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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Stellung sich bereits verwahrt haben, und wie ich voraussetzen muß, es auch
bei diesem Anlasse kräftigst thun werden.

Gegen die Ansicht aber, daß die Aufhebung des Lottospieles nicht in
den Bereich ständischen Wirkens gehöre, muß ich mir noch einige Worte er¬
lauben, um diese Behauptung entschieden zurückzuweisen.

Jeder Gegenstand, der auf das Wohl und Wehe des Landes, auf den
physischen oder moralischen Zustand seiner Bewohner Einfluß nimmt, muß
meiner Ueberzeugung nach auch ein Gegenstand der sorgfältigsten Aufmerk¬
samkeit und der thätigsten Wirksamkeit der Stände sei". Um wie viel mehr
muß aber grade ein solcher Gegenstand die Theilnahme der Stände in An¬
spruch nehmen, der bereits als die wichtigste und hervorragendste Ursache
der allgemeinen Verarmung, zugleich aber auch eiuer auf höchst beunruhi-
gende Weise überhand nehmenden Demoralisation allseitig anerkannt worden
ist, und leider schon die Zahlungsunfähigkeit so manches Steuerpflichtigen
herbeigeführt hat, und noch herbeiführen wird.

Ich habe schon bei Gelegenheit der im Jahre 1845 berufenen Nieseu-
gebirgs Coon die Ehre gehabt, in einem ausführlichen Vortrage das Lotto¬
spiel als eine der Hauptursachen des Nothstandes und der Verarmung nam¬
haft zu machen, und den Nachweis der Richtigkeit meiner Angaben durch
zissermäßige amtlich bestätigte Erhebungen zu liefern.

Ich halte es für nothwendig, wenigstens eine dieser ziffermäßigeu Er¬
hebungen den Herren Ständen hier mitzutheilen, damit dieselben daraus er¬
sehen mögen, welche Höhe das Lottospiel schon damals erreicht, mit welcher
Wuth es betrieben wurde, und welche ungeheuere Summen grade aus den
Taschen der ärmsten Klassen in die Collccturen gewandert sind, wobei ich
zugleich nicht unbemerkt lassen kaun, daß durch die seither stattgefundene
voir den k. k. Behörden so sehr begünstigte Vermehrung der Cvllectnren alle
diese Uebelstände gegenwärtig einen noch weit höhern Grad erreicht haben.

Schon der im Monate Februar 1843 sich auf meiner Besitzung Hohen-
elbe zum Theile äußernde Nothstand hatte mich veranlaßt, Nachforschungen
einzuleiten, und die gepflogenen Erhebungen haben nachgewiesen, daß in die¬
sem Monate Februar allein durch den obrigkeitlichen Steuereinnehmer an
Lottogelderu aus der Hohenelber Collectnr nach Abzug der ausgezahlten
Gewinnste 4970 Fi. C. M. daher um 2707 Fi. C. M. mehr als die ganz¬
jährige Rnsticalsteuer dieser Herrschaft, welche somit Fictitium und dem Do-
mesticalfondszuschlage im Jahr 1842 4699 Fi. 17 Kr. C. M. betragen hatte,
an die Kreiskasse abgeführt worden sind, was demnach so ziemlich dem
zwölffachen Ertrage der Rustikalsteuer gleichkäme.


Stellung sich bereits verwahrt haben, und wie ich voraussetzen muß, es auch
bei diesem Anlasse kräftigst thun werden.

Gegen die Ansicht aber, daß die Aufhebung des Lottospieles nicht in
den Bereich ständischen Wirkens gehöre, muß ich mir noch einige Worte er¬
lauben, um diese Behauptung entschieden zurückzuweisen.

Jeder Gegenstand, der auf das Wohl und Wehe des Landes, auf den
physischen oder moralischen Zustand seiner Bewohner Einfluß nimmt, muß
meiner Ueberzeugung nach auch ein Gegenstand der sorgfältigsten Aufmerk¬
samkeit und der thätigsten Wirksamkeit der Stände sei». Um wie viel mehr
muß aber grade ein solcher Gegenstand die Theilnahme der Stände in An¬
spruch nehmen, der bereits als die wichtigste und hervorragendste Ursache
der allgemeinen Verarmung, zugleich aber auch eiuer auf höchst beunruhi-
gende Weise überhand nehmenden Demoralisation allseitig anerkannt worden
ist, und leider schon die Zahlungsunfähigkeit so manches Steuerpflichtigen
herbeigeführt hat, und noch herbeiführen wird.

Ich habe schon bei Gelegenheit der im Jahre 1845 berufenen Nieseu-
gebirgs Coon die Ehre gehabt, in einem ausführlichen Vortrage das Lotto¬
spiel als eine der Hauptursachen des Nothstandes und der Verarmung nam¬
haft zu machen, und den Nachweis der Richtigkeit meiner Angaben durch
zissermäßige amtlich bestätigte Erhebungen zu liefern.

