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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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feig-freundliches Verhältniß, und dieser gewaltsame Bruch seines Staatsökonomie-
Prinzips brachte eine der gehegten Hoffnung entgegengesetzte Wirkung. Unmit¬
telbar nach der Publication des Ausfuhrverbots trat für einen kurzen Moment
ein Wanken der hohen Getreidepreise ein; man gab sich allzu jähen Hoffnungen
auf nahe Wohlfeilheit hin. Doch die Preise aller Lebensmittel erhielten rasch
eine fast unerschwingliche Höhe, und da der geringere Bauer und der Bürger
der Landstädte seinen Vorrath verkauft oder erschöpft hatte, so holte er persön¬
lich seinen Bedarf von einem nächstliegenden Vorrath haltenden Speicher, und es
entstand hiermit auf den herrschaftlichen, wie ans den Schüttböden größerer Grund¬
besitzer eine Art Gctreidedetailgeschäst, und die zu Hause bequem und um den
höchsten Preis -- nach Ausweis der Marktpreise der Hauptstadt -- an Mann
gebrachten Massen kamen in keine Konkurrenz mit den Zufuhren der Hauptstadt
und der größern Landstädte, deren Märkte preisangebcnd für die ganze Provinz
sind. Außerdem entstand bei dem weltbekannten radical schlechten Zustand der
österreichischen Grcnzbewachung ein systematisch betriebener Gctreideschmnggel, und
um dieser zwitterhaft unvollkommenen Verordnung die Tünche der Vollendung zu
geben, brachten einige böswillig die gute Absicht der Regierung verdrehende
Kreishauptlcutc in Böhmen und Mähren ein spezielles Ausfuhrverbot auf die
Stelzen.

Straßen und Brücken wurden mit Militär besetzt und die Gctrcidehändler
gezwungen, ihre Waaren nach einer vom Stadtl'ürgermcister oder Kreishauptmann
fixirten Taxe an Ort und Stelle zu verkaufen. Das nächste Ergebniß dieses
außergcsetzlichen Verfahrens war -- ein unbefahrener Markt und eine desto ge¬
steigertere Theurung. Ein Kreis durste dem andern nicht zuführen, ja kaum
konnte eine Domäne von der benachbarten die benöthigten Alimcntarfrüchte ent¬
lehnen. Herrschte in der Provinz eine derartige Verwirrung und Unordnung, so
zwang man in der Hauptstadt im Zeitraum der höchsten Theuerung die hiesigen
Zunftbäckcr über die gesetzlich stipulirte Norm ohne allen Ersatz hinlängliches und
gewichtiges Brot zu backen um -- die eigenen Worte unserer Behörde -- dem
Publikum die Wohlthat eines wohlfeilen Brotes zukommen zu lassen.

Da nun die sogenannten Schwarz- und Landbäckcr, welche, bei weitem die
größte Zahl bildend, keinem Zwange unterstehen, mithin im Verhältniß zum
Einkauf bedeutend kleineres Brot zu Markte brachten, so waren die Läden der
Zunftbäcker ordentlich belagert, und während am Markte den ganzen Tag das
Landbrot ohne besonderen Absatz feilgeboten ward, wurde das taxbare noch heiß
vom Laden geholt, und Abends war es oft bei allem Suchen unmöglich für gutes
Geld welches zu bekomme". Es entstanden in Folge dessen Reibungen mit den
Kramsitzcrinnen, und der an sich unbedeutende Vorfall der Plünderung einiger
Bäckerladen -- ein Ergebniß pöbelhafter Zügellosigkeit -- dürfte somit grvfien-
theils auf Rechnung des ganz irrthümlichen Verfahrens der Behörden geschrieben
werden. Soll nützliche Concurrenz in einem Geschäfts- und Handelszweige her¬
vorgebracht werden, so müssen alle Branchen der Geschäststrcibcndcn aus gleicher
Stufe der Handelsfreiheit stehen. Ein herabgclangtes Hofdckrct bestimmte die
betreffende Behörde die Brvtsatzung nach gesetzlicher Stipnlirung, d. i. nach den
Durchschnitts-Gctreideprcisen des vergangenen Monats aufzustellen und jetzt im


