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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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In demselben Gegellsatz, in welchen die Mehrzahl der Bevölkerung Prags
zu den bewaffneten Wienern trat, ist nnn auch die Prager Aula zu der Wiener
Studentenschaft getreten. Am 1.'!. October hielt Rieger in einer im Carolinum
abgehaltenen Stndentenversammlnng eine Rede, worin er die Gründe auseinander¬
setzte, welche die czchischen Deputaten zur Abreise von Wien genöthigt hätten und
den Wiener Aufstand für eine slavenfeindliche, durch magyarische Umtriebe her¬
vorgerufene Bewegung erklärte, gegen die nothwendig im Interesse der Slaven
reagirt werden müsse. Nach ihm sprachen noch die beiden slvvakischcn Agitatoren
Seur und Hnrban, die sich wieder in Prag befinden. Die Rede des erstern war
eine Ehrenrettung des Ban Jellachich, die des andern eine Abhandlung über die
richtige, d. i. slavische Auffassung vou Reaction und Demokratie, die beide nicht
blos politischer, sondern auch nationaler Art sein könnten. -- Nicht lange nach
dieser Versammlung gab nun der Studentenansschnß im Namen der Studenten¬
schaft folgende Erklärung ab: "Die Prager Studirenden seien der überwiegenden
Mehrzahl nach Czechen-Slaven und protestiren deshalb gegen eine jede einseitige
Bevorzugung des deutschen Elementes. Eine von den Deutschen aufgedrungene,
wenn auch republikanische Freiheit könnten sie für keine betrachten, so lange sie
sich in Böhmen als Czechen nicht frei fühlte". Daher erscheine ihnen der Deutsche,
verbunden mit dem Magyaren zur Unterdrückung des Slaventhums, als ihr Tod¬
feind, und der Wiener Aufstand in seinem Anfange nicht als ein reiner Kampf
für die Freiheit, sondern als eine magyarisch-deutsche Bekämpfung des Slaven-
thums." --

Die Anerkennung, welche die Grundsätze uno die Handlungsweise der De-
putirte" vor der studirenden Jngend gefunden haben, ward ihnen auch bei dem
panslavistisch - czechischen Club Prag's, der "Ivv-uisK-t lip-i zu Theil. Am Ul, Okto¬
ber Abends kam eine Deputation dieses Vereines in die Bnrgerressvnrce, um die
dort versammelten NeichLtagsabgeordneten der vollkommenen Billigung aller ih¬
rer bisherige" Schritte zu versichern und ihnen den Beistand des Clubs bei ihrem
fernern Beginnen anzubieten. Pallacky dankte im Namen seiner Kollegen für
die Anerkennung, welche ihnen eine so einflußreiche und achtbare Gesellschaft zu¬
kommen lasse, was um so mehr von Wichtigkeit sei, als sich bereits Spaltungen
in der öffentlichen Meinung zeigten, und ein Theil des Publikums, durch die
Wiener Berichte und eine Fraktion der hiesigen Presse irre geleitet, die Abreise
der Deputirten offen mißbillige. Er ermahnte dann zum festen Zusammenhalten
sowohl gegen die czechenfeindlichen "Magyarv-Fraiitfurtiaiier/' als auch gegen die
Reaktion, welche vielleicht in der Folge vom Militär selbst gegen den ausgesproche¬
nen Willen des Monarchen ausgeübt werden dürfte. Nach ihm sprachen noch andere
Deputirte und zum Schlüsse einigte man sich darüber, durch die Mittel der Publicistik
das Militär auf dem richtigen Standpunkte in der Beurtheilung der Wiener Wirren
zu erhalte". Von diesem hier angesagten publieistischen Wirken der Reichstagöabge-


In demselben Gegellsatz, in welchen die Mehrzahl der Bevölkerung Prags
zu den bewaffneten Wienern trat, ist nnn auch die Prager Aula zu der Wiener
Studentenschaft getreten. Am 1.'!. October hielt Rieger in einer im Carolinum
abgehaltenen Stndentenversammlnng eine Rede, worin er die Gründe auseinander¬
setzte, welche die czchischen Deputaten zur Abreise von Wien genöthigt hätten und
den Wiener Aufstand für eine slavenfeindliche, durch magyarische Umtriebe her¬
vorgerufene Bewegung erklärte, gegen die nothwendig im Interesse der Slaven
reagirt werden müsse. Nach ihm sprachen noch die beiden slvvakischcn Agitatoren
Seur und Hnrban, die sich wieder in Prag befinden. Die Rede des erstern war
eine Ehrenrettung des Ban Jellachich, die des andern eine Abhandlung über die
richtige, d. i. slavische Auffassung vou Reaction und Demokratie, die beide nicht
blos politischer, sondern auch nationaler Art sein könnten. — Nicht lange nach
dieser Versammlung gab nun der Studentenansschnß im Namen der Studenten¬
schaft folgende Erklärung ab: „Die Prager Studirenden seien der überwiegenden
Mehrzahl nach Czechen-Slaven und protestiren deshalb gegen eine jede einseitige
Bevorzugung des deutschen Elementes. Eine von den Deutschen aufgedrungene,
wenn auch republikanische Freiheit könnten sie für keine betrachten, so lange sie
sich in Böhmen als Czechen nicht frei fühlte». Daher erscheine ihnen der Deutsche,
verbunden mit dem Magyaren zur Unterdrückung des Slaventhums, als ihr Tod¬
feind, und der Wiener Aufstand in seinem Anfange nicht als ein reiner Kampf
für die Freiheit, sondern als eine magyarisch-deutsche Bekämpfung des Slaven-
thums." —

