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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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den" -- der Auslegung fähig, daß die Stände sich mit der Pi-restia -- <jn0mo"Zo
gar nicht, oder mindestens außer Zusammenhang mit den Verhandlungen über die
k. Postulate zu befassen hätten.

Gehen wir aber erst tiefer in die Sache ein, nämlich ans die eigentlichen
Grundlagen unserer Landesverfassung und ihre faktischen Ergebnisse, deren noth'
wendige Folge die angeführten allerhöchsten Bestimmungen waren, so zeigt sich
noch unumstößlicher und klarer die Pflicht und das Recht der Stände, die aller¬
höchsten postulirten LandeSstcnern, sowohl in Bezug auf ihr Ansmaaß, als ihre
Austheilung zu beurtheilen, und nur dasjenige anzunehmen, was die Stände nach
ihrer vollen Ueberzeugung dem Lande auferlegen zu dürfen erachten, denn die in
jedem Krönnngseid neuerdings bestätigte Privilegiumsnrknnde weiland Ferdi¬
nand II. vom 29. Mai 1627 enthält ausdrücklich nachstehende feierliche Zusage:
"Wir wollen auch keine Kontribution oder Steuern anders von unseren gehorsa¬
men Ständen, als auf denen Landtagen vermöge in unserer 1^. 0. sud. lit. ^. V.
gesetzten Articnls begehren, und überdies, was und wann sie selbsten bewilligen,
Ihnen keine Contribution auferlegen."

Dieses hier bestätigte Steuer-Privilegium ist, wie es die Geschichte Böhmens
lehrt, das älteste und bis zum heutigen Tage ungeschmälert in voller Kraft ver¬
bliebene, und wenn Anhänglichkeit und Hingebung die Stände jeder Zeit ange¬
trieben hat, auf die königlichen Propositionen in den meisten Fällen und in den
schwierigsten Zeiten ohne Abminderung einzugehen, so zeigt doch die Geschichte aller
Landtage seit acht Jahrhunderten, daß die Stände auch niemals ihrer Pflicht ent¬
standen sind, nur dann ihr verwilligendes Votum abzugeben, wenn sie es mit vol¬
ler Sachkenntniß zu thun im Stande waren, oder aber gewichtige Motive anderer
Art sie im Interesse ihres Vaterlandes zu solchen Verwilligungen bestimmten.

Es gibt übrigens nicht nur Beispiele, daß die Stände die königlichen Steuer¬
propositionen abgemindert haben, sondern auch solche, wo sie deren Verwilligung
an die Bedingung der eigenen Gebahrnng mit den eingehenden Geldern knüpften,
so z. B. besagt der Landtagsschluß vom Jahr 1628 und mehrerer Nachfolgendes:
"Damit das zur Erhaltung der Grenzfestungen in Ungarn aus der Haussteuer
aufgebrachte Geld nirgends anders wohin verwendet werde, soll der Schina Graf
von Wrtby sich zu den Grenzfestungen diesseits der Donau verfügen, und so lange
diese Summe zureicht, davon auszahlen."

Abminderungen und gänzliche Ablehnungen kommen, um nur von den Zeiten
nach der vereinigten Landesordnung zu sprechen, z. B. im Landtag von 1636 und
1637 vor, wo die von dem König verlangten 60,000 Fi. zur Schuldentilgung in
Hinblick auf die langen Kriegsunruhen gänzlich abgelehnt wurden. Die im Land¬
tag 1654 von Se. Majestät verlangten 500,000 wurden von den Ständen nur mit
450,000 verwilligt, statt der im Landtag von 1655 abermals verlangten 500,000
wurden nur 400,000 verwilligt, und das im zweiten Landtag von 1655 gestellte


den" — der Auslegung fähig, daß die Stände sich mit der Pi-restia — <jn0mo«Zo
gar nicht, oder mindestens außer Zusammenhang mit den Verhandlungen über die
k. Postulate zu befassen hätten.

Gehen wir aber erst tiefer in die Sache ein, nämlich ans die eigentlichen
Grundlagen unserer Landesverfassung und ihre faktischen Ergebnisse, deren noth'
wendige Folge die angeführten allerhöchsten Bestimmungen waren, so zeigt sich
noch unumstößlicher und klarer die Pflicht und das Recht der Stände, die aller¬
höchsten postulirten LandeSstcnern, sowohl in Bezug auf ihr Ansmaaß, als ihre
Austheilung zu beurtheilen, und nur dasjenige anzunehmen, was die Stände nach
ihrer vollen Ueberzeugung dem Lande auferlegen zu dürfen erachten, denn die in
jedem Krönnngseid neuerdings bestätigte Privilegiumsnrknnde weiland Ferdi¬
nand II. vom 29. Mai 1627 enthält ausdrücklich nachstehende feierliche Zusage:
„Wir wollen auch keine Kontribution oder Steuern anders von unseren gehorsa¬
men Ständen, als auf denen Landtagen vermöge in unserer 1^. 0. sud. lit. ^. V.
gesetzten Articnls begehren, und überdies, was und wann sie selbsten bewilligen,
Ihnen keine Contribution auferlegen."

