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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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zulegen, wie es dem Zwecke unbeschränkter Allgewalt entsprach." -- "Es
wäre also der Entschluß zu fassen, von der Staatsgewalt im Regieren den
möglichst geringen Gebrauch zu machen, und jederzeit in keiner andern Ab¬
sicht als die Selbstthätigkeit der Staatsgenossen zu lenken, ohne jemals zu
fordern, daß diese der Staatsgewalt unnöthigerweise zum Opfer gebracht
werde." -- "Für die Zweckmäßigkeit der Amtsgewaltnbertragnug ans die
Gemeinden spricht auch noch der besondre Umstand, daß der Bürgerstand
nothwendigerweise hervorgehoben und gekräftigt werden muß, wenn der Mit-
teIst and, der jetzt schon gewaltig auf ihn drückt, ihn nicht ganz zu Gründe
richten soll."

Nach diesem allgemeinen Rath werden die einzelnen Stände durchgenom-
men. "Wie ist dem gänzlich verarmten Bauernstand emporzuhelfen? Steht
diesfalls die Lastenverringerung dnrch Abolition der Dienste in erster Linie
der Vorkehrungen, so wird doch noch viel anderes gleichzeitig angestrebt wer¬
den müssen. Die Gebundenheit des bäuerlichen Grundbesitzes, nach welcher
die Güter nicht zerstückelt und an die nachgebornen vertheilt werden dürfen,
muß strenge ansteche erhalten werden, um den tief gesunkenen Familienwvhl-
stand des Bauernstandes wieder herzustellen." -- "Von den Plackereien des
Zuvielregierens ist der Bauernstand durch verbesserte und erweiterte Gemeinde-
verfassnngen sicher zu stellen." -- "Den Unterbehörden wäre die sorgfältigste
Bedachtuahnie auf alle Wirthschastsvortheile der Bauerschaft mit Nachdruck
zu empfehlen und Verdienste, welche die Beamten in dieser Beziehung er¬
werben, höhern Orts besonders auszuzeichnen. Wer den Einfluß der Land¬
beamten und der Geistlichkeit auf die bäuerlichen Zustände abzuschätzen ver¬
mag, wird einsehen, wie wichtig es ist, ihre Kräfte in Anspruch zu nehmen." --
"In die Rubrik Hemmnisse gehört auch der verwahrloste geistige Zustand des
Landvolks. Eine Verbesserung der Landschulen ist daher unumgänglich noth¬
wendig."

"Die Frohnen- und Servitntenablösnug wäre durch ein allgemein ver¬
bindliches Gesetz, wonach der Gutsherr den diesfälligen Antrag des Unter¬
thans unweigerlich anzunehmen hätte, einzuführen, um doch mindestens dem
Landmanne vorerst die Befriedigung zu geben, daß Aussicht auf Verbesse¬
rung seiner Lage erschlossen ist und die Regierung sich damit beschäftigt.
Den Unter- und Mittelbehörden wäre das allerdings mühsame Geschäft auf¬
zutragen, das zwischen der Gutsherrschaft und den Unterthanen streitige
Uebereinkommen dnrch Vermittelung in Güte, oder wenn diese keine Erfolge
haben sollte, durch Schätzung und obrigkeitliche Bestimmung der Ablösuugs-
werthe zu Ende zu führen. ständischen Verhandlungen kann die Ablösnngs-


zulegen, wie es dem Zwecke unbeschränkter Allgewalt entsprach." — „Es
wäre also der Entschluß zu fassen, von der Staatsgewalt im Regieren den
möglichst geringen Gebrauch zu machen, und jederzeit in keiner andern Ab¬
sicht als die Selbstthätigkeit der Staatsgenossen zu lenken, ohne jemals zu
fordern, daß diese der Staatsgewalt unnöthigerweise zum Opfer gebracht
werde." — „Für die Zweckmäßigkeit der Amtsgewaltnbertragnug ans die
Gemeinden spricht auch noch der besondre Umstand, daß der Bürgerstand
nothwendigerweise hervorgehoben und gekräftigt werden muß, wenn der Mit-
teIst and, der jetzt schon gewaltig auf ihn drückt, ihn nicht ganz zu Gründe
richten soll."

Nach diesem allgemeinen Rath werden die einzelnen Stände durchgenom-
men. „Wie ist dem gänzlich verarmten Bauernstand emporzuhelfen? Steht
diesfalls die Lastenverringerung dnrch Abolition der Dienste in erster Linie
der Vorkehrungen, so wird doch noch viel anderes gleichzeitig angestrebt wer¬
den müssen. Die Gebundenheit des bäuerlichen Grundbesitzes, nach welcher
die Güter nicht zerstückelt und an die nachgebornen vertheilt werden dürfen,
muß strenge ansteche erhalten werden, um den tief gesunkenen Familienwvhl-
stand des Bauernstandes wieder herzustellen." — „Von den Plackereien des
Zuvielregierens ist der Bauernstand durch verbesserte und erweiterte Gemeinde-
verfassnngen sicher zu stellen." — „Den Unterbehörden wäre die sorgfältigste
Bedachtuahnie auf alle Wirthschastsvortheile der Bauerschaft mit Nachdruck
zu empfehlen und Verdienste, welche die Beamten in dieser Beziehung er¬
werben, höhern Orts besonders auszuzeichnen. Wer den Einfluß der Land¬
beamten und der Geistlichkeit auf die bäuerlichen Zustände abzuschätzen ver¬
mag, wird einsehen, wie wichtig es ist, ihre Kräfte in Anspruch zu nehmen." —
„In die Rubrik Hemmnisse gehört auch der verwahrloste geistige Zustand des
Landvolks. Eine Verbesserung der Landschulen ist daher unumgänglich noth¬
wendig."

„Die Frohnen- und Servitntenablösnug wäre durch ein allgemein ver¬
bindliches Gesetz, wonach der Gutsherr den diesfälligen Antrag des Unter¬
thans unweigerlich anzunehmen hätte, einzuführen, um doch mindestens dem
Landmanne vorerst die Befriedigung zu geben, daß Aussicht auf Verbesse¬
rung seiner Lage erschlossen ist und die Regierung sich damit beschäftigt.
Den Unter- und Mittelbehörden wäre das allerdings mühsame Geschäft auf¬
zutragen, das zwischen der Gutsherrschaft und den Unterthanen streitige
Uebereinkommen dnrch Vermittelung in Güte, oder wenn diese keine Erfolge
haben sollte, durch Schätzung und obrigkeitliche Bestimmung der Ablösuugs-
werthe zu Ende zu führen. ständischen Verhandlungen kann die Ablösnngs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/19>, abgerufen am 01.09.2024.