Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Vorsitzende, Herr Roebuck, fragt Herrn Fladgate, den Agenten
Walters.

F. "Welches sind die Hauptsachen der Bestechung?" -- A. "Man hat
in's Werk gesetzt, was man in Nottingham das System des Korbgeldes
(l,"Stock moiis)') nennt. Nämlich drei bis vier Wochen vor der Wahl be¬
suchen die Wähler die Mitglieder, welche gegenwärtig im Besitz sind, oder
ihre Agenten, und fordern das Korbgeld, welches deshalb so genannt wird,
weil man es am Sonnabend auszahlt, also am Markttag, und weil es dein
Namen nach dazu verwendet wird, Lebensmittel für die Woche zu kaufen.
Die Austheilung findet in eiuer bestimmten Herberge statt, und die Votircn-
den empfangen 10--12 Shilling" .....

Das ist nur einer von den Wahlgebräuchen, wie man sie in Notting¬
ham anwendet, es gibt noch andere, die viel pittoresker sind, z. B. die
Wähler wie Hammel in einen Park einzusperren, oder sie betrunken einige
Meilen vom Wahlort zu entführen. Wir lassen uoch einmal den Agenten
des Herrn Walter reden.

"Wir würden bewiesen haben, daß eine große Anzahl von Votirenden
betrunken gemacht und in die Nachbarschaft, zuweilen ziemlich weit, entführt
worden; ihrer 20 hat man bis nach Gravesend geschleppt; ebenso, daß
man während dieser Reise mehrere von diesen Leuten dahin brachte, ihr
Votum zu versprechen, und daß man diejenigen, die es nicht versprachen, so
weit entführte, daß sie zur Stimmzeit nicht an Ort und Stelle sein konnten.
-- F. Wissen Sie, wie viel man ans diese Art entführt hat? -- A. Unge¬
fähr 300. -- F. Ist's wahr, daß einige Wähler eingesperrt wurden? (coopeö.)
-- A. Ja wohl, nicht in Nottingham, sondern zwölf Meilen von da. --
F. Wissen Sie, in welchen Häusern? -- A. In dem des Lord Nanclisse ze.,
anch in den Gärten des Lord Melbnrne. Drei bis vier Tage vor der
Wahl wurden fie in die Gärten eingeladen, sie übernachteten in den Her¬
bergen der Nachbarschaft, und des Morgens führte man sie in die Gärten,
bewahrte sie dort den ganzen Tag, und machte sie Abends betrunken. --
F. Wie viel Wähler gab es? -- A. S000, und ich habe berechnet, daß
2000 davon erkauft waren."

Lord Melbnrne spielt dabei keine glänzende Rolle; in den Gärten des
Premierministers werden die Wähler eingesperrt und zwar zu Gunsten eines
andern Mitglieds des Ministeriums.

Auch die Aussage des Sir John Hobhouse, ehemaligen Colonialmini-
sters, ist merkwürdig.


Gmizl'öde". III. I8i7. 42

Der Vorsitzende, Herr Roebuck, fragt Herrn Fladgate, den Agenten
Walters.

F. „Welches sind die Hauptsachen der Bestechung?" — A. „Man hat
in's Werk gesetzt, was man in Nottingham das System des Korbgeldes
(l,»Stock moiis)') nennt. Nämlich drei bis vier Wochen vor der Wahl be¬
suchen die Wähler die Mitglieder, welche gegenwärtig im Besitz sind, oder
ihre Agenten, und fordern das Korbgeld, welches deshalb so genannt wird,
weil man es am Sonnabend auszahlt, also am Markttag, und weil es dein
Namen nach dazu verwendet wird, Lebensmittel für die Woche zu kaufen.
Die Austheilung findet in eiuer bestimmten Herberge statt, und die Votircn-
den empfangen 10—12 Shilling" .....

Das ist nur einer von den Wahlgebräuchen, wie man sie in Notting¬
ham anwendet, es gibt noch andere, die viel pittoresker sind, z. B. die
Wähler wie Hammel in einen Park einzusperren, oder sie betrunken einige
Meilen vom Wahlort zu entführen. Wir lassen uoch einmal den Agenten
des Herrn Walter reden.