Dieses hier bestätigte Steuer-Privilegium ist, wie es die Geschichte Böhmens
lehrt, das älteste und bis zum heutigen Tage ungeschmälert in voller Kraft ver¬
bliebene, und wenn Anhänglichkeit und Hingebung die Stände jeder Zeit ange¬
trieben hat, auf die königlichen Propositionen in den meisten Fällen und in den
schwierigsten Zeiten ohne Abminderung einzugehen, so zeigt doch die Geschichte aller
Landtage seit acht Jahrhunderten, daß die Stände auch niemals ihrer Pflicht ent¬
standen sind, nur dann ihr verwilligendes Votum abzugeben, wenn sie es mit vol¬
ler Sachkenntniß zu thun im Stande waren, oder aber gewichtige Motive anderer
Art sie im Interesse ihres Vaterlandes zu solchen Verwilligungen bestimmten.

Es gibt übrigens nicht nur Beispiele, daß die Stände die königlichen Steuer¬
propositionen abgemindert haben, sondern auch solche, wo sie deren Verwilligung
an die Bedingung der eigenen Gebahrnng mit den eingehenden Geldern knüpften,
so z. B. besagt der Landtagsschluß vom Jahr 1628 und mehrerer Nachfolgendes:
„Damit das zur Erhaltung der Grenzfestungen in Ungarn aus der Haussteuer
aufgebrachte Geld nirgends anders wohin verwendet werde, soll der Schina Graf
von Wrtby sich zu den Grenzfestungen diesseits der Donau verfügen, und so lange
diese Summe zureicht, davon auszahlen."

Abminderungen und gänzliche Ablehnungen kommen, um nur von den Zeiten
nach der vereinigten Landesordnung zu sprechen, z. B. im Landtag von 1636 und
1637 vor, wo die von dem König verlangten 60,000 Fi. zur Schuldentilgung in
Hinblick auf die langen Kriegsunruhen gänzlich abgelehnt wurden. Die im Land¬
tag 1654 von Se. Majestät verlangten 500,000 wurden von den Ständen nur mit
450,000 verwilligt, statt der im Landtag von 1655 abermals verlangten 500,000
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[0468] den" — der Auslegung fähig, daß die Stände sich mit der Pi-restia — <jn0mo«Zo gar nicht, oder mindestens außer Zusammenhang mit den Verhandlungen über die k. Postulate zu befassen hätten. Gehen wir aber erst tiefer in die Sache ein, nämlich ans die eigentlichen Grundlagen unserer Landesverfassung und ihre faktischen Ergebnisse, deren noth' wendige Folge die angeführten allerhöchsten Bestimmungen waren, so zeigt sich noch unumstößlicher und klarer die Pflicht und das Recht der Stände, die aller¬ höchsten postulirten LandeSstcnern, sowohl in Bezug auf ihr Ansmaaß, als ihre Austheilung zu beurtheilen, und nur dasjenige anzunehmen, was die Stände nach ihrer vollen Ueberzeugung dem Lande auferlegen zu dürfen erachten, denn die in jedem Krönnngseid neuerdings bestätigte Privilegiumsnrknnde weiland Ferdi¬ nand II. vom 29. Mai 1627 enthält ausdrücklich nachstehende feierliche Zusage: „Wir wollen auch keine Kontribution oder Steuern anders von unseren gehorsa¬ men Ständen, als auf denen Landtagen vermöge in unserer 1^. 0. sud. lit. ^. V. gesetzten Articnls begehren, und überdies, was und wann sie selbsten bewilligen, Ihnen keine Contribution auferlegen." Dieses hier bestätigte Steuer-Privilegium ist, wie es die Geschichte Böhmens lehrt, das älteste und bis zum heutigen Tage ungeschmälert in voller Kraft ver¬ bliebene, und wenn Anhänglichkeit und Hingebung die Stände jeder Zeit ange¬ trieben hat, auf die königlichen Propositionen in den meisten Fällen und in den schwierigsten Zeiten ohne Abminderung einzugehen, so zeigt doch die Geschichte aller Landtage seit acht Jahrhunderten, daß die Stände auch niemals ihrer Pflicht ent¬ standen sind, nur dann ihr verwilligendes Votum abzugeben, wenn sie es mit vol¬ ler Sachkenntniß zu thun im Stande waren, oder aber gewichtige Motive anderer Art sie im Interesse ihres Vaterlandes zu solchen Verwilligungen bestimmten. Es gibt übrigens nicht nur Beispiele, daß die Stände die königlichen Steuer¬ propositionen abgemindert haben, sondern auch solche, wo sie deren Verwilligung an die Bedingung der eigenen Gebahrnng mit den eingehenden Geldern knüpften, so z. B. besagt der Landtagsschluß vom Jahr 1628 und mehrerer Nachfolgendes: „Damit das zur Erhaltung der Grenzfestungen in Ungarn aus der Haussteuer aufgebrachte Geld nirgends anders wohin verwendet werde, soll der Schina Graf von Wrtby sich zu den Grenzfestungen diesseits der Donau verfügen, und so lange diese Summe zureicht, davon auszahlen." Abminderungen und gänzliche Ablehnungen kommen, um nur von den Zeiten nach der vereinigten Landesordnung zu sprechen, z. B. im Landtag von 1636 und 1637 vor, wo die von dem König verlangten 60,000 Fi. zur Schuldentilgung in Hinblick auf die langen Kriegsunruhen gänzlich abgelehnt wurden. Die im Land¬ tag 1654 von Se. Majestät verlangten 500,000 wurden von den Ständen nur mit 450,000 verwilligt, statt der im Landtag von 1655 abermals verlangten 500,000 wurden nur 400,000 verwilligt, und das im zweiten Landtag von 1655 gestellte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/468>, abgerufen am 28.07.2024.