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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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mcnwirkenS jenes Quartettes von Hofburgtheatcr-Mitgliedern zu gedenken. Einige
Phantasie und wir konnten uns in manchen Scenen der aufgeführten Lustspiele
-- in welchem Bereiche anch das heimische Ensemble sehr Nchtungswcrthes leistet
-- nach Wien verseht wähnen. Die noble, kluge, aller Freiheiten ihrer Kunst
und der überraschendsten Naturnüaneen mächtige Amalie Haitzinger; die zarte,
gemüthvolle, liebliche Louise Ncumannder grundehrliche, kernige, mit sei¬
ner stets widerkchrendcn humoristischen Persönlichkeit, doch nie ermüdende Wil¬
helm, endlich der herrliche La Roche, ein Künstler voll Wahrheit und Na¬
tur, ein unwiderstehlicher Vermittler zwischen Bühnenspiel und Wirklichkeit, ein
Mann, dessen GcmüthSton mich ergriffen hat, wie kein schmelzender Bra-
vonrlaut einer Sängerin es je vermochte, der Mann dessen schlichtbürgcrliches
Austreten und Darstellen mehr Würde hat, als das gespreizte Majestätischthun
von hundert Stelzcnschauspielern zusammengenommen -- welch' eine Reihe unver¬
geßlicher Theaterabende haben sie uns verschafft! -- Mit Freuden schreib' ich es
nieder, diese Wiener Kunstdcputirtc wurden hier nach Verdienst gefeiert. Die
Haitzingcr und ihre graziöse Tochter, diese beiden herzigen "Schwäbinnen", wer¬
den schon im nächsten Sommer wieder auf dem Thaiiatheater erwartet, wahr¬
scheinlich wird auch La Roche vou Neuem daselbst wirken müssen. Einer größern
Beliebtheit als dieser hat sich nie ein gastirender Schauspieler in Hamburg er¬
freut. Obwohl seit 1845 zum dritten Male hier, füllte er in seinen ostgeschc-
nen Rollen, selbst bei dem schönsten Wetter, das Haus, und genießt im ganzen





*) In" "Telegraph" sagt Theodor Wahl, ""aß sie jetzt die erste Schauspielen" ihre" Fache" in
DeiUschland ist. Alles erscheint wahr, ne" und c/lit a" ihri nirgend" zeigt sich Manier, nirgends
Nachahmung, überall Ursprünglichkeit, Was besonders mich angeht, so must ich bekennen, daß sie
mir wohlthut bis in die Seele hinein. Sie bringt in r mitten in den Dunst des berlinischen Som-
merlebens den frischen, wie mit Reseda- n"d Bcilchcndnst durchzogenen Hauch einer schönen, edlen
Mcnschcmiatnr." Was un" selbst betrifft, so stimmen wir vollkommen in dieses enthusiastische Lob
mit ein, denn wir finden in Fräul. Louise N er in a n n wirklich die ausgezeichnete Künstlerin, als
welche der Uns sie verkündet hat. Besonders entzückt hat uns an ihr die Sauberkeit und Grazie,
mit der sie ihre Rollen auszuführen Pflegt. Mit einem Vlick, einem Wort, einer sinnigen Beto¬
nung, einer pikante" Nuance wirkt und erreicht sie oft mehr, als andere Damen ihres Faches mit
allem brillanten Feuerwerk ihrer Rhetorik, mit allen, schweren Geschütz ihrer Leidens-hast. Wie der
nnveig-fluch- Scpdelman" wirkt sie hauptsächlich dadurch großartig, daß sie ihre Gestatte" bis in
die lini"sten Fasern hinab auszuführen versteht. Sie läßt keine Stell- leer in ihrer Rolle. Mes
darin wird """gefüllt, sei c" durch ein Lächeln, ein Mmidverziche", -in Augenausschlcigen. Wa" noch besonders an ihr z" rühmen sein dürfte, daS ist die Decenz, mit der sie spielt,
nicht allein die künstlerische, sonder" auch die moralische, Sie geht mit "indes über den Rahmen
der Bühne hinaus, mit keiner Bewegung, mit keinem Blicke. Sie steht weder in'S Parquet, "och
in den ersten Rang, noch in die ProsccniumSlogc"; sie sieht "irgcnö ander" hin. als in den Raum,
auf dem sie spielt "ut der ihre Welt bedeutet. Wie selten dies heut ," Tage "utar den Künstle,innen zu finden, wisse" wir 'Alle. E" hat
wohl Zeder schon einmal Gelegenheit gehabt, da" kokette Blinzeln, das frivole Avanccnmachcn zu
bemerke", da" die j""ge" Damen der Bühne mit diesem oder jenem Elegant, diesem oder jenem
Lio" der Gesellschaft von der Scene in den Zuschauerraum hinauf oder hinab zu ""t-rhaltc" pflegen.
Daß Fräul, Louise Naumann nichts davon zeigt und kennt, gibt ihr in unsern Augen ansier dem
Reize ihres großen Talente" auch "och den einer schönen und züchtigen Seele. Dieser ist eS denn a"es, der ihren Darstellungen die echte, künstlerische Weihe und un" da"
Recht gibt, von ihr zu sagen: ihr Spiel besitze alle Schönheiten vo" dem der Charlotte ". Hag",
ohne jedoch die Fehler desselben inne zu haben. Sie hat da" Genie jener Dame, aber ohne die
Schattenseiten desselben.