„Wir würden bewiesen haben, daß eine große Anzahl von Votirenden
betrunken gemacht und in die Nachbarschaft, zuweilen ziemlich weit, entführt
worden; ihrer 20 hat man bis nach Gravesend geschleppt; ebenso, daß
man während dieser Reise mehrere von diesen Leuten dahin brachte, ihr
Votum zu versprechen, und daß man diejenigen, die es nicht versprachen, so
weit entführte, daß sie zur Stimmzeit nicht an Ort und Stelle sein konnten.
— F. Wissen Sie, wie viel man ans diese Art entführt hat? — A. Unge¬
fähr 300. — F. Ist's wahr, daß einige Wähler eingesperrt wurden? (coopeö.)
— A. Ja wohl, nicht in Nottingham, sondern zwölf Meilen von da. —
F. Wissen Sie, in welchen Häusern? — A. In dem des Lord Nanclisse ze.,
anch in den Gärten des Lord Melbnrne. Drei bis vier Tage vor der
Wahl wurden fie in die Gärten eingeladen, sie übernachteten in den Her¬
bergen der Nachbarschaft, und des Morgens führte man sie in die Gärten,
bewahrte sie dort den ganzen Tag, und machte sie Abends betrunken. —
F. Wie viel Wähler gab es? — A. S000, und ich habe berechnet, daß
2000 davon erkauft waren."

Lord Melbnrne spielt dabei keine glänzende Rolle; in den Gärten des
Premierministers werden die Wähler eingesperrt und zwar zu Gunsten eines
andern Mitglieds des Ministeriums.

Auch die Aussage des Sir John Hobhouse, ehemaligen Colonialmini-
sters, ist merkwürdig.


