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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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mit Ausschluß Oestreichs) soll Preußen nicht die Hegemonie haben, sondern
ein einheitliches Oberhaupt soll an der Spitze stehn. "Für die Gesammtleitung
Deutschlands aber, Oestreich einbegriffen, wird eine weitere Einrichtung
getroffen werden müssen. Wir werden einen Organismus schaffen müssen, wo¬
nach eine centrale Leitung der gemeinsamen Interessen des ganzen Deutschland
(eine Centralgewalt in zweiter Potenz) unter Mitwirkung seiner vereinigten Vertreter
(eine Nationalversammlung in dritter Potenz) statt hätte." -- Das gehört frei¬
lich sehr in die Politik der Zukunft. -- Oestreich soll in Italien nur die militä¬
risch nothwendige Grenze, wie sie von Radowitz angegeben ist, behalten; die
Lombardei dagegen und die Hegemonie Italiens ausgeben und sich lediglich auf
den Osten concentriren.

Deutschland und die östreichischen Staaten in einen Staatencomplex zu eini¬
gen, gibt es nur zwei Mittel. Entweder die Föderativrepublik Nordamerika's -- und
dieser Weg würde für jetzt durch die rothe Republik führen, was wir doch ver¬
meiden möchten; oder das Aufgehen Deutschlands in den östreichischen Kaiserstaat.
Gegen das letzte protestirt ganz Deutschland. Einen dritten Weg gibt es aber
nicht. --

Von Gagern komme ich auf eine preußische Notabilität, den Freiherrn von
Vincke. Ich schicke eine Bemerkung voraus, die sich zum Theil auch auf Ga-
gern bezieht. Man könnte sagen, sie gehen mit der Sprache nicht heraus, sie
stellen eine weite, unklare Perspective auf, um die Gemüther durch Hoffnung zu
beruhigen. Bei dem bekannten Charakter dieser Männer halte ich es für unwahr¬
scheinlich. Sie haben es nicht nöthig. Gagern hat das Recht, vieles zu sagen,
was jedem Andern den Verdacht reaktionärer Gesinnung aufbürdete; Vincke steht-
einmal im Rufe einer bestimmten Partei und wird ihm nicht entgehen, wenn
er auch mit Blum'schen Phrasen operirte. Es wäre aber auch unklug. In der
Zeit unserer babylonischen Sprachs - und Begriffsverwirrung heilt nur Eins: un¬
bedingte Klarheit, mag sie auch für den Augenblick das Auge verwunden, wie
der Blitz, und gerade Männer wie Gagern und Vincke scheinen berufen, mit der
Paradoxie der Freiheit dieses Licht zu entzünden. Freilich kann Keiner mehr ge¬
ben als er hat und es ist etwas anders, sich mit Anstand von den Wellen der
Bewegung tragen zu lassen, ein Anderes, ihnen das Bette zu graben, das sie in
seineu Lauf zwingen soll.

Vincke entwickelt mit seiner gewohnten dialektischen Schwäche die Widersprüche
seiner Gegner. Er zeigt, daß die Voraussetzung, eine bloße Personalunion werde
den Einfluß, den Deutschland aus die östreichischen Nebenländer ausüben soll,
möglich machen, auf einer Verwechselung des constitutionellen Kaiserthums mit dem
absoluten beruht. Im constitutionellen Kaiserthum entscheidet die Majorität der
Volksvertreter und ein einheitliches Leben verschiedener souveräner Staaten ist
nicht denkbar, da nothwendig die Interessen auseinandergehen. Er weist nach,


mit Ausschluß Oestreichs) soll Preußen nicht die Hegemonie haben, sondern
ein einheitliches Oberhaupt soll an der Spitze stehn. „Für die Gesammtleitung
Deutschlands aber, Oestreich einbegriffen, wird eine weitere Einrichtung
getroffen werden müssen. Wir werden einen Organismus schaffen müssen, wo¬
nach eine centrale Leitung der gemeinsamen Interessen des ganzen Deutschland
(eine Centralgewalt in zweiter Potenz) unter Mitwirkung seiner vereinigten Vertreter
(eine Nationalversammlung in dritter Potenz) statt hätte." — Das gehört frei¬
lich sehr in die Politik der Zukunft. — Oestreich soll in Italien nur die militä¬
risch nothwendige Grenze, wie sie von Radowitz angegeben ist, behalten; die
Lombardei dagegen und die Hegemonie Italiens ausgeben und sich lediglich auf
den Osten concentriren.

Deutschland und die östreichischen Staaten in einen Staatencomplex zu eini¬
gen, gibt es nur zwei Mittel. Entweder die Föderativrepublik Nordamerika's — und
dieser Weg würde für jetzt durch die rothe Republik führen, was wir doch ver¬
meiden möchten; oder das Aufgehen Deutschlands in den östreichischen Kaiserstaat.
Gegen das letzte protestirt ganz Deutschland. Einen dritten Weg gibt es aber
nicht. —

Von Gagern komme ich auf eine preußische Notabilität, den Freiherrn von
Vincke. Ich schicke eine Bemerkung voraus, die sich zum Theil auch auf Ga-
gern bezieht. Man könnte sagen, sie gehen mit der Sprache nicht heraus, sie
stellen eine weite, unklare Perspective auf, um die Gemüther durch Hoffnung zu
beruhigen. Bei dem bekannten Charakter dieser Männer halte ich es für unwahr¬
scheinlich. Sie haben es nicht nöthig. Gagern hat das Recht, vieles zu sagen,
was jedem Andern den Verdacht reaktionärer Gesinnung aufbürdete; Vincke steht-
einmal im Rufe einer bestimmten Partei und wird ihm nicht entgehen, wenn
er auch mit Blum'schen Phrasen operirte. Es wäre aber auch unklug. In der
Zeit unserer babylonischen Sprachs - und Begriffsverwirrung heilt nur Eins: un¬
bedingte Klarheit, mag sie auch für den Augenblick das Auge verwunden, wie
der Blitz, und gerade Männer wie Gagern und Vincke scheinen berufen, mit der
Paradoxie der Freiheit dieses Licht zu entzünden. Freilich kann Keiner mehr ge¬
ben als er hat und es ist etwas anders, sich mit Anstand von den Wellen der
Bewegung tragen zu lassen, ein Anderes, ihnen das Bette zu graben, das sie in
seineu Lauf zwingen soll.

Vincke entwickelt mit seiner gewohnten dialektischen Schwäche die Widersprüche
seiner Gegner. Er zeigt, daß die Voraussetzung, eine bloße Personalunion werde
den Einfluß, den Deutschland aus die östreichischen Nebenländer ausüben soll,
möglich machen, auf einer Verwechselung des constitutionellen Kaiserthums mit dem
absoluten beruht. Im constitutionellen Kaiserthum entscheidet die Majorität der
Volksvertreter und ein einheitliches Leben verschiedener souveräner Staaten ist
nicht denkbar, da nothwendig die Interessen auseinandergehen. Er weist nach,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/229>, abgerufen am 26.12.2024.