Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.nigstens wurde nichts von alle dem, was Einer von ihnen vorgebracht hatte, von Während z. B. Graf Friedrich Deym eine Unzahl geschichtlicher Daten bei¬ Noch in keiner ständischen und keiner Landtagsversammlung ist mit der Auf¬ Man sah es den acht Rednern an, wie sie jedes Wort wohl überlegt hatten, Die hervorragendsten Redner waren, außer dem bereits genannten Grasen Als die Debatte geschlossen war, und der Landtagsdirector nunmehr zur Ab¬ Dieser Vorgang hatte für des LandtagSdirectors Zweck die übelsten Folgen, Es wäre wirklich nöthig, daß bei der Hofkanzlei ein Cursus über die Geschichte sämmt¬ licher Provinzialstände Oesterreichs eröffnet, und der Besuch desselben für die Hofräthe obligat gemacht würde. **) Obschon in Oesterreich nicht nur bei den gerichtlichen, sondern auch bei den politischen Behörden fast überall Gremial-Sitzungen bestehen, in welchen der Vorsitzende nur dann ein Grenzüotm. III. I8i7. gs)
nigstens wurde nichts von alle dem, was Einer von ihnen vorgebracht hatte, von Während z. B. Graf Friedrich Deym eine Unzahl geschichtlicher Daten bei¬ Noch in keiner ständischen und keiner Landtagsversammlung ist mit der Auf¬ Man sah es den acht Rednern an, wie sie jedes Wort wohl überlegt hatten, Die hervorragendsten Redner waren, außer dem bereits genannten Grasen Als die Debatte geschlossen war, und der Landtagsdirector nunmehr zur Ab¬ Dieser Vorgang hatte für des LandtagSdirectors Zweck die übelsten Folgen, Es wäre wirklich nöthig, daß bei der Hofkanzlei ein Cursus über die Geschichte sämmt¬ licher Provinzialstände Oesterreichs eröffnet, und der Besuch desselben für die Hofräthe obligat gemacht würde. **) Obschon in Oesterreich nicht nur bei den gerichtlichen, sondern auch bei den politischen Behörden fast überall Gremial-Sitzungen bestehen, in welchen der Vorsitzende nur dann ein Grenzüotm. III. I8i7. gs)
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0459" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184619"/> <p xml:id="ID_1611" prev="#ID_1610"> nigstens wurde nichts von alle dem, was Einer von ihnen vorgebracht hatte, von<lb/> einem Anderen widerlegt; — der Unterschied bestand nur darin, daß jeder wieder<lb/> neues Material zu der Masse des bereits vorhandenen zubrachte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1612"> Während z. B. Graf Friedrich Deym eine Unzahl geschichtlicher Daten bei¬<lb/> brachte, welche alle bewiesen, wie die Stände zu allen Zeiten, nicht nur über die<lb/> Fragen -in und «juouwilo berathen, — sondern auch über beide abgesprochen, und<lb/> königliche Propositionen aller Art modulirt, manchmal auch ganz abgelehnt hatten"),<lb/> während er also die vorliegende Frage vorzüglich geschichtlich beleuchtete, drangen<lb/> Andere um so tiefer in das Moralische und Logische derselben ein, ohne jedoch ei¬<lb/> nen bestimmten Antrag zu stellen; — und noch Andere beleuchteten grade wieder<lb/> das peinliche Dilemma, in welchem sich die Stände gegenwärtig befinden; — be¬<lb/> sprachen das Mittel, welches jetzt versucht werden sollte, und schlugen als solches<lb/> eine zweite Landtagsschrift vor, — deuteten endlich auch darauf hin, was, wenn<lb/> auch die zweite Landtagsschrift erfolglos bleiben sollte, zuletzt zu thun sei, um we¬<lb/> nigstens mit Ehren zu fallen, und die Verantwortlichkeit für das, was dann die<lb/> Zukunft bringen dürfte, Jenen zu überlassen, die es mit Gewalt hervorgerufen<lb/> haben würden. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1613"> Noch in keiner ständischen und keiner Landtagsversammlung ist mit der Auf¬<lb/> merksamkeit zugehört, aber auch mit der Ruhe und Würde, mit dem Ernste ge¬<lb/> sprochen worden, wie in dieser.</p><lb/> <p xml:id="ID_1614"> Man sah es den acht Rednern an, wie sie jedes Wort wohl überlegt hatten,<lb/> wie tief sie aber auch jedes fühlten, und wie ihre Zunge nichts, als der getreue<lb/> Dollmetsch einer festwurzelnden Ueberzeugung sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1615"> Die hervorragendsten Redner waren, außer dem bereits genannten Grasen<lb/> Deym, der Fürst Karl Auersperg, die Grafen Erwein und Albert Nostiz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1616"> Als die Debatte geschlossen war, und der Landtagsdirector nunmehr zur Ab¬<lb/> stimmung schreiten zu wollen erklärte, überschritt er darin seine Grenzen, indem<lb/> er nach Resumirung der ganzen Verhandlung nicht sogleich zur Abstimmung aus¬<lb/> lief, sondern vorerst sein eigenes Votum einschaltete, und durch die darin vorkom¬<lb/> menden merkwürdigen Worte: „Die Herren Stände werden es sich selbst zuzu¬<lb/> schreiben haben, wenn sich die Warnung des Vaters in die Ungnade<lb/> des Herrn verwandelt," einzuschüchtern suchte*").