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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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doch ganz gewiß -- den Rechtsansprüchen vieler Einzelnen, die denen eines
ganzen Volkes gleichen, zu nahe getreten, daß nicht "die eingetretenen Ver¬
hältnisse," nein, das klarste unleugbarste Recht ein anderes Urtheil abnö-
thigen, als sie bisher mit so großen Aufwand von Worten in Aussicht ge¬
stellt? Trotz alles Sträubens dies Geständniß mit befriedigender Klarheit
abzulegen, vermochte man beim angenommenen Maßstab der Nachsicht gegen
das Bestehende denn doch nicht es ganz zu beseitigen. Oder enthält das
neue Patent nicht einen offenbaren Widerspruch, indem es bei den dem
Staatsschatz vorbehaltenen Wäldern trotz des ausgesprochenen Hoheitsrechtes
wenigstens für das Vergangene die Erwerbsarten des allgemeinen bürger"
lichen Rechtes anerkennt, oder den mit sogenannten Staatswäldern betheilig¬
ten Gemeinden untersagt, sich gegen Dritte auf das landesfürstliche HoheitS-
recht zu beziehen?

Man werfe uns nicht vor, es handle sich hier nur um Worte, nicht
um die Sache, den Wünschen der Mehrzahl, jener des Jnn- und WippthalZ
nämlich ausgenommen, werde genügt, wir seien undankbar und des Ge¬
schenkes nicht einmal würdig. Unsere Opposition ist kein Worthader, stammt
aus keiner persönlichen Abneigung, am allerwenigsten verkennen wir den Werth
des Gutes, das uus geworden, wir meinen nur, er hätte sich verdoppelt,
wenn man uns das Recht als solches, nicht als Gnade gewährte, wenn man
uns überhaupt vom minorennen Boden der Gunst auf den festen, männer-
wnrdigen des Rechtes überzutreten erlaubte, wir glauben das Band des
Vertrauens und der Liebe würde sich fester knüpfen, wenn man es nicht nur
im Grundsätze, sondern allemal, so oft sich der Fall seiner Anwendung er¬
gibt, auszusprechen wagte, daß uns dem Staat gegenüber nicht nur Pflichten,
sondern auch Rechte zustehen. Wir spähen umsonst nach der Gehabe, die zu
befürchten wäre, wenn das Bewußtsein in ein Volk gedrungen, daß es in
seiner Hingabe an ein geliebtes Herrscherhaus auch den Besitz und Schutz
seiner Rechte erblickt; wenigstens fehlt jeder Maßstab für die Anhänglichkeit
derer, die nnr Gnaden zu empfangen, und selbst das gewährte Recht als
solches zu preisen gewohnt, belehrt oder eingeschüchtert sind. Was kann un¬
serm lieben, guten, edelmüthigen Kaiser der Dank unsrer Stände gelten,
der ihnen stets in gleich obligater Form vorgeschrieben ist, und wie viel
besser müßte er ihm gefallen, käme er nur dann über ihre Lippen, wenn
ihnen ihr Recht geworden, aber dann auch von Herzen?
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doch ganz gewiß — den Rechtsansprüchen vieler Einzelnen, die denen eines
ganzen Volkes gleichen, zu nahe getreten, daß nicht „die eingetretenen Ver¬
hältnisse," nein, das klarste unleugbarste Recht ein anderes Urtheil abnö-
thigen, als sie bisher mit so großen Aufwand von Worten in Aussicht ge¬
stellt? Trotz alles Sträubens dies Geständniß mit befriedigender Klarheit
abzulegen, vermochte man beim angenommenen Maßstab der Nachsicht gegen
das Bestehende denn doch nicht es ganz zu beseitigen. Oder enthält das
neue Patent nicht einen offenbaren Widerspruch, indem es bei den dem
Staatsschatz vorbehaltenen Wäldern trotz des ausgesprochenen Hoheitsrechtes
wenigstens für das Vergangene die Erwerbsarten des allgemeinen bürger«
lichen Rechtes anerkennt, oder den mit sogenannten Staatswäldern betheilig¬
ten Gemeinden untersagt, sich gegen Dritte auf das landesfürstliche HoheitS-
recht zu beziehen?