Gmizl'öde». III. I8i7. 42
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184483"/>
          <p xml:id="ID_1074"> Der Vorsitzende, Herr Roebuck, fragt Herrn Fladgate, den Agenten<lb/>
Walters.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1075"> F. &#x201E;Welches sind die Hauptsachen der Bestechung?" &#x2014; A. &#x201E;Man hat<lb/>
in's Werk gesetzt, was man in Nottingham das System des Korbgeldes<lb/>
(l,»Stock moiis)') nennt. Nämlich drei bis vier Wochen vor der Wahl be¬<lb/>
suchen die Wähler die Mitglieder, welche gegenwärtig im Besitz sind, oder<lb/>
ihre Agenten, und fordern das Korbgeld, welches deshalb so genannt wird,<lb/>
weil man es am Sonnabend auszahlt, also am Markttag, und weil es dein<lb/>
Namen nach dazu verwendet wird, Lebensmittel für die Woche zu kaufen.<lb/>
Die Austheilung findet in eiuer bestimmten Herberge statt, und die Votircn-<lb/>
den empfangen 10&#x2014;12 Shilling" .....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1076"> Das ist nur einer von den Wahlgebräuchen, wie man sie in Notting¬<lb/>
ham anwendet, es gibt noch andere, die viel pittoresker sind, z. B. die<lb/>
Wähler wie Hammel in einen Park einzusperren, oder sie betrunken einige<lb/>
Meilen vom Wahlort zu entführen. Wir lassen uoch einmal den Agenten<lb/>
des Herrn Walter reden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1077"> &#x201E;Wir würden bewiesen haben, daß eine große Anzahl von Votirenden<lb/>
betrunken gemacht und in die Nachbarschaft, zuweilen ziemlich weit, entführt<lb/>
worden; ihrer 20 hat man bis nach Gravesend geschleppt; ebenso, daß<lb/>
man während dieser Reise mehrere von diesen Leuten dahin brachte, ihr<lb/>
Votum zu versprechen, und daß man diejenigen, die es nicht versprachen, so<lb/>
weit entführte, daß sie zur Stimmzeit nicht an Ort und Stelle sein konnten.<lb/>
&#x2014; F. Wissen Sie, wie viel man ans diese Art entführt hat? &#x2014; A. Unge¬<lb/>
fähr 300. &#x2014; F. Ist's wahr, daß einige Wähler eingesperrt wurden? (coopeö.)<lb/>
&#x2014; A. Ja wohl, nicht in Nottingham, sondern zwölf Meilen von da. &#x2014;<lb/>
F. Wissen Sie, in welchen Häusern? &#x2014; A. In dem des Lord Nanclisse ze.,<lb/>
anch in den Gärten des Lord Melbnrne. Drei bis vier Tage vor der<lb/>
Wahl wurden fie in die Gärten eingeladen, sie übernachteten in den Her¬<lb/>
bergen der Nachbarschaft, und des Morgens führte man sie in die Gärten,<lb/>
bewahrte sie dort den ganzen Tag, und machte sie Abends betrunken. &#x2014;<lb/>
F. Wie viel Wähler gab es? &#x2014; A. S000, und ich habe berechnet, daß<lb/>
2000 davon erkauft waren."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1078"> Lord Melbnrne spielt dabei keine glänzende Rolle; in den Gärten des<lb/>
Premierministers werden die Wähler eingesperrt und zwar zu Gunsten eines<lb/>
andern Mitglieds des Ministeriums.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1079"> Auch die Aussage des Sir John Hobhouse, ehemaligen Colonialmini-<lb/>
sters, ist merkwürdig.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Gmizl'öde». III. I8i7. 42</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0323] Der Vorsitzende, Herr Roebuck, fragt Herrn Fladgate, den Agenten Walters. F. „Welches sind die Hauptsachen der Bestechung?" — A. „Man hat in's Werk gesetzt, was man in Nottingham das System des Korbgeldes (l,»Stock moiis)') nennt. Nämlich drei bis vier Wochen vor der Wahl be¬ suchen die Wähler die Mitglieder, welche gegenwärtig im Besitz sind, oder ihre Agenten, und fordern das Korbgeld, welches deshalb so genannt wird, weil man es am Sonnabend auszahlt, also am Markttag, und weil es dein Namen nach dazu verwendet wird, Lebensmittel für die Woche zu kaufen. Die Austheilung findet in eiuer bestimmten Herberge statt, und die Votircn- den empfangen 10—12 Shilling" ..... Das ist nur einer von den Wahlgebräuchen, wie man sie in Notting¬ ham anwendet, es gibt noch andere, die viel pittoresker sind, z. B. die Wähler wie Hammel in einen Park einzusperren, oder sie betrunken einige Meilen vom Wahlort zu entführen. Wir lassen uoch einmal den Agenten des Herrn Walter reden. „Wir würden bewiesen haben, daß eine große Anzahl von Votirenden betrunken gemacht und in die Nachbarschaft, zuweilen ziemlich weit, entführt worden; ihrer 20 hat man bis nach Gravesend geschleppt; ebenso, daß man während dieser Reise mehrere von diesen Leuten dahin brachte, ihr Votum zu versprechen, und daß man diejenigen, die es nicht versprachen, so weit entführte, daß sie zur Stimmzeit nicht an Ort und Stelle sein konnten. — F. Wissen Sie, wie viel man ans diese Art entführt hat? — A. Unge¬ fähr 300. — F. Ist's wahr, daß einige Wähler eingesperrt wurden? (coopeö.) — A. Ja wohl, nicht in Nottingham, sondern zwölf Meilen von da. — F. Wissen Sie, in welchen Häusern? — A. In dem des Lord Nanclisse ze., anch in den Gärten des Lord Melbnrne. Drei bis vier Tage vor der Wahl wurden fie in die Gärten eingeladen, sie übernachteten in den Her¬ bergen der Nachbarschaft, und des Morgens führte man sie in die Gärten, bewahrte sie dort den ganzen Tag, und machte sie Abends betrunken. — F. Wie viel Wähler gab es? — A. S000, und ich habe berechnet, daß 2000 davon erkauft waren." Lord Melbnrne spielt dabei keine glänzende Rolle; in den Gärten des Premierministers werden die Wähler eingesperrt und zwar zu Gunsten eines andern Mitglieds des Ministeriums. Auch die Aussage des Sir John Hobhouse, ehemaligen Colonialmini- sters, ist merkwürdig. Gmizl'öde». III. I8i7. 42

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/323
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/323>, abgerufen am 28.07.2024.