Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ich will doch noch sagen, daß Sie sich nicht zu sehr freuen, der Herr Stu¬
dent kann grade so geschwind wieder nach Prag zurückgeschickt werden, wie
er herausgekommen ist!"

Betel wandte sich ab und ging rascher -- der Jäger verlängerte seine
Schritte ebenfalls und fuhr fort über Theodor zu schimpfen und zu lästern
bis an die Thüre des Brauhauses, die ihm Betel vor der Nase zuwarf.
Ganz erhitzt vor Eile und Aerger kam sie bei ihren Eltern an, die sie
gestern nur auf einen Sprung besuchen konnte -- Karl war mittlerweile
umgekehrt und ging in's Schloß zurück. Da begegnete ihm Theodor. Der
Jäger zog seine Mütze und hielt den Hofmeister an. "Der Herr Baron hat
mir befohlen, Hur Nesiiisny, daß ich auf heute Nachmittag Alles in Ord¬
nung bringen soll, wir werden nach Postupitz auf die Jagd gehen! Wollen
Sie ein leichtes Gewehr?" -- "Ja, ein leichtes wäre mir lieber!" --
"Möchten Sie sich nicht eines aussuchen, daß ich es Ihnen vorbereiten
kann?" -- "Das wird wohl Alles eins sein." -- "Ich bitte sehr, das ist
nicht Alles eins -- es könnte ein Unglück geschehen." --

Obwohl Theodor nicht recht einsah, wie so ein Unglück deshalb passiren
könnte, weil er sich sein Gewehr nicht selbst ausgesucht, kehrte er doch, wenn
auch verdrießlich, mit dem Jäger um, über dessen Gesicht sich ein häßliches
boshaftes Lächeln zog. .Wie sie neben einander hergingen, sagte er mit
scheinbar gleichgültigem Tone: "ich bin aber unserer Jungfer begegnet, sie
ist in's Brauhaus gegangen!"

Theodor wandte sich ab, dem Jäger die fliegende Rothe zu verber¬
gen, die seine Wangen färbte. Er hustete verlegen und zwang sich zu
einem gleichgültigen: "So?" -- "Die möcht' gern heirathen," fuhr Karl
fort, "aber es will nicht recht zusammen gehn. Ich hätte sie genommen,
aber es ist nichts mit ihr." - "Ist es weit nach Postupitz?" fragte Theo¬
dor. -- "Eine kleine Stunde -- ich habe mit ihr über ein Jahr Bekannt¬
schaft gehabt, aber -- na, ich will nichts sagen wenn Sie Ihnen gefällt,
sie ist gut, sehr gut, sie schlägt einem uicht so leicht etwas ab!" -- "Wozu
sagen Sie mir denn das?" antwortete ihm Theodor aufs tiefste empört, und
drehte sich rasch gegen den Jäger, der von der Heftigkeit dieser Anrede be¬
troffen, einen Schritt zurückwich, aber bald gesaßt mit einem höhnischen
Lächeln antwortete: "Wenn ich gewußt hätte, Herr Nest-isnv, daß Sie ---"
-- "Wenn ti" Betel erfährt, daß Sie ihr nachreden, so kann sie es der
Herrschaft Lagen, und dann weiß ich nicht, ob die Frau Baronin damit zu¬
frieden sein wird!" -- "Das sage ich ihr, in's Gesicht," sagte keck den Kops
emporwerfend der Jäger, "sie hat mich hundertmal geküßt, die Leute alle


Wrenzhytm. U. Is47. ^

ich will doch noch sagen, daß Sie sich nicht zu sehr freuen, der Herr Stu¬
dent kann grade so geschwind wieder nach Prag zurückgeschickt werden, wie
er herausgekommen ist!"

Betel wandte sich ab und ging rascher — der Jäger verlängerte seine
Schritte ebenfalls und fuhr fort über Theodor zu schimpfen und zu lästern
bis an die Thüre des Brauhauses, die ihm Betel vor der Nase zuwarf.
Ganz erhitzt vor Eile und Aerger kam sie bei ihren Eltern an, die sie
gestern nur auf einen Sprung besuchen konnte — Karl war mittlerweile
umgekehrt und ging in's Schloß zurück. Da begegnete ihm Theodor. Der
Jäger zog seine Mütze und hielt den Hofmeister an. „Der Herr Baron hat
mir befohlen, Hur Nesiiisny, daß ich auf heute Nachmittag Alles in Ord¬
nung bringen soll, wir werden nach Postupitz auf die Jagd gehen! Wollen
Sie ein leichtes Gewehr?" — „Ja, ein leichtes wäre mir lieber!" —
„Möchten Sie sich nicht eines aussuchen, daß ich es Ihnen vorbereiten
kann?" — „Das wird wohl Alles eins sein." — „Ich bitte sehr, das ist
nicht Alles eins — es könnte ein Unglück geschehen." —

Obwohl Theodor nicht recht einsah, wie so ein Unglück deshalb passiren
könnte, weil er sich sein Gewehr nicht selbst ausgesucht, kehrte er doch, wenn
auch verdrießlich, mit dem Jäger um, über dessen Gesicht sich ein häßliches
boshaftes Lächeln zog. .Wie sie neben einander hergingen, sagte er mit
scheinbar gleichgültigem Tone: „ich bin aber unserer Jungfer begegnet, sie
ist in's Brauhaus gegangen!"