Die Anerkennung, welche die Grundsätze uno die Handlungsweise der De-
putirte» vor der studirenden Jngend gefunden haben, ward ihnen auch bei dem
panslavistisch - czechischen Club Prag's, der «Ivv-uisK-t lip-i zu Theil. Am Ul, Okto¬
ber Abends kam eine Deputation dieses Vereines in die Bnrgerressvnrce, um die
dort versammelten NeichLtagsabgeordneten der vollkommenen Billigung aller ih¬
rer bisherige» Schritte zu versichern und ihnen den Beistand des Clubs bei ihrem
fernern Beginnen anzubieten. Pallacky dankte im Namen seiner Kollegen für
die Anerkennung, welche ihnen eine so einflußreiche und achtbare Gesellschaft zu¬
kommen lasse, was um so mehr von Wichtigkeit sei, als sich bereits Spaltungen
in der öffentlichen Meinung zeigten, und ein Theil des Publikums, durch die
Wiener Berichte und eine Fraktion der hiesigen Presse irre geleitet, die Abreise
der Deputirten offen mißbillige. Er ermahnte dann zum festen Zusammenhalten
sowohl gegen die czechenfeindlichen „Magyarv-Fraiitfurtiaiier/' als auch gegen die
Reaktion, welche vielleicht in der Folge vom Militär selbst gegen den ausgesproche¬
nen Willen des Monarchen ausgeübt werden dürfte. Nach ihm sprachen noch andere
Deputirte und zum Schlüsse einigte man sich darüber, durch die Mittel der Publicistik
das Militär auf dem richtigen Standpunkte in der Beurtheilung der Wiener Wirren
zu erhalte». Von diesem hier angesagten publieistischen Wirken der Reichstagöabge-


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[0181] In demselben Gegellsatz, in welchen die Mehrzahl der Bevölkerung Prags zu den bewaffneten Wienern trat, ist nnn auch die Prager Aula zu der Wiener Studentenschaft getreten. Am 1.'!. October hielt Rieger in einer im Carolinum abgehaltenen Stndentenversammlnng eine Rede, worin er die Gründe auseinander¬ setzte, welche die czchischen Deputaten zur Abreise von Wien genöthigt hätten und den Wiener Aufstand für eine slavenfeindliche, durch magyarische Umtriebe her¬ vorgerufene Bewegung erklärte, gegen die nothwendig im Interesse der Slaven reagirt werden müsse. Nach ihm sprachen noch die beiden slvvakischcn Agitatoren Seur und Hnrban, die sich wieder in Prag befinden. Die Rede des erstern war eine Ehrenrettung des Ban Jellachich, die des andern eine Abhandlung über die richtige, d. i. slavische Auffassung vou Reaction und Demokratie, die beide nicht blos politischer, sondern auch nationaler Art sein könnten. — Nicht lange nach dieser Versammlung gab nun der Studentenansschnß im Namen der Studenten¬ schaft folgende Erklärung ab: „Die Prager Studirenden seien der überwiegenden Mehrzahl nach Czechen-Slaven und protestiren deshalb gegen eine jede einseitige Bevorzugung des deutschen Elementes. Eine von den Deutschen aufgedrungene, wenn auch republikanische Freiheit könnten sie für keine betrachten, so lange sie sich in Böhmen als Czechen nicht frei fühlte». Daher erscheine ihnen der Deutsche, verbunden mit dem Magyaren zur Unterdrückung des Slaventhums, als ihr Tod¬ feind, und der Wiener Aufstand in seinem Anfange nicht als ein reiner Kampf für die Freiheit, sondern als eine magyarisch-deutsche Bekämpfung des Slaven- thums." — Die Anerkennung, welche die Grundsätze uno die Handlungsweise der De- putirte» vor der studirenden Jngend gefunden haben, ward ihnen auch bei dem panslavistisch - czechischen Club Prag's, der «Ivv-uisK-t lip-i zu Theil. Am Ul, Okto¬ ber Abends kam eine Deputation dieses Vereines in die Bnrgerressvnrce, um die dort versammelten NeichLtagsabgeordneten der vollkommenen Billigung aller ih¬ rer bisherige» Schritte zu versichern und ihnen den Beistand des Clubs bei ihrem fernern Beginnen anzubieten. Pallacky dankte im Namen seiner Kollegen für die Anerkennung, welche ihnen eine so einflußreiche und achtbare Gesellschaft zu¬ kommen lasse, was um so mehr von Wichtigkeit sei, als sich bereits Spaltungen in der öffentlichen Meinung zeigten, und ein Theil des Publikums, durch die Wiener Berichte und eine Fraktion der hiesigen Presse irre geleitet, die Abreise der Deputirten offen mißbillige. Er ermahnte dann zum festen Zusammenhalten sowohl gegen die czechenfeindlichen „Magyarv-Fraiitfurtiaiier/' als auch gegen die Reaktion, welche vielleicht in der Folge vom Militär selbst gegen den ausgesproche¬ nen Willen des Monarchen ausgeübt werden dürfte. Nach ihm sprachen noch andere Deputirte und zum Schlüsse einigte man sich darüber, durch die Mittel der Publicistik das Militär auf dem richtigen Standpunkte in der Beurtheilung der Wiener Wirren zu erhalte». Von diesem hier angesagten publieistischen Wirken der Reichstagöabge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/181>, abgerufen am 27.12.2024.