Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

treter des Rechtes werden. Dann, aber auch erst dann ist es Zeit den zwei
alten Geschworenen des Rechtes, der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit die
Thür zu öffnen, denn wie sollte es kommen, daß die trockenen Sylben-
stecher, die ihr eure Anwälte nennt, sich auf das lebendige Wort verstän¬
den, das seine Lanze einlegt für das ewige Recht, so in aller Herzen ge¬
schrieben steht, wie sollten diese alten Hofschranzen der Form all' den er¬
borgten Haarschmuck von Negation und Ränken von sich werfen, der ihre
Blöße anständig deckt? Wir sind mit euch, ein öffentliches und mündliches
Verfahren soll in der Rechtspflege unser letztes Ziel sein, dies wird alle
ihre Wunden heilen, es wird die Advokaten ehrlich und uneigennützig, un¬
sere Richter Partei- und furchtlos, unser Volk verständig und wachsam, ehr¬
liebend und wahrhaft, dem Vaterland und Fürsten treu und ergeben machen,
aber dazu bedarf es mehr als halber Maßregeln, Anderes als die Aufhe¬
bung des Zunftzwangs, es bedarf einer Reform von Grund aus.


3. Die Forstfrage.

Eine der wichtigsten Fragen für Tirol, die Waldfrage, ist nun durch
allerhöchste Entschließung vom K. Februar d. I. gelöst. Unsere Kamera¬
listen behaupteten nämlich, dem Landesherrn gehörten alle Forsten vermöge
alter Waldordnungen, die ihm ein ausschließendes Recht darauf vorbehiel¬
ten; nur jene wären davon ausgenommen, deren Eigenthümer landesfürst¬
liche Verleihungen vorzuweisen hätten. Die Hüter und Anwälte des Staats¬
schatzes verwarfen somit jeden andern Erwerbstitel namentlich ans Besitz und
Erhitzung, da wesentliche Hoheitsrechte von Unterthanen nie erworben wer¬
den könnten; unser allgemeines bürgerliches Gesetz gab ihnen hierin keine
Norm, vielmehr zogen sie, weil die Justiz- und Verwaltungsbehörden an¬
derer Ansicht waren, alle Waldstreite im ganzen Lande vor ein eigenes, aus
Kammerbeamten zusammengesetztes, ausnahmsweises Tribunal, das Berg¬
gericht in Hall. Die mit der Verwaltung des Landes betrauten Stellen,
denen man ein Herz für den Unterthan billigerweise nicht absprechen kann,
stellten vereint mit unsern Landständen dem Thron das Rechtswidrige und
Gefährliche von Grundsätzen vor, die folgerecht ausgeführt den Staatsschatz
zwar um drei Millionen Morgen Wald bereichern, den gerechten Grundsatz
unseres bürgerlichen Gesetzbuchs aber, daß seine Vorschriften über Erwer¬
bung des Eigenthums auch dem Staate gegenüber Geltung haben, im Wi¬
derspruch mit seinen Anordnungen über die Rechte des Staatsoberhauptes
auf Waldungen geradezu aufhoben. Se. Majestät erklärte um, daß zwar


treter des Rechtes werden. Dann, aber auch erst dann ist es Zeit den zwei
alten Geschworenen des Rechtes, der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit die
Thür zu öffnen, denn wie sollte es kommen, daß die trockenen Sylben-
stecher, die ihr eure Anwälte nennt, sich auf das lebendige Wort verstän¬
den, das seine Lanze einlegt für das ewige Recht, so in aller Herzen ge¬
schrieben steht, wie sollten diese alten Hofschranzen der Form all' den er¬
borgten Haarschmuck von Negation und Ränken von sich werfen, der ihre
Blöße anständig deckt? Wir sind mit euch, ein öffentliches und mündliches
Verfahren soll in der Rechtspflege unser letztes Ziel sein, dies wird alle
ihre Wunden heilen, es wird die Advokaten ehrlich und uneigennützig, un¬
sere Richter Partei- und furchtlos, unser Volk verständig und wachsam, ehr¬
liebend und wahrhaft, dem Vaterland und Fürsten treu und ergeben machen,
aber dazu bedarf es mehr als halber Maßregeln, Anderes als die Aufhe¬
bung des Zunftzwangs, es bedarf einer Reform von Grund aus.


