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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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wurf aus, wahrscheinlich weil sie reaktionär sein könnten. -- Wer ein halbes
Jahr in der Gemeinde wohnt, großjährig und unbescholten ist, nimmt an den
Souveränitätsrechten der Gemeinde Theil. -- Auch Ausländer, z. B. Russen?
anch Dienstboten, Gesellen? -- Die Gemeindeversammlung wählt ihre Vertreter
und ihre Beamten, sie hat außerdem zu entscheiden über die meisten Kapitals - und
Jnteressenverwendnngen, hat Streitigkeiten zwischen ihren Beamten und ih"
ren Vertretern zu entscheiden, und außerdem über alle Angelegenheiten, wo ihr
Entscheid von einem Viertheil ihrer Mitglieder verlangt wird. Da
nun Jeder, der ein halbes Jahr in der Gemeinde wohnt, Mitglied der Gemein¬
deversammlung ist, so wird diese Bestimmung in kleinen und Mittelstädten ein gu¬
tes Mittel für die Führer der "demokratischen Klubs" werden, ihre Thätigkeit
in die Gemeindeversammlungen zu legen, sie werden doch wenigstens jede Woche
eine Gemeindesache erledigen können und sich im Winter die Klubausgaben für
Beleuchtung und Beheizung sparen. Wir freuen uns dieses Fortschritts. -- Die
Verwaltung der Gemeinden durch Deputirte und Beamte (Bürgermeister) ist im
Allgemeinen so geordnet, daß die bisherigen Gewohnheiten der preußischen Städte¬
ordnung in demokratischer Verjüngung erscheinen und ist manches Gute und Beach¬
tenswerte in diesem Abschnitt. -- Auf dem Gemeindeleben baut sich die Ver¬
fassung der Kreise und Bezirke so auf, daß sich alle Formen der Gemeindever¬
waltung in Kreisen und Bezirken wiederholen, wie in einem chinesischen Sonnen¬
schirm mit drei Dächern über einander, weitläufig, schablonenhaft, für die Bezirke
schädlich und unausführbar. Das Ganze macht den peinlichen Eindruck einer
unfertigen Gesetzstndie; wäre es möglich, ein Volk so zu organisiren, es würde
dem Einzelnen durch zahlreiche Wahlen, Volksversammlungen, Deputationen und
Gemeindepflichten sein Leben ziemlich vollständig absorbirt werden und der Staat
würde vor lauter blühendem Selbstregimeut der Einzelnen ein recht unnützes reak¬
tionäres Institut werden. Darüber freilich würden manche Socialisten sich freuen,
sie könnten aber doch ihrerseits mit dem Gesetzentwurf nicht zufrieden sein, denn
trotz eines wohlwollenden Anhangs über Armenpflege thut der Entwurf nichts für
die Associationen einzelner Klassen der Gemeindegenosscn, welche dem Socialisten
am Herzen liegen. Der diesen Entwurf gemacht hat, ist gewiß ein guter Mensch,
und wenn wir ihn auch uicht für besonders begabt halten können, so werden wir
doch nie an seinem warmen Gefühl zweifeln. Ueberdies scheint er Mitglied des
Brüßler Vereins zur Verbrüderung aller Menschen zu sein, denn der zweite Theil
seines Gesetzentwurfs lautet: "Alle diejenigen Orte, welche für ihre Communal-
bedürfnisse einen eignen Haushalt haben, bilden eine Gemeinde; o, das wäre eine
? große Gemeinde, fast so groß als die Erde! --




wurf aus, wahrscheinlich weil sie reaktionär sein könnten. — Wer ein halbes
Jahr in der Gemeinde wohnt, großjährig und unbescholten ist, nimmt an den
Souveränitätsrechten der Gemeinde Theil. — Auch Ausländer, z. B. Russen?
anch Dienstboten, Gesellen? — Die Gemeindeversammlung wählt ihre Vertreter
und ihre Beamten, sie hat außerdem zu entscheiden über die meisten Kapitals - und
Jnteressenverwendnngen, hat Streitigkeiten zwischen ihren Beamten und ih»
ren Vertretern zu entscheiden, und außerdem über alle Angelegenheiten, wo ihr
Entscheid von einem Viertheil ihrer Mitglieder verlangt wird. Da
nun Jeder, der ein halbes Jahr in der Gemeinde wohnt, Mitglied der Gemein¬
deversammlung ist, so wird diese Bestimmung in kleinen und Mittelstädten ein gu¬
tes Mittel für die Führer der „demokratischen Klubs" werden, ihre Thätigkeit
in die Gemeindeversammlungen zu legen, sie werden doch wenigstens jede Woche
eine Gemeindesache erledigen können und sich im Winter die Klubausgaben für
Beleuchtung und Beheizung sparen. Wir freuen uns dieses Fortschritts. — Die
Verwaltung der Gemeinden durch Deputirte und Beamte (Bürgermeister) ist im
Allgemeinen so geordnet, daß die bisherigen Gewohnheiten der preußischen Städte¬
ordnung in demokratischer Verjüngung erscheinen und ist manches Gute und Beach¬
tenswerte in diesem Abschnitt. — Auf dem Gemeindeleben baut sich die Ver¬
fassung der Kreise und Bezirke so auf, daß sich alle Formen der Gemeindever¬
waltung in Kreisen und Bezirken wiederholen, wie in einem chinesischen Sonnen¬
schirm mit drei Dächern über einander, weitläufig, schablonenhaft, für die Bezirke
schädlich und unausführbar. Das Ganze macht den peinlichen Eindruck einer
unfertigen Gesetzstndie; wäre es möglich, ein Volk so zu organisiren, es würde
dem Einzelnen durch zahlreiche Wahlen, Volksversammlungen, Deputationen und
Gemeindepflichten sein Leben ziemlich vollständig absorbirt werden und der Staat
würde vor lauter blühendem Selbstregimeut der Einzelnen ein recht unnützes reak¬
tionäres Institut werden. Darüber freilich würden manche Socialisten sich freuen,
sie könnten aber doch ihrerseits mit dem Gesetzentwurf nicht zufrieden sein, denn
trotz eines wohlwollenden Anhangs über Armenpflege thut der Entwurf nichts für
die Associationen einzelner Klassen der Gemeindegenosscn, welche dem Socialisten
am Herzen liegen. Der diesen Entwurf gemacht hat, ist gewiß ein guter Mensch,
und wenn wir ihn auch uicht für besonders begabt halten können, so werden wir
doch nie an seinem warmen Gefühl zweifeln. Ueberdies scheint er Mitglied des
Brüßler Vereins zur Verbrüderung aller Menschen zu sein, denn der zweite Theil
seines Gesetzentwurfs lautet: „Alle diejenigen Orte, welche für ihre Communal-
bedürfnisse einen eignen Haushalt haben, bilden eine Gemeinde; o, das wäre eine
? große Gemeinde, fast so groß als die Erde! —




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/104>, abgerufen am 25.12.2024.