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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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erwartenden Postcongreß. Daß Manches sich anders gestalten wird, wollen
wir gern zugeben, da wir ja nicht eine Instruction für den Evngreß, sondern
nnr eine Belehrung und Anregung für das allgemeine Publikum, das bis-
her sich theilweise aus Unkenntniß noch wenig für diese Sache interessirte,
schreiben wollten. Entschieden bestreiten aber müssen wir, in unseren Wün¬
schen zu weit gegangen zu sein und Zustände verlangt zu haben, deren
Realisirung ganz unmöglich ist. Wie man vernimmt, ist der erste Antrag
auf einen Postcongreß von dem österreichischen Finanzministerium ausgegan¬
gen. Mit seiner Portotaxe ist übrigens Oesterreich allen übrigen deutschen
Staaten mit rühmlichem Beispiele vorangegangen, und kein anderes Land
des Continentes hat jetzt eine so billige, einfache und alle vorläufigen Wün¬
sche zufriedenstellende Brieftaxe wie dieses. Wie weicht dagegen die von
Preußen, trotz ihrer vor ewiger Zeit etwas geschehenen Moderation, noch
immer die theuerste in ganz Europa, davon ab").

Ein vou uus auch nicht gering angeschlagener Vortheil, den ein sol¬
cher allgemeiner PostVerein uns noch außer seinen vielen anderen brächte,
ist, daß wiederum ein neues und gewiß nicht unbedeutendes Band um die
Einigkeit Deutschland's dadurch geschlungen würde, wie ja schon so manche
Schranken, die Deutschland's Bruderstämme von einander trennten in un¬
,
I. v. w. serer Zeit gefallen sind.



D. R.


*) Dieser Zustand hat wohl am längsten gedauert. Wir verweisen in dieser Bezie¬
hung auf eine Korrespondenz aus Dresden, welche "die Grenzboten" in No. K l. I.
enthielten und die uns aus guter Quelle kam. Es heißt daselbst: "In dem letzte"
Lebensjahre des Herrn v. Nagler ward eine Reform des preussischen Posttarifs vorbe¬
reitet, zu welcher sich der alte Gcneralpostmeister aus das Drängen Oesterreichs, das in
der Postreform die Initiative ergriffen hat, endlich entschloß -- als der Tod ihn überraschte.
Unser Finanzminister, Herr von Zeschau, wandte sich hierauf nach Berlin mit der An¬
frage: ob es nicht zweckmäßiger wäre, bei dem nun eintretenden Reformen einen allge¬
meinen Standpunkt zu nehmen. Herr v. Schayer ging auf diese Idee sogleich ein; die
beabsichtigten preußischen Tarifsänderungcn blieben ausgesetzt und ein Plan zu einem
allgemeinen deutschen Posttarif ward entworfen. Ein höherer preußischer Beamte be¬
findet sich zu diesem Zwecke eben auf einer Rundreise durch Deutschland, und da man
allgemein die Dringlichkeit der Sache einsieht und da Oesterreich und Preußen hierin
einig sind, so zweifelt man nicht, daß bald ein günstiges Resultat zu Stande kömmt." --
Nun ist den neueste" Nachrichten zu Folge der Postcongreß in Dresden definitiv beschlossen
"ut soll noch in diesem Sommer stattfinden.

erwartenden Postcongreß. Daß Manches sich anders gestalten wird, wollen
wir gern zugeben, da wir ja nicht eine Instruction für den Evngreß, sondern
nnr eine Belehrung und Anregung für das allgemeine Publikum, das bis-
her sich theilweise aus Unkenntniß noch wenig für diese Sache interessirte,
schreiben wollten. Entschieden bestreiten aber müssen wir, in unseren Wün¬
schen zu weit gegangen zu sein und Zustände verlangt zu haben, deren
Realisirung ganz unmöglich ist. Wie man vernimmt, ist der erste Antrag
auf einen Postcongreß von dem österreichischen Finanzministerium ausgegan¬
gen. Mit seiner Portotaxe ist übrigens Oesterreich allen übrigen deutschen
Staaten mit rühmlichem Beispiele vorangegangen, und kein anderes Land
des Continentes hat jetzt eine so billige, einfache und alle vorläufigen Wün¬
sche zufriedenstellende Brieftaxe wie dieses. Wie weicht dagegen die von
Preußen, trotz ihrer vor ewiger Zeit etwas geschehenen Moderation, noch
immer die theuerste in ganz Europa, davon ab").

Ein vou uus auch nicht gering angeschlagener Vortheil, den ein sol¬
cher allgemeiner PostVerein uns noch außer seinen vielen anderen brächte,
ist, daß wiederum ein neues und gewiß nicht unbedeutendes Band um die
Einigkeit Deutschland's dadurch geschlungen würde, wie ja schon so manche
Schranken, die Deutschland's Bruderstämme von einander trennten in un¬
,
I. v. w. serer Zeit gefallen sind.



D. R.


*) Dieser Zustand hat wohl am längsten gedauert. Wir verweisen in dieser Bezie¬
hung auf eine Korrespondenz aus Dresden, welche „die Grenzboten" in No. K l. I.
enthielten und die uns aus guter Quelle kam. Es heißt daselbst: „In dem letzte»
Lebensjahre des Herrn v. Nagler ward eine Reform des preussischen Posttarifs vorbe¬
reitet, zu welcher sich der alte Gcneralpostmeister aus das Drängen Oesterreichs, das in
der Postreform die Initiative ergriffen hat, endlich entschloß — als der Tod ihn überraschte.
Unser Finanzminister, Herr von Zeschau, wandte sich hierauf nach Berlin mit der An¬
frage: ob es nicht zweckmäßiger wäre, bei dem nun eintretenden Reformen einen allge¬
meinen Standpunkt zu nehmen. Herr v. Schayer ging auf diese Idee sogleich ein; die
beabsichtigten preußischen Tarifsänderungcn blieben ausgesetzt und ein Plan zu einem
allgemeinen deutschen Posttarif ward entworfen. Ein höherer preußischer Beamte be¬
findet sich zu diesem Zwecke eben auf einer Rundreise durch Deutschland, und da man
allgemein die Dringlichkeit der Sache einsieht und da Oesterreich und Preußen hierin
einig sind, so zweifelt man nicht, daß bald ein günstiges Resultat zu Stande kömmt." —
Nun ist den neueste» Nachrichten zu Folge der Postcongreß in Dresden definitiv beschlossen
«ut soll noch in diesem Sommer stattfinden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/316>, abgerufen am 22.07.2024.