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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Huskisson war der Vorläufer der großen Reformen, durch welche in unsern
Tagen die Beschränkungen des freien Verkehrs und mit ihnen das System
der indirecten Steuern überhaupt allmälig aufgehoben werden. Sehr lehr¬
reich ist die Geschichte der englischen Staatsschuld. Eben so ausführlich
werden Englands auswärtige Handelsverhältnisse und seine Colonialpolitik
besprochen,'die Wechselbeziehungen zwischen innerem und äußerem Handel
erörtert, und die Nothwendigkeit schützender Schifffahrtsgesche für Deutschland,
so wie der Kündigung des Vertrags von 1841 nachgewiesen."

"Ein Gesetz thut noth, welches die Verfuhr außereuropäischer Erzeugnisse
unter deutscher Flagge direct uach Häfen des Zollvereins oder seiner Vor¬
länder in den Eingangsabgaben begünstigt, um Schiffahrt und Handel zu
fördern, Deutschland von fremden Zwischenmärkten unabhängig zu machen,
einen Anschluß der Hansestädte an den Zollverein herbeizuführen und dadurch
die politische Einheit Deutschlands wesentlich zu fördern; es thut noth, um
die Handhabung einer gemeinsamen thatkräftigen Handels- und Schiffahrts¬
politik dem Auslande gegenüber zu begründen und fremde Staaten, welche
einen den deutschen Anliegen nachtheilige Handelspolitik befolgen, zu ange¬
messenen Zugeständnissen zu bewegen. Indem der Zollverein ein System
annimmt, welches die meisten europäischen Staaten und England selbst in
weit größerer Strenge und Ausdehnung längst angewendet haben, bietet
es durchaus keinen gerechten Grund zu Netorsionen dar, und es wäre mehr
als erbärmlich, sich einer derartigen Besorgniß wegen davon abhalten zu
lassen." -- "Auf welchem Fuße wir freilich mit England stehen, erklärt die
berüchtigte Note des Grafen Aberdeen an den Grafen Westmoreland, in wel¬
cher der sonst so gemäßigte Lord die Beibehaltung des bisher ungenügenden
Standes der Zollvereinspolitik als ein England zustehendes Recht in An¬
spruch nimmt. Klar ist, daß Unterhandlungen auf solcher Grundlage nicht
frommen. Kein Vertrag mehr mit England, selbst keine Unterhandlung, bis
eine Navigationsacte die deutsche Schiffahrt schützt und das im Handel und
Wandel einige starke Deutschland in freier, selbstständiger Stellung England
gegenübertreten kann! Dies ist die einzige ehrenhafte Antwort ans jenen
diplomatischen Uebermuth, und sie würde mehr für die dauernde Freund¬
schaft beider Länder beitragen, als jede andere. In politischer Hinsicht kön¬
nen beide Reiche ihr Bündniß nicht gut entbehren, so lange Deutschland
von der Landseite den Canal, und England von der Seeseite den Rhein
und die Weichsel mit zu schützen hat; allein die Freundschaft zwischen Völ¬
kern kann erst eine innige werden, wenn der Grund zu gegenseitiger Ach¬
tung für beide Theile gleich stark ist." -- "Was Engländer auch reden,


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Huskisson war der Vorläufer der großen Reformen, durch welche in unsern
Tagen die Beschränkungen des freien Verkehrs und mit ihnen das System
der indirecten Steuern überhaupt allmälig aufgehoben werden. Sehr lehr¬
reich ist die Geschichte der englischen Staatsschuld. Eben so ausführlich
werden Englands auswärtige Handelsverhältnisse und seine Colonialpolitik
besprochen,'die Wechselbeziehungen zwischen innerem und äußerem Handel
erörtert, und die Nothwendigkeit schützender Schifffahrtsgesche für Deutschland,
so wie der Kündigung des Vertrags von 1841 nachgewiesen."

„Ein Gesetz thut noth, welches die Verfuhr außereuropäischer Erzeugnisse
unter deutscher Flagge direct uach Häfen des Zollvereins oder seiner Vor¬
länder in den Eingangsabgaben begünstigt, um Schiffahrt und Handel zu
fördern, Deutschland von fremden Zwischenmärkten unabhängig zu machen,
einen Anschluß der Hansestädte an den Zollverein herbeizuführen und dadurch
die politische Einheit Deutschlands wesentlich zu fördern; es thut noth, um
die Handhabung einer gemeinsamen thatkräftigen Handels- und Schiffahrts¬
politik dem Auslande gegenüber zu begründen und fremde Staaten, welche
einen den deutschen Anliegen nachtheilige Handelspolitik befolgen, zu ange¬
messenen Zugeständnissen zu bewegen. Indem der Zollverein ein System
annimmt, welches die meisten europäischen Staaten und England selbst in
weit größerer Strenge und Ausdehnung längst angewendet haben, bietet
es durchaus keinen gerechten Grund zu Netorsionen dar, und es wäre mehr
als erbärmlich, sich einer derartigen Besorgniß wegen davon abhalten zu
lassen." — „Auf welchem Fuße wir freilich mit England stehen, erklärt die
berüchtigte Note des Grafen Aberdeen an den Grafen Westmoreland, in wel¬
cher der sonst so gemäßigte Lord die Beibehaltung des bisher ungenügenden
Standes der Zollvereinspolitik als ein England zustehendes Recht in An¬
spruch nimmt. Klar ist, daß Unterhandlungen auf solcher Grundlage nicht
frommen. Kein Vertrag mehr mit England, selbst keine Unterhandlung, bis
eine Navigationsacte die deutsche Schiffahrt schützt und das im Handel und
Wandel einige starke Deutschland in freier, selbstständiger Stellung England
gegenübertreten kann! Dies ist die einzige ehrenhafte Antwort ans jenen
diplomatischen Uebermuth, und sie würde mehr für die dauernde Freund¬
schaft beider Länder beitragen, als jede andere. In politischer Hinsicht kön¬
nen beide Reiche ihr Bündniß nicht gut entbehren, so lange Deutschland
von der Landseite den Canal, und England von der Seeseite den Rhein
und die Weichsel mit zu schützen hat; allein die Freundschaft zwischen Völ¬
kern kann erst eine innige werden, wenn der Grund zu gegenseitiger Ach¬
tung für beide Theile gleich stark ist." — „Was Engländer auch reden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/243>, abgerufen am 01.09.2024.