feig-freundliches Verhältniß, und dieser gewaltsame Bruch seines Staatsökonomie-
Prinzips brachte eine der gehegten Hoffnung entgegengesetzte Wirkung. Unmit¬
telbar nach der Publication des Ausfuhrverbots trat für einen kurzen Moment
ein Wanken der hohen Getreidepreise ein; man gab sich allzu jähen Hoffnungen
auf nahe Wohlfeilheit hin. Doch die Preise aller Lebensmittel erhielten rasch
eine fast unerschwingliche Höhe, und da der geringere Bauer und der Bürger
der Landstädte seinen Vorrath verkauft oder erschöpft hatte, so holte er persön¬
lich seinen Bedarf von einem nächstliegenden Vorrath haltenden Speicher, und es
entstand hiermit auf den herrschaftlichen, wie ans den Schüttböden größerer Grund¬
besitzer eine Art Gctreidedetailgeschäst, und die zu Hause bequem und um den
höchsten Preis — nach Ausweis der Marktpreise der Hauptstadt — an Mann
gebrachten Massen kamen in keine Konkurrenz mit den Zufuhren der Hauptstadt
und der größern Landstädte, deren Märkte preisangebcnd für die ganze Provinz
sind. Außerdem entstand bei dem weltbekannten radical schlechten Zustand der
österreichischen Grcnzbewachung ein systematisch betriebener Gctreideschmnggel, und
um dieser zwitterhaft unvollkommenen Verordnung die Tünche der Vollendung zu
geben, brachten einige böswillig die gute Absicht der Regierung verdrehende
Kreishauptlcutc in Böhmen und Mähren ein spezielles Ausfuhrverbot auf die
Stelzen.

Straßen und Brücken wurden mit Militär besetzt und die Gctrcidehändler
gezwungen, ihre Waaren nach einer vom Stadtl'ürgermcister oder Kreishauptmann
fixirten Taxe an Ort und Stelle zu verkaufen. Das nächste Ergebniß dieses
außergcsetzlichen Verfahrens war — ein unbefahrener Markt und eine desto ge¬
steigertere Theurung. Ein Kreis durste dem andern nicht zuführen, ja kaum
konnte eine Domäne von der benachbarten die benöthigten Alimcntarfrüchte ent¬
lehnen. Herrschte in der Provinz eine derartige Verwirrung und Unordnung, so
zwang man in der Hauptstadt im Zeitraum der höchsten Theuerung die hiesigen
Zunftbäckcr über die gesetzlich stipulirte Norm ohne allen Ersatz hinlängliches und
gewichtiges Brot zu backen um — die eigenen Worte unserer Behörde — dem
Publikum die Wohlthat eines wohlfeilen Brotes zukommen zu lassen.

Da nun die sogenannten Schwarz- und Landbäckcr, welche, bei weitem die
größte Zahl bildend, keinem Zwange unterstehen, mithin im Verhältniß zum
Einkauf bedeutend kleineres Brot zu Markte brachten, so waren die Läden der
Zunftbäcker ordentlich belagert, und während am Markte den ganzen Tag das
Landbrot ohne besonderen Absatz feilgeboten ward, wurde das taxbare noch heiß
vom Laden geholt, und Abends war es oft bei allem Suchen unmöglich für gutes
Geld welches zu bekomme». Es entstanden in Folge dessen Reibungen mit den
Kramsitzcrinnen, und der an sich unbedeutende Vorfall der Plünderung einiger
Bäckerladen — ein Ergebniß pöbelhafter Zügellosigkeit — dürfte somit grvfien-
theils auf Rechnung des ganz irrthümlichen Verfahrens der Behörden geschrieben
werden. Soll nützliche Concurrenz in einem Geschäfts- und Handelszweige her¬
vorgebracht werden, so müssen alle Branchen der Geschäststrcibcndcn aus gleicher
Stufe der Handelsfreiheit stehen. Ein herabgclangtes Hofdckrct bestimmte die
betreffende Behörde die Brvtsatzung nach gesetzlicher Stipnlirung, d. i. nach den
Durchschnitts-Gctreideprcisen des vergangenen Monats aufzustellen und jetzt im


