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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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und steht dem Bundesdirectorium zur Seite. Alle Angelegenheiten und Gesetze,
ohne Ausnahme, müssen, bevor sie von den Ministern vor die Generalstände
oder das Reichsdirectorinm zur Verhandlung vorzulegen sind, im Staatsrathe er¬
wogen und vorbereitet werden. In diesem wichtigen Kollegium ist es, wo sämmt¬
liche allgemeine und Particnlarinteressen der deutschen Staaten in allen vorkom¬
menden Fällen, ihre gewissenhafte Repräsentation und Ausgleichung finden. Die
Sitzungen des Neichsstaatsraths find nicht öffentlich.

Die Generalstände des deutschen Reichs bestehen aus zwei Häusern, dein
Ober- und Unterhause. Die Mitglieder beider Häuser werden von der Nation
gewählt, n) Das Unterhaus besteht ans Mitgliedern, gewählt nach vom
Gesetze festgesetzten Bestimmungen. Zwei Drittheile der Abgeordneten werden un¬
mittelbar von der Ratio" gewählt; das andere Drittheil beschicken die zweiten
Ständekammern sämmtlicher einzelner Staaten nach vorgenommener Wahl aus ihrer
eigenen Mitte, nach einem vom Gesetz bestimmten Zahlverhältnisse für jede einzelne
Kammer, b) Das Oberhaus besteht aus Mitgliedern ebenfalls von der Nation
gewählt, die wenigstens von ihren Gewählten eine Bürgschaft hinsichtlich der
Erfahrung und eines unabhängigen Besitzthums haben muß; daher sollte Niemand
als Mitglied dieses Hauses gewählt werden können, welcher nicht das vierzigste
Jahr erreicht hat und dein Staate eine direkte Steuer von Gulden jährlich
entrichtet. Mitglieder des Oberhauses vou Rechtswegen, sind nur die unmittel¬
baren Thronerben sämmtlicher deutschen Ncgentenhäuser nach vollendetem Alter von.
2> Jahren, so wie die vier d. Z. präsidirendeu Bürgermeister der vier, freien
Städte Deutschlands während ihrer Amtsdauer. Während seiner Sitzungen sollten
die legislativen Arbeiten aller andern Kammern der einzelnen Staaten ruhen.

Es möge vou der. Centralgewalt an alle höchsten Gerichte deutscher Länder,
die Einladung ergehen, zum Behufe der Bildung des höchsten Reichsgerichts einen
Kollegen aus ihrer Mitte, welchen sie für den Berufensten zu diesem
hohen Richteramte erkennen, aus ihr richterliches Gewissen ohne
alle äußere Einwirkung zu wählen. Diese Richter zusammen bilden den
jedesmaligen stetigen, höchsten Gerichtshof des deutschen Reichs. Er hat seinen
Sitz am Orte des Buudesdirectvrinms und der Reichsstände, und
steht in allen internationalen und anderen wichtigen Rechtsfällen dem Bundes¬
directorium zur Seite."

Man sieht, der Entwurf sucht sich, bei allem Streben nach Einheit und Eon
centration, dem Gegebenen so streng als möglich anzuschließen. Hätte mau gleich
zu Anfang der Bewegung einen ähnlichen angenommen, so hätten wir eine lang¬
samere, aber vielleicht sichere Entwicklung gehabt. Zurückschrauben läßt sich die
Bewegung nicht mehr; die Ereignisse sind mächtiger als alle. Systeme. Tragen,
die Demokraten in Wien wider Erwarten, den Sieg davon, so werden sie. durch


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und steht dem Bundesdirectorium zur Seite. Alle Angelegenheiten und Gesetze,
ohne Ausnahme, müssen, bevor sie von den Ministern vor die Generalstände
oder das Reichsdirectorinm zur Verhandlung vorzulegen sind, im Staatsrathe er¬
wogen und vorbereitet werden. In diesem wichtigen Kollegium ist es, wo sämmt¬
liche allgemeine und Particnlarinteressen der deutschen Staaten in allen vorkom¬
menden Fällen, ihre gewissenhafte Repräsentation und Ausgleichung finden. Die
Sitzungen des Neichsstaatsraths find nicht öffentlich.

Die Generalstände des deutschen Reichs bestehen aus zwei Häusern, dein
Ober- und Unterhause. Die Mitglieder beider Häuser werden von der Nation
gewählt, n) Das Unterhaus besteht ans Mitgliedern, gewählt nach vom
Gesetze festgesetzten Bestimmungen. Zwei Drittheile der Abgeordneten werden un¬
mittelbar von der Ratio» gewählt; das andere Drittheil beschicken die zweiten
Ständekammern sämmtlicher einzelner Staaten nach vorgenommener Wahl aus ihrer
eigenen Mitte, nach einem vom Gesetz bestimmten Zahlverhältnisse für jede einzelne
Kammer, b) Das Oberhaus besteht aus Mitgliedern ebenfalls von der Nation
gewählt, die wenigstens von ihren Gewählten eine Bürgschaft hinsichtlich der
Erfahrung und eines unabhängigen Besitzthums haben muß; daher sollte Niemand
als Mitglied dieses Hauses gewählt werden können, welcher nicht das vierzigste
Jahr erreicht hat und dein Staate eine direkte Steuer von Gulden jährlich
entrichtet. Mitglieder des Oberhauses vou Rechtswegen, sind nur die unmittel¬
baren Thronerben sämmtlicher deutschen Ncgentenhäuser nach vollendetem Alter von.
2> Jahren, so wie die vier d. Z. präsidirendeu Bürgermeister der vier, freien
Städte Deutschlands während ihrer Amtsdauer. Während seiner Sitzungen sollten
die legislativen Arbeiten aller andern Kammern der einzelnen Staaten ruhen.