Theodor wandte sich ab, dem Jäger die fliegende Rothe zu verber¬
gen, die seine Wangen färbte. Er hustete verlegen und zwang sich zu
einem gleichgültigen: „So?" — „Die möcht' gern heirathen," fuhr Karl
fort, „aber es will nicht recht zusammen gehn. Ich hätte sie genommen,
aber es ist nichts mit ihr." - „Ist es weit nach Postupitz?" fragte Theo¬
dor. — „Eine kleine Stunde — ich habe mit ihr über ein Jahr Bekannt¬
schaft gehabt, aber — na, ich will nichts sagen wenn Sie Ihnen gefällt,
sie ist gut, sehr gut, sie schlägt einem uicht so leicht etwas ab!" — „Wozu
sagen Sie mir denn das?" antwortete ihm Theodor aufs tiefste empört, und
drehte sich rasch gegen den Jäger, der von der Heftigkeit dieser Anrede be¬
troffen, einen Schritt zurückwich, aber bald gesaßt mit einem höhnischen
Lächeln antwortete: „Wenn ich gewußt hätte, Herr Nest-isnv, daß Sie —-"
— »Wenn ti« Betel erfährt, daß Sie ihr nachreden, so kann sie es der
Herrschaft Lagen, und dann weiß ich nicht, ob die Frau Baronin damit zu¬
frieden sein wird!" — „Das sage ich ihr, in's Gesicht," sagte keck den Kops
emporwerfend der Jäger, „sie hat mich hundertmal geküßt, die Leute alle