</p><lb/> <p xml:id="ID_1617" next="#ID_1618"> Dieser Vorgang hatte für des LandtagSdirectors Zweck die übelsten Folgen,<lb/> denn statt einzuschüchtern, erbitterte er, und stachelte erst recht auf. In wessen</p><lb/> <note xml:id="FID_38" place="foot"> Es wäre wirklich nöthig, daß bei der Hofkanzlei ein Cursus über die Geschichte sämmt¬<lb/> licher Provinzialstände Oesterreichs eröffnet, und der Besuch desselben für die Hofräthe obligat<lb/> gemacht würde.</note><lb/> <note xml:id="FID_39" place="foot" next="#FID_40"> **) Obschon in Oesterreich nicht nur bei den gerichtlichen, sondern auch bei den politischen<lb/> Behörden fast überall Gremial-Sitzungen bestehen, in welchen der Vorsitzende nur dann ein</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzüotm. III. I8i7. gs)</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0459]
nigstens wurde nichts von alle dem, was Einer von ihnen vorgebracht hatte, von
einem Anderen widerlegt; — der Unterschied bestand nur darin, daß jeder wieder
neues Material zu der Masse des bereits vorhandenen zubrachte.
Während z. B. Graf Friedrich Deym eine Unzahl geschichtlicher Daten bei¬
brachte, welche alle bewiesen, wie die Stände zu allen Zeiten, nicht nur über die
Fragen -in und «juouwilo berathen, — sondern auch über beide abgesprochen, und
königliche Propositionen aller Art modulirt, manchmal auch ganz abgelehnt hatten"),
während er also die vorliegende Frage vorzüglich geschichtlich beleuchtete, drangen
Andere um so tiefer in das Moralische und Logische derselben ein, ohne jedoch ei¬
nen bestimmten Antrag zu stellen; — und noch Andere beleuchteten grade wieder
das peinliche Dilemma, in welchem sich die Stände gegenwärtig befinden; — be¬
sprachen das Mittel, welches jetzt versucht werden sollte, und schlugen als solches
eine zweite Landtagsschrift vor, — deuteten endlich auch darauf hin, was, wenn
auch die zweite Landtagsschrift erfolglos bleiben sollte, zuletzt zu thun sei, um we¬
nigstens mit Ehren zu fallen, und die Verantwortlichkeit für das, was dann die
Zukunft bringen dürfte, Jenen zu überlassen, die es mit Gewalt hervorgerufen
haben würden. —
Noch in keiner ständischen und keiner Landtagsversammlung ist mit der Auf¬
merksamkeit zugehört, aber auch mit der Ruhe und Würde, mit dem Ernste ge¬
sprochen worden, wie in dieser.
Man sah es den acht Rednern an, wie sie jedes Wort wohl überlegt hatten,
wie tief sie aber auch jedes fühlten, und wie ihre Zunge nichts, als der getreue
Dollmetsch einer festwurzelnden Ueberzeugung sei.
Die hervorragendsten Redner waren, außer dem bereits genannten Grasen
Deym, der Fürst Karl Auersperg, die Grafen Erwein und Albert Nostiz.
Als die Debatte geschlossen war, und der Landtagsdirector nunmehr zur Ab¬
stimmung schreiten zu wollen erklärte, überschritt er darin seine Grenzen, indem
er nach Resumirung der ganzen Verhandlung nicht sogleich zur Abstimmung aus¬
lief, sondern vorerst sein eigenes Votum einschaltete, und durch die darin vorkom¬
menden merkwürdigen Worte: „Die Herren Stände werden es sich selbst zuzu¬
schreiben haben, wenn sich die Warnung des Vaters in die Ungnade
des Herrn verwandelt," einzuschüchtern suchte*").
Dieser Vorgang hatte für des LandtagSdirectors Zweck die übelsten Folgen,
denn statt einzuschüchtern, erbitterte er, und stachelte erst recht auf. In wessen
Es wäre wirklich nöthig, daß bei der Hofkanzlei ein Cursus über die Geschichte sämmt¬
licher Provinzialstände Oesterreichs eröffnet, und der Besuch desselben für die Hofräthe obligat
gemacht würde.
**) Obschon in Oesterreich nicht nur bei den gerichtlichen, sondern auch bei den politischen
Behörden fast überall Gremial-Sitzungen bestehen, in welchen der Vorsitzende nur dann ein
Grenzüotm. III. I8i7. gs)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |