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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Ephraim^ um allerlei Geheimnisse zu erfahren; er veranlaßte selbst Friedrich
Wilhelm III. ihm iWODucateu zu geben, für die guten und loyalen Dienste,
die er 1805 geleistet hatte. Wohin man in Berlin geht, überall trifft man
den, Geheimrath Ephraim, man nennt ihn den diplomatischen Ausläufer,
denn er geht stets von einem Gesandtschaftshiitel zum andern. Stets hor¬
chend, um seine Berichte machen zu können, versichert er, daß er seine
Neuigkeiten ans den besten Quellen schöpfe, und thut oft selbst ganz ge¬
heimnißvoll. Mit einem Worte, er ist ein gehaltloser und ekelhafter Schwätzer,
und hat dabei ein so abstoßendes Wesen, daß ich nicht begreife, wie ein
Mann von Geist und Geschmack, der sich selbst achtet, auch nur eine Viertel¬
stunde die Gegenwart eines so unausstehlichen Wesens ertragen kann. Ich
habe ihn deswegen nicht weniger bei fast allen Ministern Preußens getroffen
-- mit Ausnahme des Minister Stein." -- S. 235.

"Stein! -- Wo ist der? -- Also Stein schloß seine Thüre diesem Ge¬
schmeiß! Ist Stein noch da!" --

"Einen Augenblick Geduld," fuhr mein Führer ruhig fort. "Ephraim
war täglich beim Grafen Haugwitz und sie waren die besten Freunde. Sym¬
pathie der Seelen. Als man gegen Ende August und Anfang September
1806 nicht mehr zweifeln konnte, daß Preußen entschlossen sei, Frankreich
den Krieg zu erklären, ging Ephraim zu Haugwitz, um sich hierüber Auf¬
klärung geben zu lassen und diese dem französischen Gesandten zu überbrin¬
gen. Ephraim selbst hat diese Unterhaltung drucken lassen und in ihr ist
folgendes Gespräch:

Ephraim: "Aber was wird das Publikum sagen, wenn es hört, das
Ew. Exellenz gegenwärtig den Krieg gegen Frankreich will, während Sie ihn
nicht wollten im vorigen Jahre, wo die Verhältnisse viel vortheilhafter waren?"

Haugwitz: "Ich sah.... auf das Publikum."

Ephr.: "So wird also das Publikum wenigstens erfahren, welchen Ge¬
ruch die sah.... eines Ministers hat." -- S. 236.

"Am Ende merkte man, was hinter dem Manne war. Er wurde ver¬
haftet,- aber so ein schmutziger Aal ist schwer zu halten." -- "Lebt der
Manu noch?" frug ich. -- "Leute der Art siud unsterblich, sie ändern
nnr den Namen. Herr Ephraim lebt jetzt in Paris als Doctor .... Doch
wozu sein Jncognito denen verrathen, die ihn nicht kennen. Sapieuti sat."


4.

"Dort steht noch ein ganzes Häuslein -- Minister." -- "platte!" "
"Vor dem letzten Kriege war Preußen wahrscheinlich der Staat, der in der


Ephraim^ um allerlei Geheimnisse zu erfahren; er veranlaßte selbst Friedrich
Wilhelm III. ihm iWODucateu zu geben, für die guten und loyalen Dienste,
die er 1805 geleistet hatte. Wohin man in Berlin geht, überall trifft man
den, Geheimrath Ephraim, man nennt ihn den diplomatischen Ausläufer,
denn er geht stets von einem Gesandtschaftshiitel zum andern. Stets hor¬
chend, um seine Berichte machen zu können, versichert er, daß er seine
Neuigkeiten ans den besten Quellen schöpfe, und thut oft selbst ganz ge¬
heimnißvoll. Mit einem Worte, er ist ein gehaltloser und ekelhafter Schwätzer,
und hat dabei ein so abstoßendes Wesen, daß ich nicht begreife, wie ein
Mann von Geist und Geschmack, der sich selbst achtet, auch nur eine Viertel¬
stunde die Gegenwart eines so unausstehlichen Wesens ertragen kann. Ich
habe ihn deswegen nicht weniger bei fast allen Ministern Preußens getroffen
— mit Ausnahme des Minister Stein." — S. 235.