3. Die Forstfrage.

Eine der wichtigsten Fragen für Tirol, die Waldfrage, ist nun durch
allerhöchste Entschließung vom K. Februar d. I. gelöst. Unsere Kamera¬
listen behaupteten nämlich, dem Landesherrn gehörten alle Forsten vermöge
alter Waldordnungen, die ihm ein ausschließendes Recht darauf vorbehiel¬
ten; nur jene wären davon ausgenommen, deren Eigenthümer landesfürst¬
liche Verleihungen vorzuweisen hätten. Die Hüter und Anwälte des Staats¬
schatzes verwarfen somit jeden andern Erwerbstitel namentlich ans Besitz und
Erhitzung, da wesentliche Hoheitsrechte von Unterthanen nie erworben wer¬
den könnten; unser allgemeines bürgerliches Gesetz gab ihnen hierin keine
Norm, vielmehr zogen sie, weil die Justiz- und Verwaltungsbehörden an¬
derer Ansicht waren, alle Waldstreite im ganzen Lande vor ein eigenes, aus
Kammerbeamten zusammengesetztes, ausnahmsweises Tribunal, das Berg¬
gericht in Hall. Die mit der Verwaltung des Landes betrauten Stellen,
denen man ein Herz für den Unterthan billigerweise nicht absprechen kann,
stellten vereint mit unsern Landständen dem Thron das Rechtswidrige und
Gefährliche von Grundsätzen vor, die folgerecht ausgeführt den Staatsschatz
zwar um drei Millionen Morgen Wald bereichern, den gerechten Grundsatz
unseres bürgerlichen Gesetzbuchs aber, daß seine Vorschriften über Erwer¬
bung des Eigenthums auch dem Staate gegenüber Geltung haben, im Wi¬
derspruch mit seinen Anordnungen über die Rechte des Staatsoberhauptes
auf Waldungen geradezu aufhoben. Se. Majestät erklärte um, daß zwar