Man werfe uns nicht vor, es handle sich hier nur um Worte, nicht
um die Sache, den Wünschen der Mehrzahl, jener des Jnn- und WippthalZ
nämlich ausgenommen, werde genügt, wir seien undankbar und des Ge¬
schenkes nicht einmal würdig. Unsere Opposition ist kein Worthader, stammt
aus keiner persönlichen Abneigung, am allerwenigsten verkennen wir den Werth
des Gutes, das uus geworden, wir meinen nur, er hätte sich verdoppelt,
wenn man uns das Recht als solches, nicht als Gnade gewährte, wenn man
uns überhaupt vom minorennen Boden der Gunst auf den festen, männer-
wnrdigen des Rechtes überzutreten erlaubte, wir glauben das Band des
Vertrauens und der Liebe würde sich fester knüpfen, wenn man es nicht nur
im Grundsätze, sondern allemal, so oft sich der Fall seiner Anwendung er¬
gibt, auszusprechen wagte, daß uns dem Staat gegenüber nicht nur Pflichten,
sondern auch Rechte zustehen. Wir spähen umsonst nach der Gehabe, die zu
befürchten wäre, wenn das Bewußtsein in ein Volk gedrungen, daß es in
seiner Hingabe an ein geliebtes Herrscherhaus auch den Besitz und Schutz
seiner Rechte erblickt; wenigstens fehlt jeder Maßstab für die Anhänglichkeit
derer, die nnr Gnaden zu empfangen, und selbst das gewährte Recht als
solches zu preisen gewohnt, belehrt oder eingeschüchtert sind. Was kann un¬
serm lieben, guten, edelmüthigen Kaiser der Dank unsrer Stände gelten,
der ihnen stets in gleich obligater Form vorgeschrieben ist, und wie viel
besser müßte er ihm gefallen, käme er nur dann über ihre Lippen, wenn
ihnen ihr Recht geworden, aber dann auch von Herzen?
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[0399] doch ganz gewiß — den Rechtsansprüchen vieler Einzelnen, die denen eines ganzen Volkes gleichen, zu nahe getreten, daß nicht „die eingetretenen Ver¬ hältnisse," nein, das klarste unleugbarste Recht ein anderes Urtheil abnö- thigen, als sie bisher mit so großen Aufwand von Worten in Aussicht ge¬ stellt? Trotz alles Sträubens dies Geständniß mit befriedigender Klarheit abzulegen, vermochte man beim angenommenen Maßstab der Nachsicht gegen das Bestehende denn doch nicht es ganz zu beseitigen. Oder enthält das neue Patent nicht einen offenbaren Widerspruch, indem es bei den dem Staatsschatz vorbehaltenen Wäldern trotz des ausgesprochenen Hoheitsrechtes wenigstens für das Vergangene die Erwerbsarten des allgemeinen bürger« lichen Rechtes anerkennt, oder den mit sogenannten Staatswäldern betheilig¬ ten Gemeinden untersagt, sich gegen Dritte auf das landesfürstliche HoheitS- recht zu beziehen? Man werfe uns nicht vor, es handle sich hier nur um Worte, nicht um die Sache, den Wünschen der Mehrzahl, jener des Jnn- und WippthalZ nämlich ausgenommen, werde genügt, wir seien undankbar und des Ge¬ schenkes nicht einmal würdig. Unsere Opposition ist kein Worthader, stammt aus keiner persönlichen Abneigung, am allerwenigsten verkennen wir den Werth des Gutes, das uus geworden, wir meinen nur, er hätte sich verdoppelt, wenn man uns das Recht als solches, nicht als Gnade gewährte, wenn man uns überhaupt vom minorennen Boden der Gunst auf den festen, männer- wnrdigen des Rechtes überzutreten erlaubte, wir glauben das Band des Vertrauens und der Liebe würde sich fester knüpfen, wenn man es nicht nur im Grundsätze, sondern allemal, so oft sich der Fall seiner Anwendung er¬ gibt, auszusprechen wagte, daß uns dem Staat gegenüber nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte zustehen. Wir spähen umsonst nach der Gehabe, die zu befürchten wäre, wenn das Bewußtsein in ein Volk gedrungen, daß es in seiner Hingabe an ein geliebtes Herrscherhaus auch den Besitz und Schutz seiner Rechte erblickt; wenigstens fehlt jeder Maßstab für die Anhänglichkeit derer, die nnr Gnaden zu empfangen, und selbst das gewährte Recht als solches zu preisen gewohnt, belehrt oder eingeschüchtert sind. Was kann un¬ serm lieben, guten, edelmüthigen Kaiser der Dank unsrer Stände gelten, der ihnen stets in gleich obligater Form vorgeschrieben ist, und wie viel besser müßte er ihm gefallen, käme er nur dann über ihre Lippen, wenn ihnen ihr Recht geworden, aber dann auch von Herzen? '"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/399>, abgerufen am 22.07.2024.