„Stein! — Wo ist der? — Also Stein schloß seine Thüre diesem Ge¬
schmeiß! Ist Stein noch da!" —

„Einen Augenblick Geduld," fuhr mein Führer ruhig fort. „Ephraim
war täglich beim Grafen Haugwitz und sie waren die besten Freunde. Sym¬
pathie der Seelen. Als man gegen Ende August und Anfang September
1806 nicht mehr zweifeln konnte, daß Preußen entschlossen sei, Frankreich
den Krieg zu erklären, ging Ephraim zu Haugwitz, um sich hierüber Auf¬
klärung geben zu lassen und diese dem französischen Gesandten zu überbrin¬
gen. Ephraim selbst hat diese Unterhaltung drucken lassen und in ihr ist
folgendes Gespräch:

Ephraim: „Aber was wird das Publikum sagen, wenn es hört, das
Ew. Exellenz gegenwärtig den Krieg gegen Frankreich will, während Sie ihn
nicht wollten im vorigen Jahre, wo die Verhältnisse viel vortheilhafter waren?"

Haugwitz: „Ich sah.... auf das Publikum."

Ephr.: „So wird also das Publikum wenigstens erfahren, welchen Ge¬
ruch die sah.... eines Ministers hat." — S. 236.

„Am Ende merkte man, was hinter dem Manne war. Er wurde ver¬
haftet,- aber so ein schmutziger Aal ist schwer zu halten." — „Lebt der
Manu noch?" frug ich. — „Leute der Art siud unsterblich, sie ändern
nnr den Namen. Herr Ephraim lebt jetzt in Paris als Doctor .... Doch
wozu sein Jncognito denen verrathen, die ihn nicht kennen. Sapieuti sat."


4.

„Dort steht noch ein ganzes Häuslein — Minister." — „platte!" „
„Vor dem letzten Kriege war Preußen wahrscheinlich der Staat, der in der


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[0154] Ephraim^ um allerlei Geheimnisse zu erfahren; er veranlaßte selbst Friedrich Wilhelm III. ihm iWODucateu zu geben, für die guten und loyalen Dienste, die er 1805 geleistet hatte. Wohin man in Berlin geht, überall trifft man den, Geheimrath Ephraim, man nennt ihn den diplomatischen Ausläufer, denn er geht stets von einem Gesandtschaftshiitel zum andern. Stets hor¬ chend, um seine Berichte machen zu können, versichert er, daß er seine Neuigkeiten ans den besten Quellen schöpfe, und thut oft selbst ganz ge¬ heimnißvoll. Mit einem Worte, er ist ein gehaltloser und ekelhafter Schwätzer, und hat dabei ein so abstoßendes Wesen, daß ich nicht begreife, wie ein Mann von Geist und Geschmack, der sich selbst achtet, auch nur eine Viertel¬ stunde die Gegenwart eines so unausstehlichen Wesens ertragen kann. Ich habe ihn deswegen nicht weniger bei fast allen Ministern Preußens getroffen — mit Ausnahme des Minister Stein." — S. 235. „Stein! — Wo ist der? — Also Stein schloß seine Thüre diesem Ge¬ schmeiß! Ist Stein noch da!" — „Einen Augenblick Geduld," fuhr mein Führer ruhig fort. „Ephraim war täglich beim Grafen Haugwitz und sie waren die besten Freunde. Sym¬ pathie der Seelen. Als man gegen Ende August und Anfang September 1806 nicht mehr zweifeln konnte, daß Preußen entschlossen sei, Frankreich den Krieg zu erklären, ging Ephraim zu Haugwitz, um sich hierüber Auf¬ klärung geben zu lassen und diese dem französischen Gesandten zu überbrin¬ gen. Ephraim selbst hat diese Unterhaltung drucken lassen und in ihr ist folgendes Gespräch: Ephraim: „Aber was wird das Publikum sagen, wenn es hört, das Ew. Exellenz gegenwärtig den Krieg gegen Frankreich will, während Sie ihn nicht wollten im vorigen Jahre, wo die Verhältnisse viel vortheilhafter waren?" Haugwitz: „Ich sah.... auf das Publikum." Ephr.: „So wird also das Publikum wenigstens erfahren, welchen Ge¬ ruch die sah.... eines Ministers hat." — S. 236. „Am Ende merkte man, was hinter dem Manne war. Er wurde ver¬ haftet,- aber so ein schmutziger Aal ist schwer zu halten." — „Lebt der Manu noch?" frug ich. — „Leute der Art siud unsterblich, sie ändern nnr den Namen. Herr Ephraim lebt jetzt in Paris als Doctor .... Doch wozu sein Jncognito denen verrathen, die ihn nicht kennen. Sapieuti sat." 4. „Dort steht noch ein ganzes Häuslein — Minister." — „platte!" „ „Vor dem letzten Kriege war Preußen wahrscheinlich der Staat, der in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/154>, abgerufen am 01.09.2024.