Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.stets eine Muskete auf dem Rücken, um sich gegen etwaige Angriffe der Bourgeoisie Die Lesezimmer in den Konditoreien haben sich sehr stark vermehrt, und man Ueber die Stellung der neuen Regierung -- die sonderbarer Weise in der Der Totaleindruck, den Berlin im gegenwärtigen Augenblicke macht, ist die¬ Und einen Mangel noch: Berlin sieht immer uur auf sich und den preußi¬ Julian Fchmidt. stets eine Muskete auf dem Rücken, um sich gegen etwaige Angriffe der Bourgeoisie Die Lesezimmer in den Konditoreien haben sich sehr stark vermehrt, und man Ueber die Stellung der neuen Regierung — die sonderbarer Weise in der Der Totaleindruck, den Berlin im gegenwärtigen Augenblicke macht, ist die¬ Und einen Mangel noch: Berlin sieht immer uur auf sich und den preußi¬ Julian Fchmidt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0032" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276238"/> <p xml:id="ID_90" prev="#ID_89"> stets eine Muskete auf dem Rücken, um sich gegen etwaige Angriffe der Bourgeoisie<lb/> zu sichern.</p><lb/> <p xml:id="ID_91"> Die Lesezimmer in den Konditoreien haben sich sehr stark vermehrt, und man<lb/> fängt in einigen an, zu rauchen. Doch ist die Zeitungshalle noch immer der<lb/> Centralpunkt der neuigkeitsbedürftigen Berliner.</p><lb/> <p xml:id="ID_92"> Ueber die Stellung der neuen Regierung — die sonderbarer Weise in der<lb/> Provinz, der Camphausen und Hansemann augehören, wenig Sympathien zu haben<lb/> scheint, behalte ich mir vor, im nächsten Artikel einiges zu sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_93"> Der Totaleindruck, den Berlin im gegenwärtigen Augenblicke macht, ist die¬<lb/> ser: sehr viel Kraft, sehr viel Talent, sehr viel Fonds, aber auch sehr wenig<lb/> Haltung. Es ist uoch immer ein frivoler Anstrich, auch in den ernstesten Par¬<lb/> teikämpfen, die an das alte Berlin erinnern.</p><lb/> <p xml:id="ID_94"> Und einen Mangel noch: Berlin sieht immer uur auf sich und den preußi¬<lb/> schen Staat; vou Deutschland ist wenig die Rede. Die Angriffe der süddeutschen<lb/> Blätter in der letzten Zeit hat man mit verächtlichem Achselzucken aufgenommen,<lb/> und mit Recht. Möge man sich aber dabei nicht beruhigen; möge man zu der<lb/> Einsicht kommen, daß Preußen nur in Deutschland groß sein kann, daß das Auf¬<lb/> gehn Preußens in Deutschland mit einer bloßen Phrase nicht abgemacht ist, und<lb/> daß Preußen derjenige Staat ist, der in der Reorganisation des deutschen Vater¬<lb/> lands — zunächst bei sich selbst — die Initiative ergreifen muß. Die soge¬<lb/> nannte Hegemonie ist dann eine müßige Frage.</p><lb/> <note type="byline"> Julian Fchmidt.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
stets eine Muskete auf dem Rücken, um sich gegen etwaige Angriffe der Bourgeoisie
zu sichern.
Die Lesezimmer in den Konditoreien haben sich sehr stark vermehrt, und man
fängt in einigen an, zu rauchen. Doch ist die Zeitungshalle noch immer der
Centralpunkt der neuigkeitsbedürftigen Berliner.
Ueber die Stellung der neuen Regierung — die sonderbarer Weise in der
Provinz, der Camphausen und Hansemann augehören, wenig Sympathien zu haben
scheint, behalte ich mir vor, im nächsten Artikel einiges zu sagen.
Der Totaleindruck, den Berlin im gegenwärtigen Augenblicke macht, ist die¬
ser: sehr viel Kraft, sehr viel Talent, sehr viel Fonds, aber auch sehr wenig
Haltung. Es ist uoch immer ein frivoler Anstrich, auch in den ernstesten Par¬
teikämpfen, die an das alte Berlin erinnern.
Und einen Mangel noch: Berlin sieht immer uur auf sich und den preußi¬
schen Staat; vou Deutschland ist wenig die Rede. Die Angriffe der süddeutschen
Blätter in der letzten Zeit hat man mit verächtlichem Achselzucken aufgenommen,
und mit Recht. Möge man sich aber dabei nicht beruhigen; möge man zu der
Einsicht kommen, daß Preußen nur in Deutschland groß sein kann, daß das Auf¬
gehn Preußens in Deutschland mit einer bloßen Phrase nicht abgemacht ist, und
daß Preußen derjenige Staat ist, der in der Reorganisation des deutschen Vater¬
lands — zunächst bei sich selbst — die Initiative ergreifen muß. Die soge¬
nannte Hegemonie ist dann eine müßige Frage.
Julian Fchmidt.
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