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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Erzherzog über die Donau zurück, und öffnen der französischen Armee den
Weg uach Wien. Wien capitulirt deu Mai, >8 Tage nach dem Siege
bei Eckmühl. Der Erzherzog setzte sich den U). Mai bei Ebersdorf fest. Auf
die Nachricht, daß Napoleon auf der Insel Lobau seine Streitkräfte sammele,
und sich bemühe, eine Brücke über den großen Arm der Donau zu schlage",
versuchte er nicht, sich dem Ilebergaug zu widersetzen, in der Hoffnung, in
Einer Schlacht die feindliche Armee zu vernichten, indem er dnrch Brander
hinter ihrem Rücken die Brücke zu zerstören gedachte. In diesem Gedanken
begnügte sich der Erzherzog damit, seiue Armee auf dem linken User des
Flusses in Schlachtordnung aufzustellen, zwischeu Aspern und Euzensdorf. Diese
Armee, in zwei Linien geformt, und in fünf Colonnen getheilt, war im Gan¬
zen 75,0W Mann stark, mit 288 Feldstücken. ,

Die französische Armee defilirte über die Brücke den 20. und 21, Mai;
sie entwickelte sich in der Ebene, als am Abend desselben Tages der Erzher¬
zog das Signal zum Angriff gab; eine furchtbare Batterie verkündet den
Tod in den französischen Reihen; das Dorf Aspern wird mehrmals gewon¬
nen und wieder verloren; zuletzt behaupten Franzosen und Oesterreicher feder
die Hälfte. Die Nacht macht diesem ersten Treffen ein Ende; die Soldaten
schlafen ans dem Schlachtfelde.

Die ganze Nacht wurde vou Napoleon angewendet, den Rest seiner Trup¬
pen überzusetzen; den 22. Mai um 4 Uhr Morgens, fängt der Kampf mit einer
unglaubliche" Erbitterung wieder an. Den ganzen Tag hindurch, in einem
schreckliche" Kartätschenhagel, vereinige" sich diese !7>N,Ul>0 Mann gegenseitig
um das Dorf Aspern, das vierzehn Mal genommen und wieder verloren
wird. Kaum hatten die französischen Eürassiere die Linien der österreichischen
Infanterie durchbrochen, als sie durch die Kavallerie des Erzherzogs wieder
zurückgetrieben wurden. So oft Massena in Aspern eindrang, sprang der
Erzherzog vom Pferde, ergriff eine Fahne, und führte seine Truppen auf's
Neue in deu Kampf. Plötzlich fehlt der französischen Armee die Munition,
und gleich darauf erfährt Napoleon, daß die eine seiner Brücken ganz, die
andere zur Hälfte von Brandern zerstört sei. Die Lage wurde kritisch; man
mußte auf den Rückzug denken; er geschah in guter Ordnung in der Nacht
vom 22. auf den 2ü. Mai. Die ganze Armee ging auf einer kleinen Schiff¬
brücke über den Douauarm und fand sich des Morgens in der Insel Lobau
wieder vereinigt, und der Erzherzog blieb Meister des Schlachtfeldes.

Man bat es ihm lebhaft vorgeworfen, seinen Sieg nicht besser benutzt
zu habe". Deu Tag nach der Schlacht bei Aspern konnte er, wenn er seine
Artillerie an das Ufer der Donau aufstellte, die ihn von der Jusel Lobau


Erzherzog über die Donau zurück, und öffnen der französischen Armee den
Weg uach Wien. Wien capitulirt deu Mai, >8 Tage nach dem Siege
bei Eckmühl. Der Erzherzog setzte sich den U). Mai bei Ebersdorf fest. Auf
die Nachricht, daß Napoleon auf der Insel Lobau seine Streitkräfte sammele,
und sich bemühe, eine Brücke über den großen Arm der Donau zu schlage»,
versuchte er nicht, sich dem Ilebergaug zu widersetzen, in der Hoffnung, in
Einer Schlacht die feindliche Armee zu vernichten, indem er dnrch Brander
hinter ihrem Rücken die Brücke zu zerstören gedachte. In diesem Gedanken
begnügte sich der Erzherzog damit, seiue Armee auf dem linken User des
Flusses in Schlachtordnung aufzustellen, zwischeu Aspern und Euzensdorf. Diese
Armee, in zwei Linien geformt, und in fünf Colonnen getheilt, war im Gan¬
zen 75,0W Mann stark, mit 288 Feldstücken. ,

Die französische Armee defilirte über die Brücke den 20. und 21, Mai;
sie entwickelte sich in der Ebene, als am Abend desselben Tages der Erzher¬
zog das Signal zum Angriff gab; eine furchtbare Batterie verkündet den
Tod in den französischen Reihen; das Dorf Aspern wird mehrmals gewon¬
nen und wieder verloren; zuletzt behaupten Franzosen und Oesterreicher feder
die Hälfte. Die Nacht macht diesem ersten Treffen ein Ende; die Soldaten
schlafen ans dem Schlachtfelde.