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[0175] feig-freundliches Verhältniß, und dieser gewaltsame Bruch seines Staatsökonomie- Prinzips brachte eine der gehegten Hoffnung entgegengesetzte Wirkung. Unmit¬ telbar nach der Publication des Ausfuhrverbots trat für einen kurzen Moment ein Wanken der hohen Getreidepreise ein; man gab sich allzu jähen Hoffnungen auf nahe Wohlfeilheit hin. Doch die Preise aller Lebensmittel erhielten rasch eine fast unerschwingliche Höhe, und da der geringere Bauer und der Bürger der Landstädte seinen Vorrath verkauft oder erschöpft hatte, so holte er persön¬ lich seinen Bedarf von einem nächstliegenden Vorrath haltenden Speicher, und es entstand hiermit auf den herrschaftlichen, wie ans den Schüttböden größerer Grund¬ besitzer eine Art Gctreidedetailgeschäst, und die zu Hause bequem und um den höchsten Preis — nach Ausweis der Marktpreise der Hauptstadt — an Mann gebrachten Massen kamen in keine Konkurrenz mit den Zufuhren der Hauptstadt und der größern Landstädte, deren Märkte preisangebcnd für die ganze Provinz sind. Außerdem entstand bei dem weltbekannten radical schlechten Zustand der österreichischen Grcnzbewachung ein systematisch betriebener Gctreideschmnggel, und um dieser zwitterhaft unvollkommenen Verordnung die Tünche der Vollendung zu geben, brachten einige böswillig die gute Absicht der Regierung verdrehende Kreishauptlcutc in Böhmen und Mähren ein spezielles Ausfuhrverbot auf die Stelzen. Straßen und Brücken wurden mit Militär besetzt und die Gctrcidehändler gezwungen, ihre Waaren nach einer vom Stadtl'ürgermcister oder Kreishauptmann fixirten Taxe an Ort und Stelle zu verkaufen. Das nächste Ergebniß dieses außergcsetzlichen Verfahrens war — ein unbefahrener Markt und eine desto ge¬ steigertere Theurung. Ein Kreis durste dem andern nicht zuführen, ja kaum konnte eine Domäne von der benachbarten die benöthigten Alimcntarfrüchte ent¬ lehnen. Herrschte in der Provinz eine derartige Verwirrung und Unordnung, so zwang man in der Hauptstadt im Zeitraum der höchsten Theuerung die hiesigen Zunftbäckcr über die gesetzlich stipulirte Norm ohne allen Ersatz hinlängliches und gewichtiges Brot zu backen um — die eigenen Worte unserer Behörde — dem Publikum die Wohlthat eines wohlfeilen Brotes zukommen zu lassen. Da nun die sogenannten Schwarz- und Landbäckcr, welche, bei weitem die größte Zahl bildend, keinem Zwange unterstehen, mithin im Verhältniß zum Einkauf bedeutend kleineres Brot zu Markte brachten, so waren die Läden der Zunftbäcker ordentlich belagert, und während am Markte den ganzen Tag das Landbrot ohne besonderen Absatz feilgeboten ward, wurde das taxbare noch heiß vom Laden geholt, und Abends war es oft bei allem Suchen unmöglich für gutes Geld welches zu bekomme». Es entstanden in Folge dessen Reibungen mit den Kramsitzcrinnen, und der an sich unbedeutende Vorfall der Plünderung einiger Bäckerladen — ein Ergebniß pöbelhafter Zügellosigkeit — dürfte somit grvfien- theils auf Rechnung des ganz irrthümlichen Verfahrens der Behörden geschrieben werden. Soll nützliche Concurrenz in einem Geschäfts- und Handelszweige her¬ vorgebracht werden, so müssen alle Branchen der Geschäststrcibcndcn aus gleicher Stufe der Handelsfreiheit stehen. Ein herabgclangtes Hofdckrct bestimmte die betreffende Behörde die Brvtsatzung nach gesetzlicher Stipnlirung, d. i. nach den Durchschnitts-Gctreideprcisen des vergangenen Monats aufzustellen und jetzt im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/175>, abgerufen am 09.11.2024.