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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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noch der Beruf der Kirche. ,,/Uelp-toi "t Dieu t''ü"1our." Und hat nicht
die Theorie schon einen bedeutenden Sieg errungen in der endlich erfolgten
Geburt unserer Akademie der Wissenschaften? Gewiß, obwohl Philosophie
und Moral noch nicht vertreten sind und die Wiener bis jetzt nur drei Dinge
an ihr zu loben finden, nämlich: I) daß die Ernennung der Mitglieder nicht
schlechter ausgefallen, was von Achtung vor der öffentlichen Meinung zeigt;
2) daß die Mitglieder keine Bezahlung haben, denn sonst wäre die Aka¬
demie nur eine Versorgungsanstalt für die Schöngeister des Bällplatzes
und der Hofzirkel, ein Jnvalidenhans für Seinsollende Gelehrte einer gewissen
Doktrin geworden; und :y daß die Wahl des Präsidenten, Vicepräsidenten
und der zwei Secretäre den Mitgliedern überlassen bleibt, was Achtung vor
der Wissenschaft beurkundet. Wir bedauern nur, daß Erzherzog Johann
so wunderbar consequent an seinem Aufenthalte in Steyermark hängt. An
der Seite der Bedenklichkeit unseres Erzherzogs Ludwigs würde sein edles,
feuriges Gemüth, sein hoher Geist, für das Wohl der Monarchie das Er¬
sprießlichste leisten.

An der Spitze der bürgerlichen Praxis Wiens steht Herr Bürgermeister
Czapta. Diese Zeilen sind ein Zuruf an ihn. Der am 7. Juni sich versam¬
melnde Landtag wird auch ihm eine Gelegenheit bieten zu zeigen, ob er
seine Stellung begreift, ob er die Theorie eines Amtes verstanden, das der
Träger der Intelligenz und der Kräfte des Bürgerthums sein soll. Der
Repräsentant der Bürger Londons führt den stolzen und edlen Titel ">.^"ni
N-^or." Er möge sich dessen erinnern, und daß dem Wiener, bei seinem
Geiste und seinen Mitteln nur der Anstoß zu einer edlen Beschäftigung fehlt,
um aus dem Capuciner einen Römer zu machen.


von Ser Fremng.


noch der Beruf der Kirche. ,,/Uelp-toi «t Dieu t''ü«1our." Und hat nicht
die Theorie schon einen bedeutenden Sieg errungen in der endlich erfolgten
Geburt unserer Akademie der Wissenschaften? Gewiß, obwohl Philosophie
und Moral noch nicht vertreten sind und die Wiener bis jetzt nur drei Dinge
an ihr zu loben finden, nämlich: I) daß die Ernennung der Mitglieder nicht
schlechter ausgefallen, was von Achtung vor der öffentlichen Meinung zeigt;
2) daß die Mitglieder keine Bezahlung haben, denn sonst wäre die Aka¬
demie nur eine Versorgungsanstalt für die Schöngeister des Bällplatzes
und der Hofzirkel, ein Jnvalidenhans für Seinsollende Gelehrte einer gewissen
Doktrin geworden; und :y daß die Wahl des Präsidenten, Vicepräsidenten
und der zwei Secretäre den Mitgliedern überlassen bleibt, was Achtung vor
der Wissenschaft beurkundet. Wir bedauern nur, daß Erzherzog Johann
so wunderbar consequent an seinem Aufenthalte in Steyermark hängt. An
der Seite der Bedenklichkeit unseres Erzherzogs Ludwigs würde sein edles,
feuriges Gemüth, sein hoher Geist, für das Wohl der Monarchie das Er¬
sprießlichste leisten.

An der Spitze der bürgerlichen Praxis Wiens steht Herr Bürgermeister
Czapta. Diese Zeilen sind ein Zuruf an ihn. Der am 7. Juni sich versam¬
melnde Landtag wird auch ihm eine Gelegenheit bieten zu zeigen, ob er
seine Stellung begreift, ob er die Theorie eines Amtes verstanden, das der
Träger der Intelligenz und der Kräfte des Bürgerthums sein soll. Der
Repräsentant der Bürger Londons führt den stolzen und edlen Titel „>.^»ni
N-^or." Er möge sich dessen erinnern, und daß dem Wiener, bei seinem
Geiste und seinen Mitteln nur der Anstoß zu einer edlen Beschäftigung fehlt,
um aus dem Capuciner einen Römer zu machen.


von Ser Fremng.


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[0484] noch der Beruf der Kirche. ,,/Uelp-toi «t Dieu t''ü«1our." Und hat nicht die Theorie schon einen bedeutenden Sieg errungen in der endlich erfolgten Geburt unserer Akademie der Wissenschaften? Gewiß, obwohl Philosophie und Moral noch nicht vertreten sind und die Wiener bis jetzt nur drei Dinge an ihr zu loben finden, nämlich: I) daß die Ernennung der Mitglieder nicht schlechter ausgefallen, was von Achtung vor der öffentlichen Meinung zeigt; 2) daß die Mitglieder keine Bezahlung haben, denn sonst wäre die Aka¬ demie nur eine Versorgungsanstalt für die Schöngeister des Bällplatzes und der Hofzirkel, ein Jnvalidenhans für Seinsollende Gelehrte einer gewissen Doktrin geworden; und :y daß die Wahl des Präsidenten, Vicepräsidenten und der zwei Secretäre den Mitgliedern überlassen bleibt, was Achtung vor der Wissenschaft beurkundet. Wir bedauern nur, daß Erzherzog Johann so wunderbar consequent an seinem Aufenthalte in Steyermark hängt. An der Seite der Bedenklichkeit unseres Erzherzogs Ludwigs würde sein edles, feuriges Gemüth, sein hoher Geist, für das Wohl der Monarchie das Er¬ sprießlichste leisten. An der Spitze der bürgerlichen Praxis Wiens steht Herr Bürgermeister Czapta. Diese Zeilen sind ein Zuruf an ihn. Der am 7. Juni sich versam¬ melnde Landtag wird auch ihm eine Gelegenheit bieten zu zeigen, ob er seine Stellung begreift, ob er die Theorie eines Amtes verstanden, das der Träger der Intelligenz und der Kräfte des Bürgerthums sein soll. Der Repräsentant der Bürger Londons führt den stolzen und edlen Titel „>.^»ni N-^or." Er möge sich dessen erinnern, und daß dem Wiener, bei seinem Geiste und seinen Mitteln nur der Anstoß zu einer edlen Beschäftigung fehlt, um aus dem Capuciner einen Römer zu machen. von Ser Fremng.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/484>, abgerufen am 01.10.2024.