Wrenzhytm. U. Is47. ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271972"/>
              <p xml:id="ID_242" prev="#ID_241"> ich will doch noch sagen, daß Sie sich nicht zu sehr freuen, der Herr Stu¬<lb/>
dent kann grade so geschwind wieder nach Prag zurückgeschickt werden, wie<lb/>
er herausgekommen ist!"</p><lb/>
              <p xml:id="ID_243"> Betel wandte sich ab und ging rascher &#x2014; der Jäger verlängerte seine<lb/>
Schritte ebenfalls und fuhr fort über Theodor zu schimpfen und zu lästern<lb/>
bis an die Thüre des Brauhauses, die ihm Betel vor der Nase zuwarf.<lb/>
Ganz erhitzt vor Eile und Aerger kam sie bei ihren Eltern an, die sie<lb/>
gestern nur auf einen Sprung besuchen konnte &#x2014; Karl war mittlerweile<lb/>
umgekehrt und ging in's Schloß zurück. Da begegnete ihm Theodor. Der<lb/>
Jäger zog seine Mütze und hielt den Hofmeister an.  &#x201E;Der Herr Baron hat<lb/>
mir befohlen, Hur Nesiiisny, daß ich auf heute Nachmittag Alles in Ord¬<lb/>
nung bringen soll, wir werden nach Postupitz auf die Jagd gehen! Wollen<lb/>
Sie ein leichtes Gewehr?" &#x2014; &#x201E;Ja, ein leichtes wäre mir lieber!" &#x2014;<lb/>
&#x201E;Möchten Sie sich nicht eines aussuchen, daß ich es Ihnen vorbereiten<lb/>
kann?" &#x2014; &#x201E;Das wird wohl Alles eins sein." &#x2014; &#x201E;Ich bitte sehr, das ist<lb/>
nicht Alles eins &#x2014; es könnte ein Unglück geschehen." &#x2014;</p><lb/>
              <p xml:id="ID_244"> Obwohl Theodor nicht recht einsah, wie so ein Unglück deshalb passiren<lb/>
könnte, weil er sich sein Gewehr nicht selbst ausgesucht, kehrte er doch, wenn<lb/>
auch verdrießlich, mit dem Jäger um, über dessen Gesicht sich ein häßliches<lb/>
boshaftes Lächeln zog. .Wie sie neben einander hergingen, sagte er mit<lb/>
scheinbar gleichgültigem Tone: &#x201E;ich bin aber unserer Jungfer begegnet, sie<lb/>
ist in's Brauhaus gegangen!"</p><lb/>
              <p xml:id="ID_245" next="#ID_246"> Theodor wandte sich ab, dem Jäger die fliegende Rothe zu verber¬<lb/>
gen, die seine Wangen färbte.  Er hustete verlegen und zwang sich zu<lb/>
einem gleichgültigen: &#x201E;So?" &#x2014; &#x201E;Die möcht' gern heirathen," fuhr Karl<lb/>
fort, &#x201E;aber es will nicht recht zusammen gehn. Ich hätte sie genommen,<lb/>
aber es ist nichts mit ihr." - &#x201E;Ist es weit nach Postupitz?" fragte Theo¬<lb/>
dor. &#x2014; &#x201E;Eine kleine Stunde &#x2014; ich habe mit ihr über ein Jahr Bekannt¬<lb/>
schaft gehabt, aber &#x2014; na, ich will nichts sagen   wenn Sie Ihnen gefällt,<lb/>
sie ist gut, sehr gut, sie schlägt einem uicht so leicht etwas ab!" &#x2014; &#x201E;Wozu<lb/>
sagen Sie mir denn das?" antwortete ihm Theodor aufs tiefste empört, und<lb/>
drehte sich rasch gegen den Jäger, der von der Heftigkeit dieser Anrede be¬<lb/>
troffen, einen Schritt zurückwich, aber bald gesaßt mit einem höhnischen<lb/>
Lächeln antwortete: &#x201E;Wenn ich gewußt hätte, Herr Nest-isnv, daß Sie &#x2014;-"<lb/>
&#x2014; »Wenn ti« Betel erfährt, daß Sie ihr nachreden, so kann sie es der<lb/>
Herrschaft Lagen, und dann weiß ich nicht, ob die Frau Baronin damit zu¬<lb/>
frieden sein wird!" &#x2014; &#x201E;Das sage ich ihr, in's Gesicht," sagte keck den Kops<lb/>
emporwerfend der Jäger, &#x201E;sie hat mich hundertmal geküßt, die Leute alle</p><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom"> Wrenzhytm. U. Is47. ^</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0073] ich will doch noch sagen, daß Sie sich nicht zu sehr freuen, der Herr Stu¬ dent kann grade so geschwind wieder nach Prag zurückgeschickt werden, wie er herausgekommen ist!" Betel wandte sich ab und ging rascher — der Jäger verlängerte seine Schritte ebenfalls und fuhr fort über Theodor zu schimpfen und zu lästern bis an die Thüre des Brauhauses, die ihm Betel vor der Nase zuwarf. Ganz erhitzt vor Eile und Aerger kam sie bei ihren Eltern an, die sie gestern nur auf einen Sprung besuchen konnte — Karl war mittlerweile umgekehrt und ging in's Schloß zurück. Da begegnete ihm Theodor. Der Jäger zog seine Mütze und hielt den Hofmeister an. „Der Herr Baron hat mir befohlen, Hur Nesiiisny, daß ich auf heute Nachmittag Alles in Ord¬ nung bringen soll, wir werden nach Postupitz auf die Jagd gehen! Wollen Sie ein leichtes Gewehr?" — „Ja, ein leichtes wäre mir lieber!" — „Möchten Sie sich nicht eines aussuchen, daß ich es Ihnen vorbereiten kann?" — „Das wird wohl Alles eins sein." — „Ich bitte sehr, das ist nicht Alles eins — es könnte ein Unglück geschehen." — Obwohl Theodor nicht recht einsah, wie so ein Unglück deshalb passiren könnte, weil er sich sein Gewehr nicht selbst ausgesucht, kehrte er doch, wenn auch verdrießlich, mit dem Jäger um, über dessen Gesicht sich ein häßliches boshaftes Lächeln zog. .Wie sie neben einander hergingen, sagte er mit scheinbar gleichgültigem Tone: „ich bin aber unserer Jungfer begegnet, sie ist in's Brauhaus gegangen!" Theodor wandte sich ab, dem Jäger die fliegende Rothe zu verber¬ gen, die seine Wangen färbte. Er hustete verlegen und zwang sich zu einem gleichgültigen: „So?" — „Die möcht' gern heirathen," fuhr Karl fort, „aber es will nicht recht zusammen gehn. Ich hätte sie genommen, aber es ist nichts mit ihr." - „Ist es weit nach Postupitz?" fragte Theo¬ dor. — „Eine kleine Stunde — ich habe mit ihr über ein Jahr Bekannt¬ schaft gehabt, aber — na, ich will nichts sagen wenn Sie Ihnen gefällt, sie ist gut, sehr gut, sie schlägt einem uicht so leicht etwas ab!" — „Wozu sagen Sie mir denn das?" antwortete ihm Theodor aufs tiefste empört, und drehte sich rasch gegen den Jäger, der von der Heftigkeit dieser Anrede be¬ troffen, einen Schritt zurückwich, aber bald gesaßt mit einem höhnischen Lächeln antwortete: „Wenn ich gewußt hätte, Herr Nest-isnv, daß Sie —-" — »Wenn ti« Betel erfährt, daß Sie ihr nachreden, so kann sie es der Herrschaft Lagen, und dann weiß ich nicht, ob die Frau Baronin damit zu¬ frieden sein wird!" — „Das sage ich ihr, in's Gesicht," sagte keck den Kops emporwerfend der Jäger, „sie hat mich hundertmal geküßt, die Leute alle Wrenzhytm. U. Is47. ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/73
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/73>, abgerufen am 22.07.2024.