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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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erscheinen. Wie kann man Sr. Majestät um die allergnädigste Gestattung
eines Versuches zur Einführung des christlichen Schnlbrüderinstitnts in Tirol
bitten, während das sogenannte Stammhaus dieses Ordens bei Zams im
obern Innthale schon besteht, und die Brüder an mehrern Schulen, eben
nicht mit den lobenSN'erdhaften Mitteln und ohne billige Rücksicht auf die
früher bestandene Lehrweise bereits eingeführt sind? Wird das Gubernium
in Innsbruck, welches von dieser unliebsamen Einschmnggelnng seit längerer
Zeit Kenntniß erhielt, die Thatsache bei Erstattung seines Gutachtens über
das Majestätsgesuch des Kardinals verschweigen? Wir wollen dies nicht
glauben, geben aber zur Steuer der Wahrheit vorläufig Nachricht von der
Sache. Bei näherer Erörterung derselben können dann auch die bisherigen
Erfahrungen über die Lehrart und das Benehmen der Schnlbrüder, mit welchen
man den Versuch austeilte, nicht übersehen werden. Mußte in Folge dieser
Ersahrungen ein Ordinariat im Zustande freiwilligen Zwanges die von den
Schnlbrüderu auf der Grundlage ihrer Statuten und eines für sie im Druck
erschienenen Gebetbuches aufgehobene" Vorschriften der politischen Schulver-
fassuug wieder herstellen, und sah sich das Gubernium genöthigt, die Ein¬
dringlinge an ein Paar Orten abzuschaffen, so möchten diese Ergebnisse
besser als die hypothetischen Zusicherungen der erzbischöflichen Bitte geeignet
sein, am allerhöchsten Orte den neuen Antrag in das wahre Licht zu stellen.

Wenn der Plau zur Einführung der Schulbrüder in Tirol und das
Detail dieser Einrichtung, wie man sagt, vou einem Domherrn zu Brixen
ausgeht, der lauge als Dechant der Provinzialhanptstadt und früher zu
Schwaz den Zustand und die wahren Bedürfnisse unserer Volksschule" ken¬
nen zu lernen Gelegenheit hatte und sich oft als ein begabter Mann be¬
wies, so fällt bei näherer Erwägung des Planes und der Statuten für die
Schulbrüder die geringe Sorgfalt auf, welche zur Erlangung fähiger und
wohl vorbereiteter Lehrindividuum im neuen Institute verwendet wird. Der
erste Punkt der Statuten erklärt den Zweck des Institutes der christlichen
Schulbrüder also: dasselbe sei "eine Gesellschaft, die sich ans dankbarer Liebe
zum göttliche" Kinderfreund Jesus Christus durch heilige Gelübde dem Ge¬
schäfte widmet, Kinder christlich zu unterrichte" und zu erziehe". Ihr Lehr-
plan richtet sich nach der gesetzlich eingeführten Schnlverfassung. Um seinem
Berufe desto vollkommeuer zu entsprechen, ist der Orden vorzüglich besorgt,
nur Leute von guten Fähigkeiten und erprobter Gottseligkeit (?) in
seinen Verband aufzunehmen, sie in allen Schnlgegcnständen fleißig zu unter¬
richten und zu eiuer guten Lehrweise anzuleiten, besonders aber das reli¬
giös sittliche Leben zu .'Pflegen und den Geist des Berufs lebendig zu er-


erscheinen. Wie kann man Sr. Majestät um die allergnädigste Gestattung
eines Versuches zur Einführung des christlichen Schnlbrüderinstitnts in Tirol
bitten, während das sogenannte Stammhaus dieses Ordens bei Zams im
obern Innthale schon besteht, und die Brüder an mehrern Schulen, eben
nicht mit den lobenSN'erdhaften Mitteln und ohne billige Rücksicht auf die
früher bestandene Lehrweise bereits eingeführt sind? Wird das Gubernium
in Innsbruck, welches von dieser unliebsamen Einschmnggelnng seit längerer
Zeit Kenntniß erhielt, die Thatsache bei Erstattung seines Gutachtens über
das Majestätsgesuch des Kardinals verschweigen? Wir wollen dies nicht
glauben, geben aber zur Steuer der Wahrheit vorläufig Nachricht von der
Sache. Bei näherer Erörterung derselben können dann auch die bisherigen
Erfahrungen über die Lehrart und das Benehmen der Schnlbrüder, mit welchen
man den Versuch austeilte, nicht übersehen werden. Mußte in Folge dieser
Ersahrungen ein Ordinariat im Zustande freiwilligen Zwanges die von den
Schnlbrüderu auf der Grundlage ihrer Statuten und eines für sie im Druck
erschienenen Gebetbuches aufgehobene» Vorschriften der politischen Schulver-
fassuug wieder herstellen, und sah sich das Gubernium genöthigt, die Ein¬
dringlinge an ein Paar Orten abzuschaffen, so möchten diese Ergebnisse
besser als die hypothetischen Zusicherungen der erzbischöflichen Bitte geeignet
sein, am allerhöchsten Orte den neuen Antrag in das wahre Licht zu stellen.

Wenn der Plau zur Einführung der Schulbrüder in Tirol und das
Detail dieser Einrichtung, wie man sagt, vou einem Domherrn zu Brixen
ausgeht, der lauge als Dechant der Provinzialhanptstadt und früher zu
Schwaz den Zustand und die wahren Bedürfnisse unserer Volksschule» ken¬
nen zu lernen Gelegenheit hatte und sich oft als ein begabter Mann be¬
wies, so fällt bei näherer Erwägung des Planes und der Statuten für die
Schulbrüder die geringe Sorgfalt auf, welche zur Erlangung fähiger und
wohl vorbereiteter Lehrindividuum im neuen Institute verwendet wird. Der
erste Punkt der Statuten erklärt den Zweck des Institutes der christlichen
Schulbrüder also: dasselbe sei „eine Gesellschaft, die sich ans dankbarer Liebe
zum göttliche» Kinderfreund Jesus Christus durch heilige Gelübde dem Ge¬
schäfte widmet, Kinder christlich zu unterrichte» und zu erziehe«. Ihr Lehr-
plan richtet sich nach der gesetzlich eingeführten Schnlverfassung. Um seinem
Berufe desto vollkommeuer zu entsprechen, ist der Orden vorzüglich besorgt,
nur Leute von guten Fähigkeiten und erprobter Gottseligkeit (?) in
seinen Verband aufzunehmen, sie in allen Schnlgegcnständen fleißig zu unter¬
richten und zu eiuer guten Lehrweise anzuleiten, besonders aber das reli¬
giös sittliche Leben zu .'Pflegen und den Geist des Berufs lebendig zu er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/202>, abgerufen am 01.09.2024.