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0396" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272295"/>
            <p xml:id="ID_1332" prev="#ID_1331"> treter des Rechtes werden. Dann, aber auch erst dann ist es Zeit den zwei<lb/>
alten Geschworenen des Rechtes, der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit die<lb/>
Thür zu öffnen, denn wie sollte es kommen, daß die trockenen Sylben-<lb/>
stecher, die ihr eure Anwälte nennt, sich auf das lebendige Wort verstän¬<lb/>
den, das seine Lanze einlegt für das ewige Recht, so in aller Herzen ge¬<lb/>
schrieben steht, wie sollten diese alten Hofschranzen der Form all' den er¬<lb/>
borgten Haarschmuck von Negation und Ränken von sich werfen, der ihre<lb/>
Blöße anständig deckt? Wir sind mit euch, ein öffentliches und mündliches<lb/>
Verfahren soll in der Rechtspflege unser letztes Ziel sein, dies wird alle<lb/>
ihre Wunden heilen, es wird die Advokaten ehrlich und uneigennützig, un¬<lb/>
sere Richter Partei- und furchtlos, unser Volk verständig und wachsam, ehr¬<lb/>
liebend und wahrhaft, dem Vaterland und Fürsten treu und ergeben machen,<lb/>
aber dazu bedarf es mehr als halber Maßregeln, Anderes als die Aufhe¬<lb/>
bung des Zunftzwangs, es bedarf einer Reform von Grund aus.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 3. Die Forstfrage.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1333" next="#ID_1334"> Eine der wichtigsten Fragen für Tirol, die Waldfrage, ist nun durch<lb/>
allerhöchste Entschließung vom K. Februar d. I. gelöst. Unsere Kamera¬<lb/>
listen behaupteten nämlich, dem Landesherrn gehörten alle Forsten vermöge<lb/>
alter Waldordnungen, die ihm ein ausschließendes Recht darauf vorbehiel¬<lb/>
ten; nur jene wären davon ausgenommen, deren Eigenthümer landesfürst¬<lb/>
liche Verleihungen vorzuweisen hätten. Die Hüter und Anwälte des Staats¬<lb/>
schatzes verwarfen somit jeden andern Erwerbstitel namentlich ans Besitz und<lb/>
Erhitzung, da wesentliche Hoheitsrechte von Unterthanen nie erworben wer¬<lb/>
den könnten; unser allgemeines bürgerliches Gesetz gab ihnen hierin keine<lb/>
Norm, vielmehr zogen sie, weil die Justiz- und Verwaltungsbehörden an¬<lb/>
derer Ansicht waren, alle Waldstreite im ganzen Lande vor ein eigenes, aus<lb/>
Kammerbeamten zusammengesetztes, ausnahmsweises Tribunal, das Berg¬<lb/>
gericht in Hall. Die mit der Verwaltung des Landes betrauten Stellen,<lb/>
denen man ein Herz für den Unterthan billigerweise nicht absprechen kann,<lb/>
stellten vereint mit unsern Landständen dem Thron das Rechtswidrige und<lb/>
Gefährliche von Grundsätzen vor, die folgerecht ausgeführt den Staatsschatz<lb/>
zwar um drei Millionen Morgen Wald bereichern, den gerechten Grundsatz<lb/>
unseres bürgerlichen Gesetzbuchs aber, daß seine Vorschriften über Erwer¬<lb/>
bung des Eigenthums auch dem Staate gegenüber Geltung haben, im Wi¬<lb/>
derspruch mit seinen Anordnungen über die Rechte des Staatsoberhauptes<lb/>
auf Waldungen geradezu aufhoben. Se. Majestät erklärte um, daß zwar</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0396] treter des Rechtes werden. Dann, aber auch erst dann ist es Zeit den zwei alten Geschworenen des Rechtes, der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit die Thür zu öffnen, denn wie sollte es kommen, daß die trockenen Sylben- stecher, die ihr eure Anwälte nennt, sich auf das lebendige Wort verstän¬ den, das seine Lanze einlegt für das ewige Recht, so in aller Herzen ge¬ schrieben steht, wie sollten diese alten Hofschranzen der Form all' den er¬ borgten Haarschmuck von Negation und Ränken von sich werfen, der ihre Blöße anständig deckt? Wir sind mit euch, ein öffentliches und mündliches Verfahren soll in der Rechtspflege unser letztes Ziel sein, dies wird alle ihre Wunden heilen, es wird die Advokaten ehrlich und uneigennützig, un¬ sere Richter Partei- und furchtlos, unser Volk verständig und wachsam, ehr¬ liebend und wahrhaft, dem Vaterland und Fürsten treu und ergeben machen, aber dazu bedarf es mehr als halber Maßregeln, Anderes als die Aufhe¬ bung des Zunftzwangs, es bedarf einer Reform von Grund aus. 3. Die Forstfrage. Eine der wichtigsten Fragen für Tirol, die Waldfrage, ist nun durch allerhöchste Entschließung vom K. Februar d. I. gelöst. Unsere Kamera¬ listen behaupteten nämlich, dem Landesherrn gehörten alle Forsten vermöge alter Waldordnungen, die ihm ein ausschließendes Recht darauf vorbehiel¬ ten; nur jene wären davon ausgenommen, deren Eigenthümer landesfürst¬ liche Verleihungen vorzuweisen hätten. Die Hüter und Anwälte des Staats¬ schatzes verwarfen somit jeden andern Erwerbstitel namentlich ans Besitz und Erhitzung, da wesentliche Hoheitsrechte von Unterthanen nie erworben wer¬ den könnten; unser allgemeines bürgerliches Gesetz gab ihnen hierin keine Norm, vielmehr zogen sie, weil die Justiz- und Verwaltungsbehörden an¬ derer Ansicht waren, alle Waldstreite im ganzen Lande vor ein eigenes, aus Kammerbeamten zusammengesetztes, ausnahmsweises Tribunal, das Berg¬ gericht in Hall. Die mit der Verwaltung des Landes betrauten Stellen, denen man ein Herz für den Unterthan billigerweise nicht absprechen kann, stellten vereint mit unsern Landständen dem Thron das Rechtswidrige und Gefährliche von Grundsätzen vor, die folgerecht ausgeführt den Staatsschatz zwar um drei Millionen Morgen Wald bereichern, den gerechten Grundsatz unseres bürgerlichen Gesetzbuchs aber, daß seine Vorschriften über Erwer¬ bung des Eigenthums auch dem Staate gegenüber Geltung haben, im Wi¬ derspruch mit seinen Anordnungen über die Rechte des Staatsoberhauptes auf Waldungen geradezu aufhoben. Se. Majestät erklärte um, daß zwar

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/396
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/396>, abgerufen am 22.07.2024.