Ich halte es für nothwendig, wenigstens eine dieser ziffermäßigeu Er¬
hebungen den Herren Ständen hier mitzutheilen, damit dieselben daraus er¬
sehen mögen, welche Höhe das Lottospiel schon damals erreicht, mit welcher
Wuth es betrieben wurde, und welche ungeheuere Summen grade aus den
Taschen der ärmsten Klassen in die Collccturen gewandert sind, wobei ich
zugleich nicht unbemerkt lassen kaun, daß durch die seither stattgefundene
voir den k. k. Behörden so sehr begünstigte Vermehrung der Cvllectnren alle
diese Uebelstände gegenwärtig einen noch weit höhern Grad erreicht haben.

Schon der im Monate Februar 1843 sich auf meiner Besitzung Hohen-
elbe zum Theile äußernde Nothstand hatte mich veranlaßt, Nachforschungen
einzuleiten, und die gepflogenen Erhebungen haben nachgewiesen, daß in die¬
sem Monate Februar allein durch den obrigkeitlichen Steuereinnehmer an
Lottogelderu aus der Hohenelber Collectnr nach Abzug der ausgezahlten
Gewinnste 4970 Fi. C. M. daher um 2707 Fi. C. M. mehr als die ganz¬
jährige Rnsticalsteuer dieser Herrschaft, welche somit Fictitium und dem Do-
mesticalfondszuschlage im Jahr 1842 4699 Fi. 17 Kr. C. M. betragen hatte,
an die Kreiskasse abgeführt worden sind, was demnach so ziemlich dem
zwölffachen Ertrage der Rustikalsteuer gleichkäme.


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[0528] Stellung sich bereits verwahrt haben, und wie ich voraussetzen muß, es auch bei diesem Anlasse kräftigst thun werden. Gegen die Ansicht aber, daß die Aufhebung des Lottospieles nicht in den Bereich ständischen Wirkens gehöre, muß ich mir noch einige Worte er¬ lauben, um diese Behauptung entschieden zurückzuweisen. Jeder Gegenstand, der auf das Wohl und Wehe des Landes, auf den physischen oder moralischen Zustand seiner Bewohner Einfluß nimmt, muß meiner Ueberzeugung nach auch ein Gegenstand der sorgfältigsten Aufmerk¬ samkeit und der thätigsten Wirksamkeit der Stände sei». Um wie viel mehr muß aber grade ein solcher Gegenstand die Theilnahme der Stände in An¬ spruch nehmen, der bereits als die wichtigste und hervorragendste Ursache der allgemeinen Verarmung, zugleich aber auch eiuer auf höchst beunruhi- gende Weise überhand nehmenden Demoralisation allseitig anerkannt worden ist, und leider schon die Zahlungsunfähigkeit so manches Steuerpflichtigen herbeigeführt hat, und noch herbeiführen wird. Ich habe schon bei Gelegenheit der im Jahre 1845 berufenen Nieseu- gebirgs Coon die Ehre gehabt, in einem ausführlichen Vortrage das Lotto¬ spiel als eine der Hauptursachen des Nothstandes und der Verarmung nam¬ haft zu machen, und den Nachweis der Richtigkeit meiner Angaben durch zissermäßige amtlich bestätigte Erhebungen zu liefern. Ich halte es für nothwendig, wenigstens eine dieser ziffermäßigeu Er¬ hebungen den Herren Ständen hier mitzutheilen, damit dieselben daraus er¬ sehen mögen, welche Höhe das Lottospiel schon damals erreicht, mit welcher Wuth es betrieben wurde, und welche ungeheuere Summen grade aus den Taschen der ärmsten Klassen in die Collccturen gewandert sind, wobei ich zugleich nicht unbemerkt lassen kaun, daß durch die seither stattgefundene voir den k. k. Behörden so sehr begünstigte Vermehrung der Cvllectnren alle diese Uebelstände gegenwärtig einen noch weit höhern Grad erreicht haben. Schon der im Monate Februar 1843 sich auf meiner Besitzung Hohen- elbe zum Theile äußernde Nothstand hatte mich veranlaßt, Nachforschungen einzuleiten, und die gepflogenen Erhebungen haben nachgewiesen, daß in die¬ sem Monate Februar allein durch den obrigkeitlichen Steuereinnehmer an Lottogelderu aus der Hohenelber Collectnr nach Abzug der ausgezahlten Gewinnste 4970 Fi. C. M. daher um 2707 Fi. C. M. mehr als die ganz¬ jährige Rnsticalsteuer dieser Herrschaft, welche somit Fictitium und dem Do- mesticalfondszuschlage im Jahr 1842 4699 Fi. 17 Kr. C. M. betragen hatte, an die Kreiskasse abgeführt worden sind, was demnach so ziemlich dem zwölffachen Ertrage der Rustikalsteuer gleichkäme.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/528>, abgerufen am 01.10.2024.