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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Bilder ans der Made in,d Kerne.
i.
Die Schweiz.

Wir gedenken unter dieser Ueberschrift eine Reihe neu erschienener
Schriften zu skizziren, die uns politische und soziale Zustände bestimmter
Völker unserer Zeit veranschaulichen.

Derartige objective Darstellungen thun uns Noth, um uns den Jrr-
gängen eines nebelhaften, unbestimmten Idealismus zu entwinden, der um
so dreister in seinen Forderungen ist, je unklarer er sich selber findet. --

Wir beginnen mit einem kleinen aber inhaltvollen Aufsah aus A. Rü¬
ge's politischen Bildern:

"Politische Briefe über die Schweiz," von Juans, dem Verfasser
der "Neuen Politik."

Wir vermuthen in demselben einen Mann, der sein Leben lang mit
edler Begeisterung für die Freiheit gewirkt und gelitten, der endlich
das Heil der Menschen an die republikanischen Formen, unter denen er
Schutz gefunden, geknüpft hat. So sehr wir-die Berechtigung dieser An¬
sicht, so sehr wir deu Geist anerkennen, mit dem er sie in diesem Aufsatz
an gegebenen Zuständen entwickelt und gerechtfertigt hat, so muß er uus
doch erlauben, von unserm Standpunkt ans ihm in vielen Punkten zu wider¬
sprechen. Wir können nämlich den wahren Fortschritt, der der Menschheit
zu Gute kommt, uur in der verfassungsmäßigen Entwickelung der Gro߬
staaten suchen.

Das gegebene Material ist sehr beachtenswerth, und die Ausstellungen,
die ich zu machen habe, beziehen sich nur auf Einzelnes. Einmal nämlich finde
ich den deutschen Idealismus, oder wie ich es lieber nennen möchte, Schema¬
tismus, gegen den der Verfasser fortwährend polemistrt, doch gar zu sehr in
seiner eignen Darstellung wieder; dann läßt sich nicht verkennen, daß der
Verf. durch seinen Standpunkt öfters verleitet wird, aus localen Interessen
welthistorische zu machen. Das würde an sich nichts schaden, denn wir
wollen ja ein Bild, keine Kritik; nur daß hin und wieder die Färbung des
Bildes darunter leidet.


GmiMcn. IN. 1Ü47. 12
Bilder ans der Made in,d Kerne.
i.
Die Schweiz.

Wir gedenken unter dieser Ueberschrift eine Reihe neu erschienener
Schriften zu skizziren, die uns politische und soziale Zustände bestimmter
Völker unserer Zeit veranschaulichen.

Derartige objective Darstellungen thun uns Noth, um uns den Jrr-
gängen eines nebelhaften, unbestimmten Idealismus zu entwinden, der um
so dreister in seinen Forderungen ist, je unklarer er sich selber findet. —

Wir beginnen mit einem kleinen aber inhaltvollen Aufsah aus A. Rü¬
ge's politischen Bildern:

„Politische Briefe über die Schweiz," von Juans, dem Verfasser
der „Neuen Politik."

Wir vermuthen in demselben einen Mann, der sein Leben lang mit
edler Begeisterung für die Freiheit gewirkt und gelitten, der endlich
das Heil der Menschen an die republikanischen Formen, unter denen er
Schutz gefunden, geknüpft hat. So sehr wir-die Berechtigung dieser An¬
sicht, so sehr wir deu Geist anerkennen, mit dem er sie in diesem Aufsatz
an gegebenen Zuständen entwickelt und gerechtfertigt hat, so muß er uus
doch erlauben, von unserm Standpunkt ans ihm in vielen Punkten zu wider¬
sprechen. Wir können nämlich den wahren Fortschritt, der der Menschheit
zu Gute kommt, uur in der verfassungsmäßigen Entwickelung der Gro߬
staaten suchen.

Das gegebene Material ist sehr beachtenswerth, und die Ausstellungen,
die ich zu machen habe, beziehen sich nur auf Einzelnes. Einmal nämlich finde
ich den deutschen Idealismus, oder wie ich es lieber nennen möchte, Schema¬
tismus, gegen den der Verfasser fortwährend polemistrt, doch gar zu sehr in
seiner eignen Darstellung wieder; dann läßt sich nicht verkennen, daß der
Verf. durch seinen Standpunkt öfters verleitet wird, aus localen Interessen
welthistorische zu machen. Das würde an sich nichts schaden, denn wir
wollen ja ein Bild, keine Kritik; nur daß hin und wieder die Färbung des
Bildes darunter leidet.


GmiMcn. IN. 1Ü47. 12
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[0095] Bilder ans der Made in,d Kerne. i. Die Schweiz. Wir gedenken unter dieser Ueberschrift eine Reihe neu erschienener Schriften zu skizziren, die uns politische und soziale Zustände bestimmter Völker unserer Zeit veranschaulichen. Derartige objective Darstellungen thun uns Noth, um uns den Jrr- gängen eines nebelhaften, unbestimmten Idealismus zu entwinden, der um so dreister in seinen Forderungen ist, je unklarer er sich selber findet. — Wir beginnen mit einem kleinen aber inhaltvollen Aufsah aus A. Rü¬ ge's politischen Bildern: „Politische Briefe über die Schweiz," von Juans, dem Verfasser der „Neuen Politik." Wir vermuthen in demselben einen Mann, der sein Leben lang mit edler Begeisterung für die Freiheit gewirkt und gelitten, der endlich das Heil der Menschen an die republikanischen Formen, unter denen er Schutz gefunden, geknüpft hat. So sehr wir-die Berechtigung dieser An¬ sicht, so sehr wir deu Geist anerkennen, mit dem er sie in diesem Aufsatz an gegebenen Zuständen entwickelt und gerechtfertigt hat, so muß er uus doch erlauben, von unserm Standpunkt ans ihm in vielen Punkten zu wider¬ sprechen. Wir können nämlich den wahren Fortschritt, der der Menschheit zu Gute kommt, uur in der verfassungsmäßigen Entwickelung der Gro߬ staaten suchen. Das gegebene Material ist sehr beachtenswerth, und die Ausstellungen, die ich zu machen habe, beziehen sich nur auf Einzelnes. Einmal nämlich finde ich den deutschen Idealismus, oder wie ich es lieber nennen möchte, Schema¬ tismus, gegen den der Verfasser fortwährend polemistrt, doch gar zu sehr in seiner eignen Darstellung wieder; dann läßt sich nicht verkennen, daß der Verf. durch seinen Standpunkt öfters verleitet wird, aus localen Interessen welthistorische zu machen. Das würde an sich nichts schaden, denn wir wollen ja ein Bild, keine Kritik; nur daß hin und wieder die Färbung des Bildes darunter leidet. GmiMcn. IN. 1Ü47. 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/95>, abgerufen am 28.07.2024.