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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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bauen und die Reichs ^"M! eme^ugel dich hinstrecken wird über den letzten
Karren, den du Hngestm'ze hast.- Du bist der Aermste von Allen, nicht weil du
am wenigsten hast,. soMr.N., weil dir und deinesgleichen die Freiheit zu allerletzt
kommen wird, und deine Freiheit heißt nicht Deutschland, sondern Zucht für deine
Jugend und verständige Verbindung deines Lebens mit dem Leben deiner Mit¬
menschen durch freie Vereinigungen. Davon weißt du noch wenig/ denn deine
Führer lassen dich nicht fühlen, wie schwach und kläglich dein Verstehen deiner
Lage ist.

Ein schönes Bild. Ein Held der academischen Legion! So frisch die Wan¬
gen, so stattlich der Bart, ritterlich klingt der Säbel an deiner Seite und frei
und trotzig sieht dein Auge zur Bastion herauf. Du fühlst dich als den auser-
wählten Sohn der Freiheit, dir gehört die ganze volle Zukunft. Der Bürger
schmunzelt dir verlegen zu, hoffend sucht der Arbeiter dein Auge und die Frauen
holen tief Athem, so oft deine Schärpe an ihrem Gewände vorbeistreift. Du bist
der ächte König von Wien. Vor deinem Zorn sind Ministerien abwärts gekugelt,
wie hohle Weinfässer, zu dir kommen die Grafen und Herren von Pesth hilfe-
flehend, sich neigend, deine brüderliche Hand erbittend; und du hast die Huld,
sie ihnen zu reichen, du machst die Politik Oestreichs, Deutschlands. Und was
ist dem Haß, deine Liebe, was ist deine Freiheit? Champagnerschaum der Ju¬
gend, er hat den Pfropf gesprengt und fließt frei umher. Nicht lange und er
wird schaal, abgestanden, vertrocknet sein. Armer Bursch! du bist nichts als ein
schlechter Poet, der nichts schreiben kann, als erste Capitel oder Acte; am zweiten
Theile der Werke, da, wo er den flüssigen Stoff in Bewegung setzen, ihm seinen
festen Lauf vorschreiben soll, geht er selbst zu Grunde und seine Arbeit zer¬
fließt. Auch du wirst vergehen und dein Untergang ist nahe. Du hast
nichts als Enthusiasmus und übermüthige Schwärmerei, dein Witz ist grün und
dein Urtheil unreif. Ueber deinem Haupte seh ich die Drähte ragen, an denen
man dich ziehen kann, hierhin, dorthin, nach dem Schall einer abgenutzten Phrase
oder dem Dröhnen eines starken Brustkastens. Dn bist nichts als eine Mario¬
nette der Freiheit, der Pole hat dich gezogen, jetzt spielt dich der adlige Ungar,
morgen ein zugereister Demagoge von der schlechtesten Sorte. Hüte dich vor Bar¬
rikaden, mein Bursch, rufe nicht Vivat, wo du Slava und Eljcn hörst, kaufe
kein rothes Seitenhaut, aber kaufe dir Bücher. -- Du findest den Rath sehr
abgeschmackt! Du hast Unrecht. Jeder Tölpel kann für die Freiheit sterben, aber
für sie zu leben dazu gehört Witz und Weisheit.

Drei Männer hintereinander. Ich grüße euch, Herr Bramarbas, sonst ging
eure Zunge in slavischer Weise, jetzt läuft sie in deutschem Trab. Ob Deutscher,
ob Slave, ihr seid geblieben, was ihr wäret, ein vollgesogener Schwamm, von
Phrasen triefend, man drückt euch aus und wirft euch bei Seite. Die Slaven
haben euch ausgepreßt, jetzt spritzt ihr DoiMwasser. -- Der Zweite aber ist eine


bauen und die Reichs ^«M! eme^ugel dich hinstrecken wird über den letzten
Karren, den du Hngestm'ze hast.- Du bist der Aermste von Allen, nicht weil du
am wenigsten hast,. soMr.N., weil dir und deinesgleichen die Freiheit zu allerletzt
kommen wird, und deine Freiheit heißt nicht Deutschland, sondern Zucht für deine
Jugend und verständige Verbindung deines Lebens mit dem Leben deiner Mit¬
menschen durch freie Vereinigungen. Davon weißt du noch wenig/ denn deine
Führer lassen dich nicht fühlen, wie schwach und kläglich dein Verstehen deiner
Lage ist.

Ein schönes Bild. Ein Held der academischen Legion! So frisch die Wan¬
gen, so stattlich der Bart, ritterlich klingt der Säbel an deiner Seite und frei
und trotzig sieht dein Auge zur Bastion herauf. Du fühlst dich als den auser-
wählten Sohn der Freiheit, dir gehört die ganze volle Zukunft. Der Bürger
schmunzelt dir verlegen zu, hoffend sucht der Arbeiter dein Auge und die Frauen
holen tief Athem, so oft deine Schärpe an ihrem Gewände vorbeistreift. Du bist
der ächte König von Wien. Vor deinem Zorn sind Ministerien abwärts gekugelt,
wie hohle Weinfässer, zu dir kommen die Grafen und Herren von Pesth hilfe-
flehend, sich neigend, deine brüderliche Hand erbittend; und du hast die Huld,
sie ihnen zu reichen, du machst die Politik Oestreichs, Deutschlands. Und was
ist dem Haß, deine Liebe, was ist deine Freiheit? Champagnerschaum der Ju¬
gend, er hat den Pfropf gesprengt und fließt frei umher. Nicht lange und er
wird schaal, abgestanden, vertrocknet sein. Armer Bursch! du bist nichts als ein
schlechter Poet, der nichts schreiben kann, als erste Capitel oder Acte; am zweiten
Theile der Werke, da, wo er den flüssigen Stoff in Bewegung setzen, ihm seinen
festen Lauf vorschreiben soll, geht er selbst zu Grunde und seine Arbeit zer¬
fließt. Auch du wirst vergehen und dein Untergang ist nahe. Du hast
nichts als Enthusiasmus und übermüthige Schwärmerei, dein Witz ist grün und
dein Urtheil unreif. Ueber deinem Haupte seh ich die Drähte ragen, an denen
man dich ziehen kann, hierhin, dorthin, nach dem Schall einer abgenutzten Phrase
oder dem Dröhnen eines starken Brustkastens. Dn bist nichts als eine Mario¬
nette der Freiheit, der Pole hat dich gezogen, jetzt spielt dich der adlige Ungar,
morgen ein zugereister Demagoge von der schlechtesten Sorte. Hüte dich vor Bar¬
rikaden, mein Bursch, rufe nicht Vivat, wo du Slava und Eljcn hörst, kaufe
kein rothes Seitenhaut, aber kaufe dir Bücher. — Du findest den Rath sehr
abgeschmackt! Du hast Unrecht. Jeder Tölpel kann für die Freiheit sterben, aber
für sie zu leben dazu gehört Witz und Weisheit.

Drei Männer hintereinander. Ich grüße euch, Herr Bramarbas, sonst ging
eure Zunge in slavischer Weise, jetzt läuft sie in deutschem Trab. Ob Deutscher,
ob Slave, ihr seid geblieben, was ihr wäret, ein vollgesogener Schwamm, von
Phrasen triefend, man drückt euch aus und wirft euch bei Seite. Die Slaven
haben euch ausgepreßt, jetzt spritzt ihr DoiMwasser. — Der Zweite aber ist eine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/10>, abgerufen am 22.07.2024.