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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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die, weil sie sich llnbefriedigt fühlt, nach Diese", und Jenem preist, um
es sogleich wieder wegzuwerfen. Viele Personen treten nur ans, um el"
Paar Worte zu sprechen und dann sofort zu sterbe". In diese": Wust blü¬
henden Unsinns ist es kaum der Mühe werth, die Paar Goldkörner auszu¬
suchen.

Von der schönen Jsabelle kann man dagegen sagen, hier ist auch Wahn¬
sinn, aber es ist Methode darin. Wer kennt nicht den geistvollen Auszug,
den Heine von diesem sonderbaren Phantasiestück gibt? Im Allgemeinen ist
aber Heine's Darstellung falsch; trotz all' der Hexen, Alrcinnchen, Gespenster
und Vampyre, die in dieser nächtlichen Schattenwelt in Mitte der histori
schen Gemälde sich umhertreiben, empfindet auch der somiiambulfte Geist keime
Spur von Schauer; eben weil das Unheimliche mit einem Pragmatismus
ausgemalt ist, der einem Kochbuch Ehre machen würde. Die schone Jsabelle
ist ein naives Kind, die in ihrer Unschuld deu jungen Erzherzog Karl bittet,
sie doch mit eine"! Kinde zu beschenken; welches Kesnch dann auch erfüllt
wird. Sie führt nachher ihr Volk, die Zigeuner uach Aegypten zurück, und
wird feierlich als Herzogin anerkannt. Sie stirbt in demselben Jahre mit ih¬
rem alten Liebhaber, Kaiser Karl V., nachdem sie vorher ein Todtengericht
über sich hat halten lassen. -- Die beide" Hauptfiguren sind ein Sllräuncheu,
das die Jungfrau in einer Hexeuuacht unter dem Galgen aufgezogen, wo es
als Wurzel stand; sie hat thu: zwei Paar Wachholdcrbeere" als A"ge" ein-
gesetzt, eines nach vor", el"es auf den Rücken; der kleine Mann ist boshaft
und eitel; er ne"ut sich Cornelius Nepos, und will Mdmarschall, wenigstens
Corporal werden; der schlaue Chievres, Karl's Erzieher, macht ihn zum
Finanzminister, weil er verborgene Schätze zu entdecke" weiß, >ab läßt ihm
Jsabelle zur linken Hand autraueu, die sonst als legitime Maitresse de>?
Kaisers gelten soll. Der arme Cornelius uiinuit aber ein böses Ende; statt
der wirklichen Jsabelle wird ihn? ein Goten in die Hände gespielt, eine
Lehmfigur, die durch Hexerei Leben und Verstand erhält, und als diese durch
neue Hexerei wieder in Staub verwandelt ist, verfällt das Männchen in Ver¬
zweiflung, und läßt sich vom Teufel zerreißen. Es hilft ihm nnn nichts,
daß Wilhelm vo" Orainen ihm schriftliche Bescheinigung ausgestellt hat, er
sei kein Gespenst, er sei vielmehr im Kriege sehr gut zu gebrauchen, da mau
ihn den Soldaten in die Tasche stecken könne, vou wo aus er deu Feind
gefährlich überraschen würde..........Die zweite Hauptfigur ist ein .....- wie soll ich
sagen -- Gespenst; ein todter Landsknecht, der an seine"! Schatze hängt, und
als dieser geraubt wird, sich als Bedienter verdingt, um ihn allmälig wie¬
der zu verdienen; dieser Cadaver frißt übrigens mit so ungeheuren Appc-


die, weil sie sich llnbefriedigt fühlt, nach Diese», und Jenem preist, um
es sogleich wieder wegzuwerfen. Viele Personen treten nur ans, um el»
Paar Worte zu sprechen und dann sofort zu sterbe». In diese»: Wust blü¬
henden Unsinns ist es kaum der Mühe werth, die Paar Goldkörner auszu¬
suchen.

