Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.Egbert hervorspinnen, wo der blonde Egbert einen Freund hat, den er er¬ Man könnte jene Aeußerung vielleicht für den Fiebertraum eines Ver¬
Das ist dieselbe Stimmung, welche die romantische Schule Welt¬ Egbert hervorspinnen, wo der blonde Egbert einen Freund hat, den er er¬ Man könnte jene Aeußerung vielleicht für den Fiebertraum eines Ver¬
Das ist dieselbe Stimmung, welche die romantische Schule Welt¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0520" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272419"/> <p xml:id="ID_1674" prev="#ID_1673"> Egbert hervorspinnen, wo der blonde Egbert einen Freund hat, den er er¬<lb/> sticht, der sich dann in seine Geliebte, dann in einen andern Ritter, in<lb/> seine Mutter, in ein Vöglein verwandelt, das immer singt: Waldeinsamkeit!<lb/> wie liegt so weit, was mich erfreut, Waldeinsamkeit! bis der blonde Egbert<lb/> darüber verrückt wird, aber nie ein wirkliches Drama. Jener Plan ist eben<lb/> eine solche Verkehrtheit als Immermann's Idee, die Langeweile des Zeit¬<lb/> alters durch die Langeweile seines Buchs zu schildern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1675"> Man könnte jene Aeußerung vielleicht für den Fiebertraum eines Ver¬<lb/> liebten halten, aber im Prolog wiederholt sie sich noch einmal in einer<lb/> Vision des Dichters:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_12" type="poem"> <l> Ich seh' an einem Edelstein<lb/> Des ird'schen Lebens irren Schein<lb/> Und alle Nichtigkeit der Welt<lb/> Phantastisch-lustig dargestellt.<lb/> Ein Mensch vom Tod schon angehaucht,<lb/> Bekommt ihn, da er Nichts mehr braucht.<lb/> Ein Wesen von der Elfen Art---<lb/> Glaubt, daß den Diamant ein Geist<lb/> Entführte, der sie sterben heißt.<lb/> Der Wahn verstört ihr das Gemüth —<lb/> Und wenn sie ihn auch selber spann,<lb/> Sie stirbt nicht weniger daran.<lb/> Indessen geht der Diamant<lb/> Den Alles sucht, von Hand zu Hand,<lb/> Doch Schelm auf Schelm bekommt ihn nur,<lb/> Daß seine innerste Natur,<lb/> Sonst weggedrückt und wohl versteckt,<lb/> Entschleiert wird und aufgedeckt.<lb/> Ist das geschehn, so dreht sich schnell,<lb/> Der Zufall macht das Dunkle hell,<lb/> Und wandelt das erträumte Glück,<lb/> Für Jeden um in Mißgeschick." —<lb/> „Ich soll die Welt<lb/> In dem, was sie befangen hält.<lb/> In ihrem eigentlichsten Tichten,<lb/> Ja durch dies Tichten selbst vernichten;<lb/> Ich soll, wohin kein Schicksal reicht,<lb/> Den Zufall führen, daß er zeigt,<lb/> Wie wenn der Mensch so tief verstockt,<lb/> Daß er den Funken nicht mehr lockt,<lb/> Der Blitz in sein Metall noch schlägt<lb/> Und durch sein Gold ihn selbst erlegt."<lb/></l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1676" next="#ID_1677"> Das ist dieselbe Stimmung, welche die romantische Schule Welt¬<lb/> ironie nannte, dies bewußtlose Bewußtsein des universellen Schwindels, in<lb/> dem das Festeste gleich dem ewig Wechselnden in träumerischer Flüchtigkeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0520]
Egbert hervorspinnen, wo der blonde Egbert einen Freund hat, den er er¬
sticht, der sich dann in seine Geliebte, dann in einen andern Ritter, in
seine Mutter, in ein Vöglein verwandelt, das immer singt: Waldeinsamkeit!
wie liegt so weit, was mich erfreut, Waldeinsamkeit! bis der blonde Egbert
darüber verrückt wird, aber nie ein wirkliches Drama. Jener Plan ist eben
eine solche Verkehrtheit als Immermann's Idee, die Langeweile des Zeit¬
alters durch die Langeweile seines Buchs zu schildern.
Man könnte jene Aeußerung vielleicht für den Fiebertraum eines Ver¬
liebten halten, aber im Prolog wiederholt sie sich noch einmal in einer
Vision des Dichters:
Ich seh' an einem Edelstein
Des ird'schen Lebens irren Schein
Und alle Nichtigkeit der Welt
Phantastisch-lustig dargestellt.
Ein Mensch vom Tod schon angehaucht,
Bekommt ihn, da er Nichts mehr braucht.
Ein Wesen von der Elfen Art---
Glaubt, daß den Diamant ein Geist
Entführte, der sie sterben heißt.
Der Wahn verstört ihr das Gemüth —
Und wenn sie ihn auch selber spann,
Sie stirbt nicht weniger daran.
Indessen geht der Diamant
Den Alles sucht, von Hand zu Hand,
Doch Schelm auf Schelm bekommt ihn nur,
Daß seine innerste Natur,
Sonst weggedrückt und wohl versteckt,
Entschleiert wird und aufgedeckt.
Ist das geschehn, so dreht sich schnell,
Der Zufall macht das Dunkle hell,
Und wandelt das erträumte Glück,
Für Jeden um in Mißgeschick." —
„Ich soll die Welt
In dem, was sie befangen hält.
In ihrem eigentlichsten Tichten,
Ja durch dies Tichten selbst vernichten;
Ich soll, wohin kein Schicksal reicht,
Den Zufall führen, daß er zeigt,
Wie wenn der Mensch so tief verstockt,
Daß er den Funken nicht mehr lockt,
Der Blitz in sein Metall noch schlägt
Und durch sein Gold ihn selbst erlegt."
Das ist dieselbe Stimmung, welche die romantische Schule Welt¬
ironie nannte, dies bewußtlose Bewußtsein des universellen Schwindels, in
dem das Festeste gleich dem ewig Wechselnden in träumerischer Flüchtigkeit
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