb, wo es in der Schwebe wäre zwischen
einer eigenen und einer östreichischen Politik, wo Deutschland am
Ende nur ein Appendix wäre der östreichischen Monarchie." „Deutsch¬
lands Bau würde leichter sein ohne Oestreich; aber ich glaube, es, ist Niemand
in der Versammlung, der nicht den mühseligsten Bau lieber will als den leichteren
ohne Oestreich. Aber einen eignen und festgeschlossenen Bau müssen wir wollen." Am
Klarsten sprach Biedermann dies Problem aus: daß ein für den neuen Staat
gegebenes Gesetz für alle Theile bindend sei, verstünde sich von selbst; es käme
nur darauf an, ob man alle Länder des bisherigen deutschen Bundes in den neuen
Staat zwingen solle. „Wenn patriotische Wünsche im Stande wären, die Macht
der Thatsachen zu beherrschen, so würde ich es allerdings für unpatriotisch halten,
jene Eventualität auch nur ius Auge zu fassen. Allein wenn wir, gegenüber den
Beweisen, wie schmierig, ja wie beinahe unmöglich es für die deutschen Provin¬
zen sein werde, sich uns auf diese Bedingung anzuschließen; gegenüber nicht allein
jener Bevölkerung, die als nicht deutsche natürlich einer solchen Bedingung wi¬
derstrebt, sondern auch dem Widerstande selbst der deutschen Bevölkerung; gegen¬
über endlich dem welthistorischen Interesse, welches Deutschland daran hat, daß
gerade jener Staat fortbestehe und die Brücke bilde zu den Ländern, wohin der
deutsche Einfluß dringen muß: — wenn allen diesen Momenten gegenüber wir
wenigstens die Möglichkeit ins Auge fassen, daß Oestreich nicht auf diese Bedin¬
gung eingehen könne und sich einen andern Weg eröffnen müßte, um mit Deutsch¬
land in Verbindung zu bleiben, dann kann man dabei sehr patriotisch sein."
„Oestreich stand, was den Verkehr und die geistige Wechselbeziehung betrifft, bis¬
her in einer Verbindung zu uns, die weit laxer war, als diejenige sein wird,
in welche wir durch eine blos vertragsmäßige Vereinigung mit ihm treten können.
Wir geben also nicht etwas auf, was wir vorher besaßen."

Eben so entschieden sprach Wichmann. Man müsse sich jetzt entscheiden,


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[0238] lion in Thüringen. „Ihr tyrannisirt die kleinen Staaten und laßt den großen freien Spielraum!" Natürlich, was dort eine Execution, wäre hier ein Krieg. Das Recht, sich selbstständig zu entwickeln, hängt von der Macht dazu ab. — Ich komme zuletzt auf diejenigen Redner, welche auf jede Eventualität für das Princip des neuen Bundesstaats aufrecht zu halten entschlossen waren. Der erste, der scharf die Alternative aussprach, warWaitz. „Die deutscheu Oestreicher ganz mit und bei Deutschland, oder die deutschen Oestreicher ganz mit und bei der öst¬ reichischen Monarchie. Für beide Seiten sind Sympathien, auf beiden Seiten sind Rechte. Aber auf keinen Fall ein unklares Mißverhältniß! Es wäre das ein Zustand, ähnlich dem, den wir in den letzten 30 I ahren gehabt haben, wo Oestreich Einfluß auf Deutschland übte, aber Deutsch¬ land niemals Einfluß aufOestreich; wo DeutschlandsGeschicke nicht Einen Gravitationspunkt hätten, sondern einen innerhalb seiner selbst und einen außerhalb, wo es in der Schwebe wäre zwischen einer eigenen und einer östreichischen Politik, wo Deutschland am Ende nur ein Appendix wäre der östreichischen Monarchie." „Deutsch¬ lands Bau würde leichter sein ohne Oestreich; aber ich glaube, es, ist Niemand in der Versammlung, der nicht den mühseligsten Bau lieber will als den leichteren ohne Oestreich. Aber einen eignen und festgeschlossenen Bau müssen wir wollen." Am Klarsten sprach Biedermann dies Problem aus: daß ein für den neuen Staat gegebenes Gesetz für alle Theile bindend sei, verstünde sich von selbst; es käme nur darauf an, ob man alle Länder des bisherigen deutschen Bundes in den neuen Staat zwingen solle. „Wenn patriotische Wünsche im Stande wären, die Macht der Thatsachen zu beherrschen, so würde ich es allerdings für unpatriotisch halten, jene Eventualität auch nur ius Auge zu fassen. Allein wenn wir, gegenüber den Beweisen, wie schmierig, ja wie beinahe unmöglich es für die deutschen Provin¬ zen sein werde, sich uns auf diese Bedingung anzuschließen; gegenüber nicht allein jener Bevölkerung, die als nicht deutsche natürlich einer solchen Bedingung wi¬ derstrebt, sondern auch dem Widerstande selbst der deutschen Bevölkerung; gegen¬ über endlich dem welthistorischen Interesse, welches Deutschland daran hat, daß gerade jener Staat fortbestehe und die Brücke bilde zu den Ländern, wohin der deutsche Einfluß dringen muß: — wenn allen diesen Momenten gegenüber wir wenigstens die Möglichkeit ins Auge fassen, daß Oestreich nicht auf diese Bedin¬ gung eingehen könne und sich einen andern Weg eröffnen müßte, um mit Deutsch¬ land in Verbindung zu bleiben, dann kann man dabei sehr patriotisch sein." „Oestreich stand, was den Verkehr und die geistige Wechselbeziehung betrifft, bis¬ her in einer Verbindung zu uns, die weit laxer war, als diejenige sein wird, in welche wir durch eine blos vertragsmäßige Vereinigung mit ihm treten können. Wir geben also nicht etwas auf, was wir vorher besaßen." Eben so entschieden sprach Wichmann. Man müsse sich jetzt entscheiden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/238>, abgerufen am 26.12.2024.