Von der schönen Jsabelle kann man dagegen sagen, hier ist auch Wahn¬
sinn, aber es ist Methode darin. Wer kennt nicht den geistvollen Auszug,
den Heine von diesem sonderbaren Phantasiestück gibt? Im Allgemeinen ist
aber Heine's Darstellung falsch; trotz all' der Hexen, Alrcinnchen, Gespenster
und Vampyre, die in dieser nächtlichen Schattenwelt in Mitte der histori
schen Gemälde sich umhertreiben, empfindet auch der somiiambulfte Geist keime
Spur von Schauer; eben weil das Unheimliche mit einem Pragmatismus
ausgemalt ist, der einem Kochbuch Ehre machen würde. Die schone Jsabelle
ist ein naives Kind, die in ihrer Unschuld deu jungen Erzherzog Karl bittet,
sie doch mit eine»! Kinde zu beschenken; welches Kesnch dann auch erfüllt
wird. Sie führt nachher ihr Volk, die Zigeuner uach Aegypten zurück, und
wird feierlich als Herzogin anerkannt. Sie stirbt in demselben Jahre mit ih¬
rem alten Liebhaber, Kaiser Karl V., nachdem sie vorher ein Todtengericht
über sich hat halten lassen. — Die beide» Hauptfiguren sind ein Sllräuncheu,
das die Jungfrau in einer Hexeuuacht unter dem Galgen aufgezogen, wo es
als Wurzel stand; sie hat thu: zwei Paar Wachholdcrbeere» als A»ge» ein-
gesetzt, eines nach vor», el»es auf den Rücken; der kleine Mann ist boshaft
und eitel; er ne»ut sich Cornelius Nepos, und will Mdmarschall, wenigstens
Corporal werden; der schlaue Chievres, Karl's Erzieher, macht ihn zum
Finanzminister, weil er verborgene Schätze zu entdecke» weiß, >ab läßt ihm
Jsabelle zur linken Hand autraueu, die sonst als legitime Maitresse de>?
Kaisers gelten soll. Der arme Cornelius uiinuit aber ein böses Ende; statt
der wirklichen Jsabelle wird ihn? ein Goten in die Hände gespielt, eine
Lehmfigur, die durch Hexerei Leben und Verstand erhält, und als diese durch
neue Hexerei wieder in Staub verwandelt ist, verfällt das Männchen in Ver¬
zweiflung, und läßt sich vom Teufel zerreißen. Es hilft ihm nnn nichts,
daß Wilhelm vo» Orainen ihm schriftliche Bescheinigung ausgestellt hat, er
sei kein Gespenst, er sei vielmehr im Kriege sehr gut zu gebrauchen, da mau
ihn den Soldaten in die Tasche stecken könne, vou wo aus er deu Feind
gefährlich überraschen würde..........Die zweite Hauptfigur ist ein .....- wie soll ich
sagen — Gespenst; ein todter Landsknecht, der an seine»! Schatze hängt, und
als dieser geraubt wird, sich als Bedienter verdingt, um ihn allmälig wie¬
der zu verdienen; dieser Cadaver frißt übrigens mit so ungeheuren Appc-


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[0344] die, weil sie sich llnbefriedigt fühlt, nach Diese», und Jenem preist, um es sogleich wieder wegzuwerfen. Viele Personen treten nur ans, um el» Paar Worte zu sprechen und dann sofort zu sterbe». In diese»: Wust blü¬ henden Unsinns ist es kaum der Mühe werth, die Paar Goldkörner auszu¬ suchen. Von der schönen Jsabelle kann man dagegen sagen, hier ist auch Wahn¬ sinn, aber es ist Methode darin. Wer kennt nicht den geistvollen Auszug, den Heine von diesem sonderbaren Phantasiestück gibt? Im Allgemeinen ist aber Heine's Darstellung falsch; trotz all' der Hexen, Alrcinnchen, Gespenster und Vampyre, die in dieser nächtlichen Schattenwelt in Mitte der histori schen Gemälde sich umhertreiben, empfindet auch der somiiambulfte Geist keime Spur von Schauer; eben weil das Unheimliche mit einem Pragmatismus ausgemalt ist, der einem Kochbuch Ehre machen würde. Die schone Jsabelle ist ein naives Kind, die in ihrer Unschuld deu jungen Erzherzog Karl bittet, sie doch mit eine»! Kinde zu beschenken; welches Kesnch dann auch erfüllt wird. Sie führt nachher ihr Volk, die Zigeuner uach Aegypten zurück, und wird feierlich als Herzogin anerkannt. Sie stirbt in demselben Jahre mit ih¬ rem alten Liebhaber, Kaiser Karl V., nachdem sie vorher ein Todtengericht über sich hat halten lassen. — Die beide» Hauptfiguren sind ein Sllräuncheu, das die Jungfrau in einer Hexeuuacht unter dem Galgen aufgezogen, wo es als Wurzel stand; sie hat thu: zwei Paar Wachholdcrbeere» als A»ge» ein- gesetzt, eines nach vor», el»es auf den Rücken; der kleine Mann ist boshaft und eitel; er ne»ut sich Cornelius Nepos, und will Mdmarschall, wenigstens Corporal werden; der schlaue Chievres, Karl's Erzieher, macht ihn zum Finanzminister, weil er verborgene Schätze zu entdecke» weiß, >ab läßt ihm Jsabelle zur linken Hand autraueu, die sonst als legitime Maitresse de>? Kaisers gelten soll. Der arme Cornelius uiinuit aber ein böses Ende; statt der wirklichen Jsabelle wird ihn? ein Goten in die Hände gespielt, eine Lehmfigur, die durch Hexerei Leben und Verstand erhält, und als diese durch neue Hexerei wieder in Staub verwandelt ist, verfällt das Männchen in Ver¬ zweiflung, und läßt sich vom Teufel zerreißen. Es hilft ihm nnn nichts, daß Wilhelm vo» Orainen ihm schriftliche Bescheinigung ausgestellt hat, er sei kein Gespenst, er sei vielmehr im Kriege sehr gut zu gebrauchen, da mau ihn den Soldaten in die Tasche stecken könne, vou wo aus er deu Feind gefährlich überraschen würde..........Die zweite Hauptfigur ist ein .....- wie soll ich sagen — Gespenst; ein todter Landsknecht, der an seine»! Schatze hängt, und als dieser geraubt wird, sich als Bedienter verdingt, um ihn allmälig wie¬ der zu verdienen; dieser Cadaver frißt übrigens mit so ungeheuren Appc-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/344>, abgerufen am 22.07.2024.