Es möge vou der. Centralgewalt an alle höchsten Gerichte deutscher Länder,
die Einladung ergehen, zum Behufe der Bildung des höchsten Reichsgerichts einen
Kollegen aus ihrer Mitte, welchen sie für den Berufensten zu diesem
hohen Richteramte erkennen, aus ihr richterliches Gewissen ohne
alle äußere Einwirkung zu wählen. Diese Richter zusammen bilden den
jedesmaligen stetigen, höchsten Gerichtshof des deutschen Reichs. Er hat seinen
Sitz am Orte des Buudesdirectvrinms und der Reichsstände, und
steht in allen internationalen und anderen wichtigen Rechtsfällen dem Bundes¬
directorium zur Seite."

Man sieht, der Entwurf sucht sich, bei allem Streben nach Einheit und Eon
centration, dem Gegebenen so streng als möglich anzuschließen. Hätte mau gleich
zu Anfang der Bewegung einen ähnlichen angenommen, so hätten wir eine lang¬
samere, aber vielleicht sichere Entwicklung gehabt. Zurückschrauben läßt sich die
Bewegung nicht mehr; die Ereignisse sind mächtiger als alle. Systeme. Tragen,
die Demokraten in Wien wider Erwarten, den Sieg davon, so werden sie. durch


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[0113] und steht dem Bundesdirectorium zur Seite. Alle Angelegenheiten und Gesetze, ohne Ausnahme, müssen, bevor sie von den Ministern vor die Generalstände oder das Reichsdirectorinm zur Verhandlung vorzulegen sind, im Staatsrathe er¬ wogen und vorbereitet werden. In diesem wichtigen Kollegium ist es, wo sämmt¬ liche allgemeine und Particnlarinteressen der deutschen Staaten in allen vorkom¬ menden Fällen, ihre gewissenhafte Repräsentation und Ausgleichung finden. Die Sitzungen des Neichsstaatsraths find nicht öffentlich. Die Generalstände des deutschen Reichs bestehen aus zwei Häusern, dein Ober- und Unterhause. Die Mitglieder beider Häuser werden von der Nation gewählt, n) Das Unterhaus besteht ans Mitgliedern, gewählt nach vom Gesetze festgesetzten Bestimmungen. Zwei Drittheile der Abgeordneten werden un¬ mittelbar von der Ratio» gewählt; das andere Drittheil beschicken die zweiten Ständekammern sämmtlicher einzelner Staaten nach vorgenommener Wahl aus ihrer eigenen Mitte, nach einem vom Gesetz bestimmten Zahlverhältnisse für jede einzelne Kammer, b) Das Oberhaus besteht aus Mitgliedern ebenfalls von der Nation gewählt, die wenigstens von ihren Gewählten eine Bürgschaft hinsichtlich der Erfahrung und eines unabhängigen Besitzthums haben muß; daher sollte Niemand als Mitglied dieses Hauses gewählt werden können, welcher nicht das vierzigste Jahr erreicht hat und dein Staate eine direkte Steuer von Gulden jährlich entrichtet. Mitglieder des Oberhauses vou Rechtswegen, sind nur die unmittel¬ baren Thronerben sämmtlicher deutschen Ncgentenhäuser nach vollendetem Alter von. 2> Jahren, so wie die vier d. Z. präsidirendeu Bürgermeister der vier, freien Städte Deutschlands während ihrer Amtsdauer. Während seiner Sitzungen sollten die legislativen Arbeiten aller andern Kammern der einzelnen Staaten ruhen. Es möge vou der. Centralgewalt an alle höchsten Gerichte deutscher Länder, die Einladung ergehen, zum Behufe der Bildung des höchsten Reichsgerichts einen Kollegen aus ihrer Mitte, welchen sie für den Berufensten zu diesem hohen Richteramte erkennen, aus ihr richterliches Gewissen ohne alle äußere Einwirkung zu wählen. Diese Richter zusammen bilden den jedesmaligen stetigen, höchsten Gerichtshof des deutschen Reichs. Er hat seinen Sitz am Orte des Buudesdirectvrinms und der Reichsstände, und steht in allen internationalen und anderen wichtigen Rechtsfällen dem Bundes¬ directorium zur Seite." Man sieht, der Entwurf sucht sich, bei allem Streben nach Einheit und Eon centration, dem Gegebenen so streng als möglich anzuschließen. Hätte mau gleich zu Anfang der Bewegung einen ähnlichen angenommen, so hätten wir eine lang¬ samere, aber vielleicht sichere Entwicklung gehabt. Zurückschrauben läßt sich die Bewegung nicht mehr; die Ereignisse sind mächtiger als alle. Systeme. Tragen, die Demokraten in Wien wider Erwarten, den Sieg davon, so werden sie. durch «r-nzboten. IV. I»«». t4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/113>, abgerufen am 22.07.2024.