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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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tern, dem Chevalier Bvrardi und General Montenegro erschienen war. Der
arme Prinz zerstreut sich so gut er kann durch die Wissenschaften und geht
mitunter, um frische Luft zu schöpfen, ans die Themse in einem Penny-Boot.
Er versteht recht gut Englisch, und die gelehrten Herren ließen es sich daher
sehr angelegen sein, ihm die magnetischen Beobachtungen zu erklären, an
denen er den meisten Gefallen fand. Er speiste darauf mit ihnen, und als
mau seiue Gesundheit ausbrachte, entzückte er die K-to-ins durch eine sehr
artige, kleine englische Dankrede. -- Man sieht, daß die Wissenschaften auch
einige Vorliebe für altes Blut und königliche Ahnen haben, und mitunter
selbst mit eiuer Diogcneslampe danach umhergehen, als forschten sie nur
uonr l>'l crömo >l"z ki" socivtv.

Das deutsche Hospital hat seinen Bazar auf Verlangen Ihrer Majestät
der Königin bis auf das nächste Jahr hinausschieben müssen, weil die liebe¬
volle Landesmutter es nicht zugeben kann, daß man in Zeiten der Noth
Fremden etwas zuwende. Die 40,000 Deutsche in London mögen daher
einstweilen an dein jetzt stark umsichgreifenden Typhusfieber umkommen, was
immer den Vortheil hat, die Zahl der vom englische" Markte zu Nährenden
zu vermindern. Was aber weniger gerecht zu nennen sein mochte, ist, daß
das Comite des Hospitals seiner schwachgcstellten Finanzen halber es für
nöthig hält, eine Oeconomie zu beobachten, die hassenswert!) erscheint, weil
es .das häßlichste Laster, die Undankbarkeit, dadurch auf sich ladet. Man
weigert sich nämlich den Zoll zu bezahlen, den die von Deutschland einge¬
sandten Sachen heischen und läßt sie daher einstweilen ans dem Ol"tom-
Ilouso jedem Wind und Wetter ausgesetzt stehen, in der Hoffnung, daß man
von Lord John Rüssel die Erlaubniß erhalten werde, sie frei einzuführen.
Man hat jetzt schon so lange geduldig auf diese Erlaubniß geharrt, daß sich
erwarten läßt, wenn sie komme, werde die zu verlangende Taxe sich eben
auch auf nichts belaufen. Engländer würden das nie thun; ihr Gerechtig¬
keitsgefühl ließe dies nicht zu. Aber die City-Deutschen, die jetzt allein
an der Spitze stehen, haben so genau rechnen gelernt und so viel gerechnet,
daß sie jetzt nur noch Zahlen verstehen. Hat man mit ihnen zu thun, so hört
man aus, auf den deutschen Namen stolz zu sein. Herr Doctor Freund,
der erste Arzt des deutschen Hospitals, macht aber eine rühmliche Ausnahme
von dieser Regel, und alle an ihn adresstrten Sachen sind von ihm selbst
eingelöst worden und werden bis zum Tage des Verkaufes in seinem Hause
aufbewahrt. Aus der Schweiz und auch aus Constantinopel sind sehr
schöne Sachen eingegangen, was den Deutschen dort zur großen Ehre
gereicht. ---


tern, dem Chevalier Bvrardi und General Montenegro erschienen war. Der
arme Prinz zerstreut sich so gut er kann durch die Wissenschaften und geht
mitunter, um frische Luft zu schöpfen, ans die Themse in einem Penny-Boot.
Er versteht recht gut Englisch, und die gelehrten Herren ließen es sich daher
sehr angelegen sein, ihm die magnetischen Beobachtungen zu erklären, an
denen er den meisten Gefallen fand. Er speiste darauf mit ihnen, und als
mau seiue Gesundheit ausbrachte, entzückte er die K-to-ins durch eine sehr
artige, kleine englische Dankrede. — Man sieht, daß die Wissenschaften auch
einige Vorliebe für altes Blut und königliche Ahnen haben, und mitunter
selbst mit eiuer Diogcneslampe danach umhergehen, als forschten sie nur
uonr l>'l crömo >l«z ki» socivtv.

Das deutsche Hospital hat seinen Bazar auf Verlangen Ihrer Majestät
der Königin bis auf das nächste Jahr hinausschieben müssen, weil die liebe¬
volle Landesmutter es nicht zugeben kann, daß man in Zeiten der Noth
Fremden etwas zuwende. Die 40,000 Deutsche in London mögen daher
einstweilen an dein jetzt stark umsichgreifenden Typhusfieber umkommen, was
immer den Vortheil hat, die Zahl der vom englische» Markte zu Nährenden
zu vermindern. Was aber weniger gerecht zu nennen sein mochte, ist, daß
das Comite des Hospitals seiner schwachgcstellten Finanzen halber es für
nöthig hält, eine Oeconomie zu beobachten, die hassenswert!) erscheint, weil
es .das häßlichste Laster, die Undankbarkeit, dadurch auf sich ladet. Man
weigert sich nämlich den Zoll zu bezahlen, den die von Deutschland einge¬
sandten Sachen heischen und läßt sie daher einstweilen ans dem Ol«tom-
Ilouso jedem Wind und Wetter ausgesetzt stehen, in der Hoffnung, daß man
von Lord John Rüssel die Erlaubniß erhalten werde, sie frei einzuführen.
Man hat jetzt schon so lange geduldig auf diese Erlaubniß geharrt, daß sich
erwarten läßt, wenn sie komme, werde die zu verlangende Taxe sich eben
auch auf nichts belaufen. Engländer würden das nie thun; ihr Gerechtig¬
keitsgefühl ließe dies nicht zu. Aber die City-Deutschen, die jetzt allein
an der Spitze stehen, haben so genau rechnen gelernt und so viel gerechnet,
daß sie jetzt nur noch Zahlen verstehen. Hat man mit ihnen zu thun, so hört
man aus, auf den deutschen Namen stolz zu sein. Herr Doctor Freund,
der erste Arzt des deutschen Hospitals, macht aber eine rühmliche Ausnahme
von dieser Regel, und alle an ihn adresstrten Sachen sind von ihm selbst
eingelöst worden und werden bis zum Tage des Verkaufes in seinem Hause
aufbewahrt. Aus der Schweiz und auch aus Constantinopel sind sehr
schöne Sachen eingegangen, was den Deutschen dort zur großen Ehre
gereicht. —-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/14>, abgerufen am 01.09.2024.