Die ganze Nacht wurde vou Napoleon angewendet, den Rest seiner Trup¬
pen überzusetzen; den 22. Mai um 4 Uhr Morgens, fängt der Kampf mit einer
unglaubliche» Erbitterung wieder an. Den ganzen Tag hindurch, in einem
schreckliche» Kartätschenhagel, vereinige» sich diese !7>N,Ul>0 Mann gegenseitig
um das Dorf Aspern, das vierzehn Mal genommen und wieder verloren
wird. Kaum hatten die französischen Eürassiere die Linien der österreichischen
Infanterie durchbrochen, als sie durch die Kavallerie des Erzherzogs wieder
zurückgetrieben wurden. So oft Massena in Aspern eindrang, sprang der
Erzherzog vom Pferde, ergriff eine Fahne, und führte seine Truppen auf's
Neue in deu Kampf. Plötzlich fehlt der französischen Armee die Munition,
und gleich darauf erfährt Napoleon, daß die eine seiner Brücken ganz, die
andere zur Hälfte von Brandern zerstört sei. Die Lage wurde kritisch; man
mußte auf den Rückzug denken; er geschah in guter Ordnung in der Nacht
vom 22. auf den 2ü. Mai. Die ganze Armee ging auf einer kleinen Schiff¬
brücke über den Douauarm und fand sich des Morgens in der Insel Lobau
wieder vereinigt, und der Erzherzog blieb Meister des Schlachtfeldes.

Man bat es ihm lebhaft vorgeworfen, seinen Sieg nicht besser benutzt
zu habe». Deu Tag nach der Schlacht bei Aspern konnte er, wenn er seine
Artillerie an das Ufer der Donau aufstellte, die ihn von der Jusel Lobau


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[0260] Erzherzog über die Donau zurück, und öffnen der französischen Armee den Weg uach Wien. Wien capitulirt deu Mai, >8 Tage nach dem Siege bei Eckmühl. Der Erzherzog setzte sich den U). Mai bei Ebersdorf fest. Auf die Nachricht, daß Napoleon auf der Insel Lobau seine Streitkräfte sammele, und sich bemühe, eine Brücke über den großen Arm der Donau zu schlage», versuchte er nicht, sich dem Ilebergaug zu widersetzen, in der Hoffnung, in Einer Schlacht die feindliche Armee zu vernichten, indem er dnrch Brander hinter ihrem Rücken die Brücke zu zerstören gedachte. In diesem Gedanken begnügte sich der Erzherzog damit, seiue Armee auf dem linken User des Flusses in Schlachtordnung aufzustellen, zwischeu Aspern und Euzensdorf. Diese Armee, in zwei Linien geformt, und in fünf Colonnen getheilt, war im Gan¬ zen 75,0W Mann stark, mit 288 Feldstücken. , Die französische Armee defilirte über die Brücke den 20. und 21, Mai; sie entwickelte sich in der Ebene, als am Abend desselben Tages der Erzher¬ zog das Signal zum Angriff gab; eine furchtbare Batterie verkündet den Tod in den französischen Reihen; das Dorf Aspern wird mehrmals gewon¬ nen und wieder verloren; zuletzt behaupten Franzosen und Oesterreicher feder die Hälfte. Die Nacht macht diesem ersten Treffen ein Ende; die Soldaten schlafen ans dem Schlachtfelde. Die ganze Nacht wurde vou Napoleon angewendet, den Rest seiner Trup¬ pen überzusetzen; den 22. Mai um 4 Uhr Morgens, fängt der Kampf mit einer unglaubliche» Erbitterung wieder an. Den ganzen Tag hindurch, in einem schreckliche» Kartätschenhagel, vereinige» sich diese !7>N,Ul>0 Mann gegenseitig um das Dorf Aspern, das vierzehn Mal genommen und wieder verloren wird. Kaum hatten die französischen Eürassiere die Linien der österreichischen Infanterie durchbrochen, als sie durch die Kavallerie des Erzherzogs wieder zurückgetrieben wurden. So oft Massena in Aspern eindrang, sprang der Erzherzog vom Pferde, ergriff eine Fahne, und führte seine Truppen auf's Neue in deu Kampf. Plötzlich fehlt der französischen Armee die Munition, und gleich darauf erfährt Napoleon, daß die eine seiner Brücken ganz, die andere zur Hälfte von Brandern zerstört sei. Die Lage wurde kritisch; man mußte auf den Rückzug denken; er geschah in guter Ordnung in der Nacht vom 22. auf den 2ü. Mai. Die ganze Armee ging auf einer kleinen Schiff¬ brücke über den Douauarm und fand sich des Morgens in der Insel Lobau wieder vereinigt, und der Erzherzog blieb Meister des Schlachtfeldes. Man bat es ihm lebhaft vorgeworfen, seinen Sieg nicht besser benutzt zu habe». Deu Tag nach der Schlacht bei Aspern konnte er, wenn er seine Artillerie an das Ufer der Donau aufstellte, die ihn von der Jusel Lobau

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/260>, abgerufen am 22.07.2024.