mcnwirkenS jenes Quartettes von Hofburgtheatcr-Mitgliedern zu gedenken. Einige
Phantasie und wir konnten uns in manchen Scenen der aufgeführten Lustspiele
— in welchem Bereiche anch das heimische Ensemble sehr Nchtungswcrthes leistet
— nach Wien verseht wähnen. Die noble, kluge, aller Freiheiten ihrer Kunst
und der überraschendsten Naturnüaneen mächtige Amalie Haitzinger; die zarte,
gemüthvolle, liebliche Louise Ncumannder grundehrliche, kernige, mit sei¬
ner stets widerkchrendcn humoristischen Persönlichkeit, doch nie ermüdende Wil¬
helm, endlich der herrliche La Roche, ein Künstler voll Wahrheit und Na¬
tur, ein unwiderstehlicher Vermittler zwischen Bühnenspiel und Wirklichkeit, ein
Mann, dessen GcmüthSton mich ergriffen hat, wie kein schmelzender Bra-
vonrlaut einer Sängerin es je vermochte, der Mann dessen schlichtbürgcrliches
Austreten und Darstellen mehr Würde hat, als das gespreizte Majestätischthun
von hundert Stelzcnschauspielern zusammengenommen — welch' eine Reihe unver¬
geßlicher Theaterabende haben sie uns verschafft! — Mit Freuden schreib' ich es
nieder, diese Wiener Kunstdcputirtc wurden hier nach Verdienst gefeiert. Die
Haitzingcr und ihre graziöse Tochter, diese beiden herzigen „Schwäbinnen", wer¬
den schon im nächsten Sommer wieder auf dem Thaiiatheater erwartet, wahr¬
scheinlich wird auch La Roche vou Neuem daselbst wirken müssen. Einer größern
Beliebtheit als dieser hat sich nie ein gastirender Schauspieler in Hamburg er¬
freut. Obwohl seit 1845 zum dritten Male hier, füllte er in seinen ostgeschc-
nen Rollen, selbst bei dem schönsten Wetter, das Haus, und genießt im ganzen





*) In» „Telegraph" sagt Theodor Wahl, „»aß sie jetzt die erste Schauspielen» ihre» Fache» in
DeiUschland ist. Alles erscheint wahr, ne» und c/lit a» ihri nirgend« zeigt sich Manier, nirgends
Nachahmung, überall Ursprünglichkeit, Was besonders mich angeht, so must ich bekennen, daß sie
mir wohlthut bis in die Seele hinein. Sie bringt in r mitten in den Dunst des berlinischen Som-
merlebens den frischen, wie mit Reseda- n»d Bcilchcndnst durchzogenen Hauch einer schönen, edlen
Mcnschcmiatnr." Was un» selbst betrifft, so stimmen wir vollkommen in dieses enthusiastische Lob
mit ein, denn wir finden in Fräul. Louise N er in a n n wirklich die ausgezeichnete Künstlerin, als
welche der Uns sie verkündet hat. Besonders entzückt hat uns an ihr die Sauberkeit und Grazie,
mit der sie ihre Rollen auszuführen Pflegt. Mit einem Vlick, einem Wort, einer sinnigen Beto¬
nung, einer pikante» Nuance wirkt und erreicht sie oft mehr, als andere Damen ihres Faches mit
allem brillanten Feuerwerk ihrer Rhetorik, mit allen, schweren Geschütz ihrer Leidens-hast. Wie der
nnveig-fluch- Scpdelman» wirkt sie hauptsächlich dadurch großartig, daß sie ihre Gestatte» bis in
die lini»sten Fasern hinab auszuführen versteht. Sie läßt keine Stell- leer in ihrer Rolle. Mes
darin wird «»«gefüllt, sei c« durch ein Lächeln, ein Mmidverziche», -in Augenausschlcigen. Wa« noch besonders an ihr z» rühmen sein dürfte, daS ist die Decenz, mit der sie spielt,
nicht allein die künstlerische, sonder» auch die moralische, Sie geht mit »indes über den Rahmen
der Bühne hinaus, mit keiner Bewegung, mit keinem Blicke. Sie steht weder in'S Parquet, »och
in den ersten Rang, noch in die ProsccniumSlogc»; sie sieht »irgcnö ander« hin. als in den Raum,
auf dem sie spielt »ut der ihre Welt bedeutet. Wie selten dies heut ,» Tage »utar den Künstle,innen zu finden, wisse» wir 'Alle. E« hat
wohl Zeder schon einmal Gelegenheit gehabt, da« kokette Blinzeln, das frivole Avanccnmachcn zu
bemerke», da« die j»»ge» Damen der Bühne mit diesem oder jenem Elegant, diesem oder jenem
Lio» der Gesellschaft von der Scene in den Zuschauerraum hinauf oder hinab zu »»t-rhaltc» pflegen.
Daß Fräul, Louise Naumann nichts davon zeigt und kennt, gibt ihr in unsern Augen ansier dem
Reize ihres großen Talente« auch »och den einer schönen und züchtigen Seele. Dieser ist eS denn a»es, der ihren Darstellungen die echte, künstlerische Weihe und un« da«
Recht gibt, von ihr zu sagen: ihr Spiel besitze alle Schönheiten vo» dem der Charlotte ». Hag»,
ohne jedoch die Fehler desselben inne zu haben. Sie hat da« Genie jener Dame, aber ohne die
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/312>, abgerufen am 01.09.2024.